
Klar, ein Haus im Grünen ist eine feine Sache. Und klar ist auch, dass frische Landluft viel gesünder ist als der Verkehrssmog in den Metropolen. Und doch wohnt nicht jeder Deutsche so ganz freiwillig im Umland. Wer in der City arbeitet, möchte in der Regel auch gerne in der City leben. Mindestens aber am Stadtrand. Einzig und alleine: Nicht jeder Arbeitnehmer kann sich das heutzutage noch leisten. Viele wohnen in den Vororten und fahren viele Kilometer pro Woche zur Arbeit und wieder zurück. Wie schlimm das Ausmaß ist, zeigen zwei jüngere Studien, die alarmierend für Politiker sein sollten.
Berufspendler nehmen lange Fahrten nicht freiwillig auf sich

Berufspendler: Lange Arbeitswege können negative gesundheitliche Folgen haben. (Foto: dpa)
Dass Pendler beispielsweise immer weitere Wege zur Arbeit zurücklegen, hat das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) diese Woche bekanntgegeben. Demnach sei die mittlere Pendlerdistanz sozialversicherungspflichtiger Beschäftigter allein von 2000 bis 2014 von 8,7 auf 10,4 Kilometer pro Fahrt angestiegen. Das ist ein Zuwachs von 21 Prozent. Dass nicht nur der Arbeitsweg länger wird, sondern auch die Anzahl der Pendler hierzulande stetig zunimmt, teilte zudem das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) vergangenes Jahr mit. Satte 18,4 Millionen Deutsche pendelten 2017.
„Wer nur noch zum Schlafen nach Hause kommt, wird sich zwangsläufig von seinen Lieben entfernen.“
Das sind zwei Studien, die das Licht auf schlimme Entwicklungen werfen: Denn wer lange Arbeitswege zurücklegt, riskiert gesundheitliche Probleme. In den letzten Jahren haben Mediziner umfangreich belegt, dass sich Pendeln negativ auf das Befinden auswirken kann. Vor allem Fernpendler, die mehr als zwei Stunden unterwegs sind, nehmen die langen Fahrten oft als Belastung war. Die Folge ist Stress, der zu Bluthochdruck und Übergewicht führen kann. Außerdem gibt es Zusammenhänge zu psychosomatischen Beschwerden wie Erschöpfungszuständen, Verspannungen, Schlafstörungen und sogar Depressionen.
Ein bewegtes Leben auf der Straße? Ja, das bringt vielleicht junge alleinstehende Dachse und unruhige Karrieristen in Wallung. Anders ist das jedoch bei Menschen, die ihre Familien neben den Beruf zusammenhalten müssen. Nicht nur, dass ihnen die Gesundheit flöten geht, sie verschenken auch viel wichtige Lebenszeit, die sie sonst mit den Kindern und dem Partner verbringen könnten. Nicht wenige Menschen setzen für ihren Job die Familie sogar komplett aufs Spiel. Denn wer werktags nur noch zum Schlafen nach Hause kommt, wird sich zwangsläufig von seinen Lieben entfernen – oder sie sich von ihm. Jeder dürfte so ein Beispiel aus dem Umfeld kennen.
Politik und Wirtschaft müssen reagieren!
Was also tun? Zum einen sollten Politiker endlich die horrenden Mieten in den Griff kriegen. Mietpreisbremsen sind nur ein Teil der Lösung. Daneben muss auch der staatliche Wohnungsbau wieder aktiver werden. Die Innenstädte und angrenzende Viertel dürfen nicht nur Schlachtfeld privater Investoren sein. Schon einmal in der Hafen City in Hamburg gewesen? Das Viertel ist voll von Wohnungen, in denen kein Mensch lebt und die allenfalls als Spekulationsobjekte herhalten. Und Berlin? Die Hauptstadt leistet sich eine unbebaute, brachliegende Fläche mitten in der City: das Tempelhofer Feld.
„Nur ein gesunder und zufriedener Mitarbeiter kann Leistung bringen!“
Doch auch Arbeitgeber sind gefragt. Sie müssen anfangen, die Jobs endlich auch dem digitalen Zeitalter anzupassen. Vor allem dann, wenn sie nicht in der Lage sind, die Gehälter für ihre Mitarbeiter den Lebensumständen anzupassen. Allein, dass ein Pendler in der Woche auch ein paar Home-Office-Tage einlegen kann, dürfte ihm dabei helfen, bei Kräften zu bleiben und das Familienleben aufrecht zu halten. Vor allem Büroarbeiter können mit nur wenig Mühe des Arbeitgebers auch von daheim aus arbeiten. Zudem muss man es auch mal so sehen: Nur ein gesunder und zufriedener Mitarbeiter kann Leistung bringen!
Dass die aktuellen Zahlen zu Berufspendlern kein gutes Licht auf die Politik und die Wirtschaft in Deutschland werfen, da sind sich auch die Studienführer des IAB und des BBSR einig. Sie ordnen die Ergebnisse ihrer Studien durchweg kritisch ein. Vor allem die hohen Mieten seien ausschlaggebend dafür, dass so viele Arbeitnehmer in das Umland gedrängt werden und so lange auf Achse sind, um von ihrem Wohnort zum Arbeitsort und wieder zurück zu kommen. Dass Unternehmen nicht auf die Probleme ihrer Mitarbeiter reagieren, ist dann nur noch das i-Tüpfelchen in der Sache.
Es muss sich was ändern!