Arbeiten, wo andere Urlaub machen. Was bis vor wenigen Jahren nur selbstständigen Digitalnomaden möglich war, steht inzwischen auch Angestellten offen. Corona hat der Remote-Arbeit einen ordentlichen Schub gegeben und ortsungebundenes Arbeiten in die Mitte der Arbeitswelt gebracht. Von Startup und Agentur über Mittelstand bis hin zu Konzernen sind inzwischen so einige Workation-Modelle fest etabliert worden.
Workation als mächtiger Recruiting-Hebel
Lisa Pollmann hat diese Entwicklung aus Konzernsicht miterlebt. Als Human Resources Business Partner berät sie Führungskräfte beim Touristikunternehmen Tui. Zuvor hat sie sich bei dem Reifenhersteller Continental um das Employer-Branding gekümmert. Pollmann weiß, dass ortsungebundene Arbeit heute eine Grundvoraussetzung ist, um vor allem Techtalente für einen Arbeitgebenden zu begeistern. Im t3n Magazin 68 hat sie darüber gesprochen.
„Homeoffice ist inzwischen nicht mehr wegzudenken“, sagt die HR-Expertin. „Workations sind somit die logische Weiterentwicklung des Ganzen.“ Bei Tui dürfen seit August 2021 alle Mitarbeitenden – sofern es ihre Tätigkeit zulässt – bis zu 30 Tage im Jahr vom Ausland aus arbeiten. Das Programm nennt sich Tui Workwide und wird Pollmann zufolge gut angenommen. Bis dato haben über 500 Mitarbeitende bereits eine Workation eingereicht.
Die Tui-Belegschaft nutze das Workation-Angebot ganz unterschiedlich: Manche der Angestellten reisen, um die Welt zu sehen und um während der Arbeit für neue Eindrücke zu sorgen. Andere arbeiten im Ausland, um Familie und Freunde länger besuchen zu können als nur für ein paar Tage im Rahmen eines Erholungsurlaubs. Dass die Tui-Mitarbeiterinnen und ‑Mitarbeiter auf 30 Tage zurückgreifen können, ist jedoch keine zufällig gesetzte Marke.
Denn natürlich gilt es, sich bei dieser Form der Arbeit auch rechtlich im grünen Bereich zu bewegen. „Es gibt von Land zu Land unterschiedliche Rahmenbedingungen bezüglich Steuern, Sozialversicherungen und Visa. Diese Anzahl der Tage ist der kleinste gemeinsame Nenner, der in den allermeisten Ländern gut funktioniert“, so die HR-Expertin Lisa Pollmann. Arbeitgebende sollten die unterschiedlichen Situationen deshalb rechtssicher prüfen.
Bitkom-Leitfaden: Remote Work aus dem Ausland
Was Unternehmen beachten müssen, wenn sie Remote Work aus dem Ausland ermöglichen wollen, hat der Branchenverband der Digitalwirtschaft, Bitkom, in dem Leitfaden „Remote Work aus dem Ausland“ zusammengetragen. Er gibt eine Praxishilfe an die Hand, um rechtskonform eine eigene Policy zum Thema entwickeln zu können. Neben Fragen zum Arbeits-, Steuer- und Sozialversicherungsrecht gibt es darin auch Best Practices.
Geklärt werden unter anderem folgende Fragen: Bin ich als Arbeitgeber verpflichtet, Remote Work aus dem Ausland anzubieten? Muss ich auch das nationale Arbeitsrecht des Reiselandes beachten? Brauche ich eine A1-Bescheinigung? Was gilt es beim Steuerrecht zu berücksichtigen? Können meine Angestellten unbegrenzt auf der ganzen Welt arbeiten? Der Leitfaden „Remote Work aus dem Ausland“ steht Interessierten kostenfrei zur Verfügung.