Anlegen, bauen, leihen: Was die Zinsentwicklung für deine Finanzen bedeuten
Vergangenen Sommer hat die Europäische Zentralbank (EZB) die Leitzinsen seit Jahren der Nullzinsen erhöht. Das kommt nun auch bei Sparenden an, die mit Zinsen von mehreren Prozent umworben werden. Doch was ändert sich durch die Zinsentwicklung noch?
Welchen Einfluss haben Leitzinsen?
Mit dem Leitzins legt die Europäische Zentralbank (EZB) fest, zu welchen Konditionen Geschäftsbanken sich Geld von ihr leihen oder es dort anlegen können. Sie gibt den Banken also nicht vor, wie viel Zinsen sie ihren Kund:innen zahlen oder von ihnen verlangen können, aber nimmt über die Leitzinsen indirekten Einfluss darauf.
Mit ihren Zinsentscheidungen betreibt die Institution Geldpolitik, versucht also zu steuern, wie viel Geld im Umlauf ist, um damit den Wert der Währung stabil zu halten. Der Leitzins ist also ein Instrument, das sich auf die Höhe der Inflation auswirken soll.
Die EZB legt verschiedene Leitzinsen fest. Der wichtigste für den Euro-Raum liegt seit dem letzten Zinsentscheid vom 27. Juli 2023 bei 4,25 Prozent. Genau ein Jahr zuvor hatte die Zentralbank die Zinswende eingeleitet, also zum ersten Mal seit Jahren den Leitzins von 0 Prozent auf 0,25 Prozentpunkte erhöht. In kleinen Schritten stieg er in den folgenden Monaten immer weiter.
Die amerikanische Zentralbank Fed hat bereits im Mai 2022 die Zinswende begonnen. Dort liegen die Zinsen aktuell bei 5,25 bis 5,5 Prozent.
Tagesgeld und Co: Wie viel bekommen Sparende von den Leitzinsen mit?
Wer sein Geld auf Girokonto oder Sparbuch liegen hat, wird vom steigenden Zinsniveau dort wahrscheinlich nichts mitbekommen. Anders sieht die Sache für Tages- oder Festgeldkonten aus. Hier werben Banken, Neobroker und andere Anbieter mit Zinsangeboten von drei bis vier Prozent um das Geld der Kund:innen.
Kredite: Wie verändern sich die Bauzinsen und Co?
Bereits in der ersten Jahreshälfte von 2022 – also noch vor den Zinserhöhungen der EZB – haben sich Baukredite sprunghaft um mehrere Prozentpunkte verteuert. Das liegt daran, dass es bei Krediten um die Zinserwartungen für die nächsten zehn Jahre oder länger geht. Bauzinsen hängen also nicht so stark von der aktuellen Leitzinsentwicklung ab.
Wer einen Hausbau so finanzieren will, zahlt dafür aktuell je nach Laufzeit und Beleihung aktuell etwa 3,9 bis 4,6 Prozent Zinsen. Expert:innen von Finanztip gehen davon aus, dass die Bauzinsen auch in den kommenden Monaten noch etwas ansteigen könnten. Bei 4 bis 5 Prozent sehen sie demnach aber das maximale Zinshoch für Baukredite.
Ratenkredite mit kurzen Laufzeiten reagieren hingegen stärker auf die Leitzinsentscheide. Allerdings wirken sich hier auch weitere Einflussfaktoren wie die Inflation und die schwierige wirtschaftliche Lage stärker aus. Deswegen gehen Banken aktuell davon aus, dass weniger Menschen ihre Schulden zurückzahlen können. Gleichzeitig zahlen die Banken durch das gestiegene Zinsniveau mehr für die Refinanzierung bei der EZB. Ratenkredite werden also tendenziell teurer und seltener vergeben.
Wie nutze ich den Zinsansteig für meine persönlichen Finanzen?
Vom März 2016 bis zum Juli vergangenen Jahres lag der Leitzins der EZB bei 0 Prozent. Das war vorteilhaft für Menschen, die einen Kredit nehmen wollten. Banken verlangten dafür nur geringe Zinsen. Auf der anderen Seite zahlten Banken Sparenden auch nur sehr geringe Zinssätze. Konservative Anlageangebote lohnten sich kaum noch. Wer also Geld gewinnbringend anlegen wollte, musste dafür ein vergleichsweise höheres Risiko eingehen.
Wer einen Kredit aufnehmen oder Geld langfristig anlegen möchte, sollte diese Entscheidungen allerdings nicht allein vom Zinsniveau abhängig machen. Aber es kann sich dennoch in machen Fällen lohnen, einen Kredit aufzuschieben, weil man auf sinkende Zinsen hofft. Wer aber hingegen mit steigende Zinsen rechnet, reicht einen Kreditantrag am besten noch kurzfristig vor der nächsten Leitzinserhöhung ein.
Bei der Geldanlage kommt es vor allem auf die Laufzeit an, für die du dein Geld anlegen möchtest. Wer mit steigenden Zinsen rechnet, sollte sich zunächst für eine kurze Dauer entscheiden, um die Möglichkeit zu haben, von den steigenden Zinsen in der Zukunft zu profitieren. Bei sinkenden Zinsen können hingegen längere Laufzeiten und Produkte mit Zinsbindung vorteilhaft sein. Wer von den gerade angestiegenen Zinsen für Tagesgeld profitieren möchte, beeilt sich besser, um sein Geld möglichst langfristig anzulegen.