Im letzten Quartalsbericht an die US-Börsenaufsicht wird Slack-Chef Stewart Butterfield ungewöhnlich deutlich: Es sei damit zu rechnen, dass Microsoft „Vergeltungs- oder andere feindliche Maßnahmen“ gegen Slack ergreife. Die könnten durch „das Unternehmen, dessen Angestellte oder Beauftragte“ geschehen und würden dann wohl eine „Antwort auf die bei der EU-Kommission erhobene Wettbewerbsbeschwerde“ sein. Das berichtet Geekwire.
Slack rechnet offenbar mit unfairen Methoden
Das Bemerkenswerte an dieser deutlichen Form der Warnung ist, dass sie sich nicht auf bloße unternehmerische Reaktionen einer im Wettbewerb agierenden Firma beschränkt. Bei Slack wird offenbar davon ausgegangen, dass Microsoft geradezu jedes Mittel Recht sein könnte, dem Gegner zu schaden. Welcher Art die befürchteten Vergeltungsmaßnahmen sein könnten, sagt Slack nicht.
Wie eine Antwort Microsofts auf Unternehmensebene aussehen könnte, skizziert Butterfield in dem Pflichtbericht allerdings durchaus. Hier weist er darauf hin, dass die Slack-Software aktuell mit Produkten Microsofts interagiere, unter anderem mit dem direkten Konkurrenzprodukt Teams. Denkbar sei, dass sich Microsoft „in der Zukunft unkooperativ zeige“ und Beschränkungen aufbaue, die die Integration mit Slack behindern und die Software so „für Microsoft-Nutzer weniger attraktiv“ machen könnten.
Slack beschwert sich bei der EU
Hintergrund der jüngsten Warnung ist eine Ende Juli 2020 durch Slack bei der EU-Kommission eingereichte Wettbewerbsbeschwerde gegen Microsoft. Slack beschwert sich darüber, dass der Redmonder Hersteller sein direktes Konkurrenzprodukt Teams untrennbar mit seiner Office-Suite verknüpft und so die freie Wahl alternativer Software beschränke.
Zudem erhalte Teams durch die Bündelung einen erheblichen Wettbewerbsvorteil, während Slack sich als eigenständiges Produkt am Markt durchsetzen müsse. Alles in allem wirft Slack dem Redmonder Konzern den Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung vor.
An die EU-Kommission hatte Slack sich wohl vor allem deshalb gewendet, weil die Kartellverfahren in den USA zu langwierig wären. Das hatte Slack-Chef Butterfield der dpa verraten und ein mögliches Verfahren als „reine Zeitverschwendung“ bezeichnet.
Dass Slack ausgerechnet in einem Quartalsbericht derart deutliche Worte wählt, hat mit dem US-amerikanischen Börsenrecht zu tun. So sollen die quartalsweisen Pflichtmitteilungen ganz wesentlich dazu dienen, Anlegern einen umfassenden Überblick über die geschäftliche Situation zu geben. Dazu gehören auch die Risiken, denen das Geschäftsmodell ausgesetzt ist.
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