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Daimler und Bosch machen es vor: Working-Out-Loud – das steckt hinter dem Hype-Begriff

Bosch macht es schon seit Jahren, Daimler auch, und außer ihnen noch eine Reihe weiterer großer und namhafter Unternehmen: Working-Out-Loud. Doch was ist das eigentlich?

Von Maret Zepernick
6 Min. Lesezeit
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(Foto: Shutterstock)

Nur ein weiteres Buzzword im Zuge von New Work und Digitalisierung? Schließlich begegnet einem der Name in letzter Zeit zunehmend in einschlägigen Blogs und Medien, die sich mit eben jenen Themen auseinandersetzen. Je nachdem, wen man fragt, bekommt man ganz unterschiedliche Antworten: eine Methode, ein Netzwerk, eine Gemeinschaft, ein Framework, eine Bewegung, eine Reise, ein Schutzraum. Ich könnte die Liste hier noch ewig weiterführen, doch eine eindeutige Antwort wird es nicht geben, denn Working-Out-Loud bedeutet für jeden etwas anderes. Zumindest soll in diesem Artikel erklärt werden, woher Working-Out-Loud kommt und wie es funktioniert.

Was steckt hinter Working-Out-Loud?

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Und zwar geht es bei Working-Out-Loud, anders, als der Name zunächst vermuten lässt, eben nicht um aggressives und lautes Zurschaustellen der eigenen Arbeit, sondern eher um das bewusste Teilen und Bereitstellen von Wissen.
Der Begriff selbst tauchte zum ersten Mal 2010 in einem Blogartikel von Bryce Williams unter dem Titel „When will we start to Work Out Loud? Soon!“ auf. Der Gedanke dahinter: „Wissen teilen“ statt „Wissen ist Macht“. Was bisher unter Social Collaboration und Collaborative Learning firmierte, wurde durch Williams treffend mit der Wendung „Work-Out-Loud“ zusammengefasst: das eigene Wissen und die eigene Arbeit sichtbar machen, damit alle davon profitieren können.

Es dauerte ein paar Jahre und praktische Erfahrungen mit der Herangehensweise, bis John Stepper 2015 eine Weiterentwicklung des Gedankens in Buchform veröffentlichte und eine Methode daraus ableitete: „Working Out Loud: For a better career and life“. Neben dem Buch stellte John Stepper die Methode auch kostenlos auf seiner Website zur Verfügung, in den sogenannten Circle-Guides. Der Ansatz fand schnell Anklang in Unternehmen wie Bosch, wo einzelne Teams sich zusammenfanden, um Working-Out-Loud (WOL) zu praktizieren. Inzwischen sind die Circle-Guides, die ursprünglich nur in englischer Sprache vorhanden waren, dank engagierter Personen auch ins Deutsche und Portugiesische übersetzt worden und immer mehr Menschen, nicht nur in Unternehmen, sondern auch privat, arbeiten mit WOL – aktuell in rund 42 Ländern, darunter vor allem in den USA, in Deutschland, Großbritannien, Brasilien und China.

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Wie funktioniert Working-Out-Loud?

Der Kerngedanke von WOL ist, mithilfe von bedeutungsvollen Netzwerken individuelle Ziele zu erreichen, indem man seine Angewohnheiten reflektiert und ändert. Dafür hat Stepper fünf Prinzipien aufgestellt, an denen sich das Konzept orientiert:

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  • Beziehungen (Relationships): Man baut nachhaltige Beziehungen auf, die helfen können. Allerdings nicht nach dem klassischen Networking-Prinzip („Eine Hand wäscht die andere“), sondern in dem Sinne, dass man selbst sinnvoll etwas beiträgt (siehe nächster Punkt).
  • Großzügigkeit (Generosity): Man teilt Wissen, ohne eine Gegenleistung zu erwarten, sondern um etwas Konstruktives beizutragen und damit das Netzwerk nachhaltig zu stärken.
  • Sichtbare Arbeit (Visible Work): Dieser (namensgebende) Punkt bedeutet wie oben schon erwähnt, dass man die eigene Arbeit sichtbar macht, aber in einer Art und Weise, die als wertvoller Beitrag für das Netzwerk dienen kann und nicht der reinen Selbstdarstellung.
  • Zielgerichtetes Entdecken (Purposeful Discovery): Dadurch, dass ein individuelles Ziel gewählt wird, richtet man seine Aktivitäten gezielt darauf aus: Welche Ressourcen benötige ich? Wie und was kann ich beitragen, um dem Ziel näherzukommen und etwas dabei zu lernen?
  • Wachstumsorientiertes Denken (Growth Mindset): Die Welt ist voller Möglichkeiten! Bei WOL geht es darum, immer offen und neugierig an die Dinge heranzugehen und so jene vielen Möglichkeiten zu entdecken, die einen dem Ziel näherbringen können.

Ausgehend von diesen Prinzipien findet man sich nun in einer kleinen Gruppe bestehend aus drei bis fünf Personen, den sogenannten Circles, zusammen und trifft sich zwölf Wochen lang regelmäßig für eine Stunde pro Woche, um gemeinsam an den jeweiligen individuellen Zielen der einzelnen Circle-Mitglieder zu arbeiten. Los geht es damit, dass alle im Circle für sich ein solches Ziel definieren, und zwar nach bestimmten Kriterien: Das Ziel soll persönlich bedeutsam, möglichst als Lernziel formuliert und möglichst in zwölf Wochen erreichbar sein. Damit soll sichergestellt werden, dass die Motivation über den relativ langen Zeitraum erhalten bleibt. Ob das Ziel privater oder professioneller Natur ist, spielt dabei keine Rolle.

Während der zwölf gemeinsamen Wochen arbeitet der Circle mit dem schon erwähnten Circle-Guide, der kostenlos auf der WOL-Website zu finden ist. Hier werden für jede Woche Übungen vorgeschlagen, die mit den fünf WOL-Prinzipien zusammenhängen. Während es zum Beispiel in der einen Woche darum geht, die für das Ziel bedeutsamen Netzwerke herauszuarbeiten, geht es in der nächsten Woche darum, sichtbarer zu werden und zu lernen, sinnvolle Beiträge in das Netzwerk einzubringen. Langfristig sollen die Übungen dazu beitragen, die Prinzipien zu verinnerlichen und zu einer Angewohnheit zu machen.

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Wie genau die Übungen durchgeführt werden, bleibt jedem Circle selbst überlassen. So wird zwar im Circle-Guide unter anderem vorgeschlagen, in den Treffen ein Timeboxing durchzuführen, um sicherzugehen, dass die Stunde nicht überschritten wird. Aber das ist nicht fest vorgeschrieben. Wenn ein Circle das Bedürfnis hat, weiterzudiskutieren und alle mit einer Verlängerung einverstanden sind, ist das völlig in Ordnung. Der Circle kann zum Beispiel auch selbst entscheiden, ob die Übungen innerhalb der gemeinsamen Stunde gemacht werden oder im Vorfeld, um die gemeinsame Stunde dann zur Diskussion zu nutzen. Die Circle-Guides sind also als Empfehlungen zu verstehen, die dem Circle bei der Bearbeitung der Ziele helfen, ihn dabei aber nicht einschränken sollen.

Die Circles selbst können sich entweder virtuell, zum Beispiel per Skype, oder physisch treffen. Bei der virtuellen Variante besteht die Chance, auch deutschlandweite oder internationale Circles zu bilden, weil man ortsunabhängig ist. Trifft man sich physisch und vor Ort, kann man zum Beispiel im Anschluss noch gemeinsam etwas unternehmen, ist aber bei der Wahl der Circle-Mitglieder etwas eingeschränkter.

Wichtig ist nur, die empfohlene Gruppengröße von drei bis fünf Personen beizubehalten, denn bei größeren Gruppen wird es schwierig, in einer Stunde alle Circle-Mitglieder zu Wort kommen zu lassen und intensiv an den jeweiligen Zielen aller Mitglieder zu arbeiten. Auch der Zeitraum von zwölf Wochen sollte insgesamt beibehalten werden, um dafür zu sorgen, dass man sich die Übungen und Prinzipien zur Angewohnheit macht. Ideal ist es, wenn die Circles möglichst divers besetzt sind, um verschiedene Perspektiven und Sichtweisen auf die Ziele zu haben.

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Warum Working-Out-Loud?

WOL bietet mit seinen Circles einen geschützten Raum, in dem eine geringere Hemmschwelle herrscht, Neues auszuprobieren. Das macht es leichter, neue Angewohnheiten zu entwickeln, die dem individuellen Ziel dienen können. Innerhalb der Circles bekommt man direktes Feedback in einem vertrauten Rahmen. Typisches Business-Netzwerken wird abgelöst durch ein starkes Netzwerk, das geprägt ist von echter Wertschätzung und aufrichtigem Interesse am Gegenüber. Das sorgt für nachhaltige und belastbare Beziehungen, wie sie auch in den WOL-Prinzipien beschrieben sind. Und ein wöchentliches Treffen von einer Stunde lässt sich relativ leicht in den eigenen Zeitplan integrieren, vor allem wenn es ortsunabhängig ist.

In Unternehmen ermöglicht WOL einen interdisziplinären und transparenten Wissensaustausch zwischen einzelnen Teams und Abteilungen, was letztendlich der Innovation und Erprobung von neuen Arbeitsmodellen zugutekommt. Dabei bedient es sich verschiedener Tools, die mit der Digitalisierung Einzug in unsere Kommunikation gehalten haben, wie etwa Social Media, aber auch der relativ neuen Enterprise-Social-Networks (ESN) wie Yammer oder Facebook Workplace. Damit liegt also der Bezug zu New Work und Digitalisierung klar auf der Hand – und somit auch der Nutzen von WOL als Skillset für die neue Arbeitswelt.

Wie finde ich einen Circle?

Doch wie anfangen? Zuerst braucht man ja einen Circle. Möglichkeiten, um Gleichgesinnte zu treffen und einen Circle zu bilden, gibt es viele. Im Unternehmen kann man entweder das firmeninterne ESN oder externe Corporate-Learning-Communities anzapfen oder die entsprechenden Verantwortlichen ansprechen. Vielleicht gibt es auch schon institutionalisierte WOL-Programme, in die man sich einklinken kann. Die schnellste und einfachste Möglichkeit im privaten Bereich bietet die WOL-Facebookgruppe, die zum Zeitpunkt der Erstellung des Artikels deutlich über 2.000 Mitglieder hat. Wer dort nicht fündig wird oder Facebook nicht nutzt, kann es in einer der beiden Xing-Gruppen, bei Linkedin oder auf Yammer versuchen.

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Nicht zuletzt kann man natürlich auch ganz einfach analog vor Ort schauen, ob man einem Circle beitreten kann. In immer mehr Städten finden WOL-Meetups statt, in denen man Mitstreiterinnen und Mitstreiter für einen Circle findet. Anlaufstelle sind hier meist die örtlichen Coworkingspaces beziehungsweise Orte, an denen Menschen zusammenkommen, die sich mit Innovation und New Work beschäftigen, wie etwa Startup-Meetups. Und wenn auch das nicht klappen sollte, gibt es immer noch die Option, selbst ein Meetup zu organisieren oder einen Circle zu gründen – vielleicht haben ja Freunde, Kolleginnen und Kollegen oder Bekannte Lust, WOL gemeinsam auszuprobieren! Auf jeden Fall ist Ausprobieren der beste Weg, um selbst zu erfahren, was WOL ist und was es bewirken kann, denn selbst die ausführlichste Beschreibung kann die Erfahrung eines WOL-Circles nicht ersetzen!

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