Wikipedia: Neue Verhaltensregeln sollen Belästigungen und Desinformation bekämpfen
Sie sind gängig geworden in der Praxis von Community-Projekten – die Code-of-Conduct (CoC) genannten Verhaltensrichtlinien, mit denen negative Verhaltensmuster angegangen und im besten Falle unterbunden werden sollen. Nun hat auch die Wikimedia Foundation ihren eigenen Kodex erschaffen.
Offene Projekte tun sich mit dem CoC häufig schwer
Als schwierig stellt sich bei der Aufstellung solcher Regeln immer wieder heraus, dass die Einigkeit in der Community meist doch nicht so groß ist, wie von den CoC-Autoren gedacht. Als besonders krasses Beispiel darf hier wohl der Kodex des Linux-Kernelprojektes gelten. Dessen Inkraftsetzung wurde über sechs Jahre heftig diskutiert, bevor er dann im Jahr 2019 endlich konsensfähig wurde.
Im NodeJS-Projekt hatten Streitigkeiten über den bestehenden CoC und dessen vermeintlich von manchen nicht eingehaltenen Regelungen zu massiven Zerwürfnissen geführt, die in der Abspaltung eines Forks gipfelten.
Nun hat sich die Wikimedia Foundation als Dach der vielen Projekte der Stiftung bemüht, teilweise schon bestehende Regeln zu vereinheitlichen und zusammenzufassen sowie neue Richtlinien zu schaffen, um „negativem Verhalten“ entgegenzuwirken. Dabei sollten die Regeln so kurz und so verständlich wie möglich formuliert sein.
Selbstverständlichkeiten namens Verhaltenskodex
Die Wikimedia Foundation hält diesen Schritt für erforderlich, um sicherzustellen, dass „unsere Gemeinschaften von Beitragenden so divers, inklusiv und zugänglich wie möglich sein sollten“. Dabei sollen diese Gemeinschaften „ein positives, sicheres und gesundes Umfeld für alle bieten, die daran teilhaben (und teilhaben möchten)“.
Wie um den Ansatz zu bestätigen, lässt uns die Foundation wissen, dass an den nun erstellten Regeln mehr als 1.500 Freiwillige aus 19 Wikipedia-Projekten mitgewirkt haben. Ziel war es, die Regeln möglichst kurz und verständlich zu gestalten.
Dabei beschreibt der Verhaltenskodes nicht nur das unerwünschte Verhalten, sondern gibt auch Hinweise darauf, was erwünscht ist. Unter dem unerwünschten Verhalten finden sich Selbstverständlichkeiten wie sexuelle Belästigung, Beleidigungen, Drohungen und andere ohnehin strafbare Taten. Als unerwünscht wird aber auch eindeutig der Missbrauch einer Wikipedia-Machtposition oder der Inhalte-Vandalismus sowie die Verbreitung von Falschinformationen gekennzeichnet.
Durchsetzungsaspekt fehlt
Das ist alles hinreichend nachvollziehbar und sicherlich fähig, einen Konsens zu erzeugen. Was allerdings völlig fehlt, ist das Instrumentarium, mit dem die Regeln letztlich überprüft und durchgesetzt werden sollen. Das soll im Laufe des Jahres in lokalen und regionalen Wikipedia-Gemeinschaften zunächst diskutiert werden.
Läuft es wie in anderen Projekten, könnte es dazu führen, dass ein oder mehrere Gremien geschaffen werden, die wie eine Art Schiedsgericht funktionieren und mit gewählten Vertretern besetzt werden. Die wären dann zu verbindlichen Entscheidungen befugt.