Wi-Fi 6 erklärt: Warum der neue Standard nicht nur schneller ist
Wozu braucht man eigentlich noch schnelleres WLAN, wenn doch überall in der Republik bereits flächendeckend 4G und in wenigen Wochen 5G verfügbar ist? Bis dieser Zustand eines fernen Paralleluniversums auch bei uns Realität ist, bleibt für die meisten wohl auf lange Jahre hin nur die Nutzung des heimischen Funknetzes als stabile Alternative. Alle paar Jahre ändern sich auch hier die Spezifikationen und Features und das ist bei Wi-Fi 6 nicht anders.
Wi-Fi 6: Einfachere Namensgebung und mehr Speed
Um das Verwirrspiel bei den WLAN-Standards IEEE 802.11 durch das Anhängsel der Buchstaben a, b, d, g, n, ac, ad oder ax zu entzerren, hat die Wi-Fi-Alliance letztes Jahr ein neues Namensschema eingeführt und zertifiziert die Generationen einfach mit Zahlen. Während eure aktuellen Router und Geräte vermutlich den 802.11ac-Standard unterstützen, werdet ihr den ihm zugewiesenen Namen Wi-Fi 5 eher nicht oft hören. Denn wer will seine Geräte schon mit einer 2013 verabschiedeten Technologie vermarkten?
Das Siegel „Wi-Fi 6 zertifiziert“ dürfte dagegen ab diesem Jahr und wohl spätestens nach der Ifa 2019 auf immer mehr Geräten zu finden sein und die ersten sind auch bereits erschienen. Neben der Geschwindigkeit, die von 3,5 Gigabit pro Sekunde bei Wi-Fi 5 auf theoretisch 9,6 Gigabit pro Sekunde erhöht wurde, zeichnet sich Wi-Fi 6 aber durch eine Reihe verbesserter Feinheiten aus, die nicht nur für mehr Bandbreite in eurem Netzwerk sorgen. Denn ähnlich wie 5G geht auch Wi-Fi 6 das Problem von immer mehr verbundenen Geräten pro Access-Point an.
Fortschritt durch Technik
Einer Prognose von Statista zufolge hat sich nämlich allein die Zahl der Smarthome-Geräte in den letzten zwei Jahren nahezu verdoppelt und wird das in den nächsten drei nochmal tun, Tendenz steigend. Rechnet man hier das Streamen von 4K- oder in Zukunft 8K-Inhalten und Cloud-Gaming dazu, reicht mehr Bandbreite allein nicht aus. Die Wi-Fi Alliance hat für den neuen Standard deshalb ein Upgrade von MU-MIMO vorgesehen. Eine ältere Variante der Technologie ist bereits seit Jahren auf Routern integriert, bei Wi-Fi 6 sind damit nun mehr gleichzeitige Verbindungen mit mehreren Geräten pro Router möglich.
Das zweite Upgrade ist OFDMA, das die Effizienz und Kapazität des Netzwerks dadurch erhöht, dass eine Datenübertragung ihre Bytes an mehrere Geräte verschicken kann. Vereinfacht ausgedrückt kann die Hälfte der Inhalte einer Verbindung an ein Gerät und die andere Hälfte an ein anderes gesendet werden. Denn auch die Anzahl der gleichzeitigen Verbindungen kann ein Netzwerk verlangsamen, nicht nur die Menge der Daten. Selbst ohne die höhere Bandbreite wäre also mit MU-MIMO und OFDMA ein WLAN schneller, besonders wenn viele Geräte eingeloggt sind.
Geringerer Stromverbrauch und erhöhte Sicherheit
Ein weiteres Feature von Wi Fi 6 ist TWT, das für „Target wake Time“ steht und die Batterielaufzeit von verbundenen Geräten deutlich erhöhen soll. Im Verbund mit entsprechenden Routern „planen“ die Geräte, wann sie sich mit dem Router verbinden sollen und wann nicht, was dafür sorgt, dass die WLAN-Antenne seltener mit Strom versorgt werden und nach dem Signal suchen muss. Was wiederum dazu beiträgt, dass das Netzwerk weniger verstopft und somit schneller ist. Ob das Feature tatsächlich so viel Strom spart, bleibt für den Heimgebrauch abzuwarten, denn Smartphones und Laptops senden ohnehin dauernd Daten. Interessanter wird es hier vermutlich für andere IoT-Geräte, die beispielsweise nur alle paar Minuten oder Stunden einen neuen Status brauchen. Smarthome-Geräte sind hier heiße Kandidaten, aber vor allem auch Devices in Maschinenhallen.
Für die IT-Security-Fans unter uns hat die Wi-Fi Alliance den neu verabschiedeten Sicherheitsstandard WPA3 zur Pflicht erklärt, sofern man sein Gerät als „Wi-Fi 6 zertifiziert“ verkaufen will. WPA3 erweitert den seit 2004 etablierten Vorgänger WPA2, der durch die Sicherheitslücke „Krack“ einige Geräte für immer unsicher zurücklässt. Während neue Router den Standard bereits implementiert haben, wird er bei Wi-Fi 6 jetzt eben zur Pflicht und macht Dictionary-Attacks vor allem für das Erraten schwacher Passwörter nahezu unmöglich. Der Cracker muss jetzt dauerhaft mit dem zu knackenden Netzwerk verbunden sein und kann Passwörter nur einzeln abschicken, was unglaublich zeitaufwendig ist.
Neue Hardware notwendig
Zudem vereinfacht WPA3 die Anmeldung an öffentliche Hotspots, die kein Passwort benötigen, beispielsweise in Cafés. Gleichzeitig ist der Datenaustausch verbundener Geräte individuell verschlüsselt und Unternehmen dürfen sich über eine 192-bit-Suite freuen, wenn sie mit sensiblen Daten arbeiten. Insgesamt ist Wi-Fi 6 also ein sinnvoller Schritt nach vorne, für den aber wiederum die Anschaffung neuer Hardware notwendig ist. Denn allein mit einem Wi-Fi 6 zertifiziertem Smartphone bringen euch die ganzen Vorteile nichts, wenn nicht auch der Router den Standard unterstützt. Und merklich ist der Unterschied dann auch erst richtig, wenn mehrere Geräte mit Wi-Fi 6 in eurem Netzwerk funken.
Ist Wi-Fi 6 auch robuster, wenn in der Nachbarschaft weitere 15 WLANs funken?
Gute Frage, ich würde aufgrund von MU-MIMO und OFDMA aber mal auf „Ja“ tippen. Ansonsten macht man für Wi-Fi 7 einfach einen neuen Frequenzbereich auf ;)
Gibt es überhaupt noch freie Frequenzbereiche, die genügend Reichweite ermöglichen?
War nicht ganz ernst gemeint, aber rein physikalisch sicherlich ja. Es wird nur die Herausforderung sein, da eine saubere Trennung reinzubringen. Reine Reichweite bekommst du im Terahertz-Bereich hin, wenn du nach Alpha Centauri funken willst ;)