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Analyse

Wissen, wann das Paket kommt: Branche feilt an ihrer Zustellprognose

Der Paketboom geht weiter, die Deutschen bestellen immer mehr Kleidung oder Elektronik im Internet. Wer die Ware an der Haustür entgegen nehmen will, der muss Wartezeit einplanen – denn die Zustell-Zeitfenster sind noch immer recht groß. Das soll sich ändern.

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DPD-Paketdienst. (Foto: DPD)

Das Prinzip Hoffnung ist beim Paketbestellen allgegenwärtig. Die Hoffnung, dass die Sendung zuverlässig ankommt – und dass der Zusteller klingelt, wenn man selbst oder zumindest der Nachbar daheim ist. Hohe Investitionen der Paketbranche sollen nun dazu führen, dass Empfänger nicht bloß hoffen müssen, sondern genau wissen, wann der Paketbote da sein wird. Ob Deutsche Post DHL, DPD oder Hermes – sie alle wollen ihre Vorhersagen verbessern. Das lohnt sich für sie: Bei präziser Prognose steigt die Erstzustellquote, und die Mitarbeiter verlieren weniger Zeit bei der Zustellung.

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Stand heute setzt die Paketbranche in Deutschland auf mehr oder minder grobe Zeitfenster, die bei einer bis zwölf Stunden liegen. Warum eigentlich? Die Zusteller fahren doch jeden Tag ähnliche Routen – und die Datenauswertung samt Verkehrsprognose wird im Digitalzeitalter immer besser. So einfach ist das aber nicht, sagen Experten. „Das ist eine sehr komplexe Angelegenheit mit vielen Variablen“, erläutert der Frankfurter Logistik-Professor Kai-Oliver Schocke. „Gibt es Staus oder Umleitungen, findet der Fahrer einen Parkplatz, wo genau müssen wie viele Pakete abgegeben werden – und wie lange dauert es unter diesen Bedingungen bis zur nächsten Zustellung? Solche Fragen können noch nicht zuverlässig und präzise beantwortet werden.“

Christoph Stehmann vom Branchendienstleister Pitney Bowes sieht es ähnlich. Zwar wolle der Kunde endlich kleinere Zeitfenster haben, um nicht mehr so lange zu Hause warten zu müssen, und die Branche feile an Fortschritten. „Das Ei des Kolumbus hat aber noch niemand gefunden.“ Eine Möglichkeit sei mehr Transparenz – dass die Empfänger im Internet sehen können, wo der Zusteller gerade ist. „Klingt gut, kann aber sehr verwirrend sein“, sagt Stehmann. Denn selbst wenn ein Zustellfahrzeug schon in der Nähe sei, könne es bis zum Klingeln an der Tür noch lange dauern – weil der Zusteller vorher noch Pakete in Nachbarhäusern abliefern muss oder Pause macht.

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DPD weit vorne

Relativ weit vorne bei dem Thema ist die Deutschland-Tochter der französischen Post, DPD. Bei ihr bekommt der Endkunde zunächst eine Mail mit der Info, dass das Paket nun im Depot sei und dass es am nächsten Tag ausgeliefert werde – dies noch ohne Zeitfenster.

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Am Zustelltag selbst wiederum gibt es eine weitere Mail – etwa um acht Uhr morgens, wenn der Zusteller seinen Transporter beladen hat und auf Basis der Pakete an Bord die beste Route bestimmt wurde. Dann wird dem Endkunden ein Zeitfenster von einer Stunde genannt, was im Laufe des Tages auf eine halbe Stunde sinkt. Stimmt die Prognose überhaupt – oder kommen die Paketboten doch später? Weniger als zehn Prozent der Pakete werden nach DPD-Angaben später zugestellt.

Zudem können Empfänger im Internet auf einer Karte sehen, wo der DPD-Mitarbeiter gerade ist – nicht auf GPS-Basis, sondern anhand des Scans der letzten übergebenen Sendung. Diese Standort-Transparenz sei aber „eher eine Spielerei“, räumt ein DPD-Sprecher ein. Denn allzu aussagekräftig sei der Standort nicht – schließlich sei dem Endkunden unklar, wie viele Stopps bis zu seiner Haustür noch anstehen.

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„Der eigentliche Mehrwert sind die Prognose und die Interaktion“, sagt er. Mit Interaktion gemeint ist die Möglichkeit, dass man bei DPD-Paketen bis zu 15 Minuten vor Übergabe noch eine Info an den Zusteller schickt, etwa dass man doch nicht zu Hause ist und dass er das Paket neben der Tür ablegen möge. Konkurrent UPS bietet ähnliche Optionen an und setzt auf ein Vier-Stunden-Zeitfenster.

DHL noch nicht so weit

Der Marktführer Deutsche Post DHL ist beim Thema Tracking – also der Paketverfolgung samt Zustellprognose – noch nicht so weit. Das Zeitfenster liegt noch bei zwei bis vier Stunden, eine Aktualisierung wie bei DPD gibt es bislang nicht, auch eine Live-Ortung und Interaktionsmöglichkeit mit dem Paketboten fehlen noch. Doch es soll besser werden. „Für 2020 haben wir uns vorgenommen, unseren Endkunden ein präziseres Zeitfenster zu kommunizieren“, sagt ein DHL-Sprecher. Im ersten Schritt werde es ein 60- bis 90-minütiges Zeitfenster geben. Zudem werde die Idee weiterverfolgt, dass die Wartenden über die Zustellung 15 Minuten vorher informiert werden.

Bei Hermes gilt für Standardpakete der Zustellzeitraum 8 bis 20 Uhr – also den ganzen Tag. Allerdings arbeitet auch das Hamburger Unternehmen an Verbesserungen und setzt auf eine neue Software. Inzwischen gibt es bei der Hälfte der Hermes-Sendungen am Vortag eine Mail samt zwei bis vierstündigem Zustellfenster. Diese Kommunikation mit dem Kunden werde man 2020 „intensivieren“, teilt Hermes mit. Die Zustellung werde transparenter und passgenauer.

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Trotz der Fortschritte: Am liebsten ist es der Paketbranche, wenn die Kunden auf Alternativen zur Haustürlieferung setzen, also Paketshops oder automatisierte Abholstationen. Denn so präzise das Zustellfenster auch sein mag – ob der Empfänger dann daheim ist, ist nicht sicher.

Branchenexperte Stehmann hat beim Thema präzise Zustellung gedämpfte Erwartungen. Erst auf lange Sicht – wohl in etwa zehn Jahren – werde es hierbei den Durchbruch geben, wenn der Straßenverkehr durch automatisierte Autos planbarer sei und neue Zustellwege wie beispielsweise Drohnenflüge im Markt angekommen seien. Bei der Frage, wann der Paketbote kommt, setzt Logistik-Professor Schocke auf die eigene Erfahrung. „Wenn meine Familie etwas bestellt hat, kommt DHL immer um Viertel vor zwei bei uns vorbei.“ Der Bote sei verlässlich – auch ohne digitales Zustellfenster. dpa

 

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Dennis

Wie soll mit einer Präzisierung der Zustellzeit die Zustellung insbesondere die Übergabe an den Empfänger verbessert werden?
Nur weil mir der Paketdienst am Morgen mitteilt, dass sie vermutlich vormittags bei mir vorbeikommen, kann ich ja nicht meine Arbeit vernachlässigen und warten. Da spielt mein Chef nicht mit.
Sollte ich dann arbeiten sein und der Paketdienst teilt mir um 11:23 mit, dass der Bote 11:44 vor der Tür steht, dann bin ich auch nicht da. Ich brauche ca. eine halbe Stunde, vorausgesetzt der Chef stimmt zu.
Ach ist ja blöd, ich stehe am Fließband, der Chef stimmt zu und die Produktion steht dann bis ich wieder zurück bin ;-)
Auch kann ich nicht einfach mal schnell in der Nachbarschaft herumtelefonieren und fragen wer denn da ist um das Paket anzunehmen. Und wie teile ich dann den Wunsch dem Boten mit?
Ja ich weiß der Bote möchte das Paket loswerden. Macht er auch oft genug. Einfach mal übern Zaun klettern, in der Papiermülltonne verstecken oder andere kreative Ablagemöglichkeiten.
Aber die genaue Zustellzeit, also eher Versteckzeit, hilft mir beim Empfang der Sendung auch nicht.
Ich finde ja die Idee mit der Packstation ganz gut. Nur sollte nicht jeder Paketdienst seine eigenen Stationen aufbauen. Zwischen Arbeit und Zuhause komme ich an zwei DHL Stationen vorbei, nur leider können die anderen dort nicht zustellen. Die Paketshopvariante ist leider nicht ganz so praktisch, da auch die nicht 24 Stunden geöffnet haben.
Na ja, am Ende macht es die Mischung. Präzise Zustellzeit, die auch eingehalten wird (erst sagt der Paketdienst mir, dass am Freitag geliefert wird. Da wäre ich zuhause gewesen. Dann wird das Paket aber am Donnerstag schon beim Nachbarn abgeben) . Eine Wunschzustellung an einem Tag oder eine Packtstation, die auch durchgeführt wird und nicht ignoriert. Und es sollte nicht nur der Tag sondern ein Zeitfenster sein, z. B. 8:00 bis 10:00, 10:00 bis 12:00 usw. Nur der Tag ist nicht präzise genug. Mehr Packstationen und zwar paketdienstunabhängig.

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André Cedik

Schöner Artikel der zeigt, dass die Branche zumindest an einer zuverlässigeren Vorhersage des Zustellzeitfensters arbeite. Allerdings muss man sich schon fragen, in welch einer Welt manche so leben. In 10 Jahren wird es besser und auch nur, wenn der Verkehr automatisierter ist? Die Technik von Amazon Logistics schafft es heute schon zu zeigen, wie viele Stopps ein Fahrer noch machen muss, bevor das eigene Paket zugestellt wird. Ein guter Indikator in vielerlei Hinsicht.

Klar, nicht jedem hilft es zu wissen, dass sein Paket in Kürze zugestellt wird, wenn sie/er Kilometer entfernt arbeitet. Dies ist eines der weiteren Probleme, an denen die Branche arbeiten muss. Sei es durch Zwischenlagerung in lokalen (Mini-)Paketzentren in denen die Empfänger ihre Pakete direkt abholen können oder auch Zustellungen zwischen 18 und 21 Uhr, wenn die meisten Empfänger daheim angetroffen werden können. Nur um einmal zwei Möglichkeiten zu nennen.

Die Branche ist jedenfalls dabei sich neu auszurichten, auch wenn sie teilweise Meilenweit hinter ihren Möglichkeiten hinterher hinkt.

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