Xbox Series X und S: Ein Blick auf den Designprozess der neuen Microsoft-Konsolen

Die Xbox Series S. (Foto: Microsoft)
Der aktuelle Xbox-Pad, Sonys Dualshock, Nintendos Gamecube-Controller oder doch Microsofts „Duke“? Fast jeder Gamer hat sein absolutes Lieblingspad. Wer glaubt, dass sich diese Vorlieben rein aus der Handgröße ergeben, der irrt, wie uns Microsoft-Designer Chris Kujawski im Interview erklärt. Vielmehr gebe es auch eine ganze Reihe an unterschiedlichen Arten, wie Spieler ein Gamepad bevorzugt in der Hand halten. Als Beispiel zeigt uns Kujawski „die Kralle“, bei der die A-, B-, X- und Y-Tasten mit dem Zeigefinger betätigt werden, damit der Daumen nicht den Analogstick loslassen muss. Auch beim Drücken der Schultertasten gibt es Unterschiede. Während die einen Gamer die Schultertasten wie den Abzug einer Waffe durchdrücken, bevorzugen andere die Auslösung über eine Seitwärtsbewegung.

Immer wieder hat Microsoft den Prototypen der neuen Xbox-Controller überarbeitet und getestet. (Foto: Microsoft)
Bei der Gestaltung des neuen Xbox-Controllers mussten demnach nicht nur unterschiedliche Handgrößen, sondern auch Spielweisen berücksichtig werden. Dazu hat Microsoft unzählige Tests durchgeführt. „Es ist ein iterativer Prozess“, so Kujawski. Zunächst habe man Modelle des Controllers per Hand angefertigt und sie bearbeitet, bis sie die gewünschte Form erreichten. Anschließend wurden die Modelle mit einem 3D-Scanner in CAD-Modelle umgewandelt und dann digital immer wieder angepasst und getestet. Für den Testprozess wurden die Modelle dann mit einem 3D-Drucker ausgedruckt, mit der eigentlichen Controller-Technik versehen, und anschließend von unterschiedlichen Gamern getestet. Basierend auf diesem Feedback wurden die Controller dann immer wieder verändert.
Mit dem Ergebnis zeigen sich die Microsoft-Designer zufrieden. Ein Erwachsener mit großen Händen soll den neuen Controller genauso bequem nutzen können, wie ein achtjähriges Kind. Obwohl der Controller auf den ersten Blick kaum anders aussieht als sein Vorgänger, könnten, so Microsoft, potenziell mehrere Hundertmillionen Menschen von den Veränderungen am Controller-Design profitieren. Die bei Microsoft für Farben und Materialien zuständige Designerin Erika Kelter vergleicht die Gestaltung des Controllers sogar mit der Arbeit an Wearables, da Spieler unter Umständen eben auch mehrere Stunden am Stück mit dem Gerät interagieren.
Wurde die Xbox Series S von den Arbeiten von Dieter Rams inspiriert?
Nach Vorstellung der Xbox Series S erschienen eine ganze Reihe von Blog- und Forenbeiträgen, die sich mit Ähnlichkeiten zwischen dem Konsolendesign und den Arbeiten von Dieter Rams beschäftigten. Darauf angesprochen winkt Microsoft-Designer Carl Ledbetter jedoch ab. Der Vergleich sei schmeichelhaft, eine direkte Inspirationsquelle seien die Arbeiten des deutschen Kultdesigners jedoch nicht gewesen. Auch Kujawski verneint, auch wenn Rams natürlich jeden Industriedesigner auf gewisse Art beeinflusst habe. Das Design der Xbox Series S sei am Ende jedoch das Ergebnis der für die neue Konsolenreihe erdachten Designsprache, die man bei Microsoft „Intelligent Geometry“ nenne, sowie von technischen Notwendigkeiten.

Die Designsprache der neuen Xbox-Konsolen basiert auf einfachen geometrischen Grundformen. (Grafik: Microsoft)
„Intelligent Geometry“ basiert auf einfachen geometrischen Grundformen, die in verschiedenen Größen immer wieder zum Einsatz kommen. Diese Grundidee führte laut den Designern zu dem kreisrunden und in schwarzer Farbe vom Rest des weißen Gehäuses abgesetzte Lüfter, durch den die Xbox Series S ihr charakteristisches Aussehen erhält. Gleichzeitig sollte eine gewisse Familiarität zu der größeren Xbox Series X entstehen. Die zeigt sich beispielsweise bei den Abmessungen: Die Xbox Series S entspricht von den Maßen her in etwa dem, was man erhalten würde, wenn man ein Stück der Grundform der größeren Xbox Series X abschneiden würde. Intern wurde der Entwurf, so die Microsoft-Designer, daher auch „Slice“ getauft.
Xbox Series X: Form follows function
Auch beim Gestaltungsprozess der Xbox Series X fand die schon 1852 von dem Bildhauer Horatio Greenough geprägte Maxime Anwendung, nach der sich die Form aus der Funktion ergeben solle. Im Fall der leistungsstärkeren der beiden neuen Xbox-Konsolen, war es das aus Kühlungsgründen rechtwinklig angelegte Motherboard, aus dem sich die spätere Form ergab. Die Microsoft-Designer experimentierten nach eigenen Angaben mit mehren möglichen Gehäuseformen für die Konsole. Auch für die endgültige Gehäuseform, so Kujawski, habe Microsoft auf Nutzerfeedback gesetzt. Offenbar mit einem recht eindeutigen Ergebnis: 70 Prozent der befragten Gamer entschieden sich laut Kujawski für ein Modell, das zumindest rudimentär der für den 10. November 2020 angekündigten Konsole entsprach.

Eine Reminiszenz an die Xbox-Anfänge. (Grafik: Microsoft)
Bei dem kreisrunden grünen Licht, das aus dem quadratischen Lüfter schimmert, zeigt sich erneut die auf einfache geometrische Formen basierende Designsprache, gleichzeitig handelt es sich laut den Designern dabei um eine Reminiszenz an die Anfänge der Microsoft-Konsole. Schon bei der vor 19 Jahren vorgestellten ersten Xbox stand ein grüner Kreis im Zentrum der ansonsten schwarzen Konsole. „Es zeigt beinahe die Seele der Xbox“, so die Designer.
Beide neuen Microsoft-Konsolen erscheinen am 10. November. Wie sie sich technisch unterscheiden, verraten wir euch in unserem Test „Xbox Series X oder Series S? Unser Test verrät, welche Next-Gen-Konsole sich lohnt“.