WM 2022: Wie Fußball-Fans im Stadion überwacht werden
Der WM-Ausrichter Katar rechnet bei der umstrittenen Weltmeisterschaft mit rund einer Million Fußballfans aus der ganzen Welt. Was vielen davon wohl nicht bewusst sein dürfte: Mehr als 15.000 Kameras überwachen die Fußballfans in den acht Stadien und auf den Straßen von Doha.
Niyas Abdulrahiman, Chef-Technologe der Organisatoren, sagte im August stolz gegenüber AFP: „Was Sie hier sehen, ist die Zukunft des Stadionbetriebs.“
Auch Manchester City im Visier
Katars WM-Organisatoren sind allerdings nicht die einzigen, die biometrische Technologien einsetzen, um die Aktivität von Fußballfans zu überwachen. In den letzten Jahren haben laut der US-Computerzeitschrift Wired mehrere europäische Fußballvereine und Stadienbetreiber Sicherheits- und Überwachungstechnologien eingeführt.
In Dänemark etwa wird im Brondby-Stadion seit 2019 auf eine Gesichtserkennung zur Überprüfung des Ticketverkaufs zurückgegriffen, in den Niederlanden verwendet NEC Nijmegen biometrische Technologie, um den Zugang zum Stadion zu gewähren.
Manchester City hat Berichten zufolge 2019 die in Texas ansässige Firma Blink Identity beauftragt, Gesichtserkennungssysteme im Etihad Stadium einzusetzen. Auch in Spanien seien ähnliche Tendenzen zu beobachten. Und der französische FC Metz experimentierte kurzzeitig mit einem Gesichtserkennungsgerät, um Fans zu identifizieren, die aus dem Stadion verbannt wurden.
Gesichtserkennungstechnologien bergen Risiken
Schon jetzt gibt es Beispiele dafür, dass dabei nicht immer alles nach Plan läuft. So klassifizierte im Jahr 2017 eine Gesichtsscan-Technologie beim Champions-League-Finale in Cardiff fälschlicherweise mehr als 2.000 Personen als mögliche Kriminelle.
Einen ähnlichen Fall gab es 2019 in den Niederlanden. „In diesem Fall wurde eine unschuldige Person zu Unrecht aus dem Stadion seiner Mannschaft verbannt und sogar mit einer Geldstrafe belegt“, erklärte Ella Jakubowska, leitende Politikberaterin bei der gemeinnützigen Bürgerrechtsorganisation European Digital Rights (EDRi). Die Zuordnung falscher Identitäten sei ein ernsthaftes Risiko von Gesichtserkennungstechnologien.
Ein Tor zur Massenüberwachung?
Für Brett Hutchins, Medienprofessor an der australischen Monash University, werden biometrische Technologiesysteme langsam, aber stetig zur neuen Normalität in Sachen Stadioninfrastruktur. „Das Problem dabei ist die Vorstellung, dass die Einführung solcher Technologien und Infrastrukturen unvermeidlich und ein zunehmend ‚natürlicher‘ Teil des Stadionerlebnisses ist“, sagte er.
Hutchins macht sich für die Einführung „starker gesetzlicher und regulatorischer Schutzmaßnahmen hinsichtlich Einführung und Nutzung dieser Systeme sowie die Kontrolle und Nutzung von Daten“ stark.
Zurück nach Katar: Laut Wired deutet einiges darauf hin, dass alle Katar-WM-Reisenden gebeten werden, zwei Apps herunterzuladen, die laut Expert:innen alle Informationen auf ihrem Telefon weitergeben würden. Für Jakubowska ist das „ein Tor zur Massenüberwachung“.