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Ratgeber

Zins und Zinseszins: So lässt du dein Vermögen fast wie von selbst wachsen

Es klingt für viele erst einmal unglaublich: Vermögen kann sich von selbst vermehren. Wie du das Geld für dich arbeiten lässt und was du beachten musst, erklärt unser Gastautor.

Von Stephan Kintrup
6 Min.
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Wer klug anlegt, lässt sein Geld für sich arbeiten. (Foto: Lovelyday 12/Shutterstock)

Um Vermögen aufzubauen, denken die meisten ganz selbstverständlich daran, wie sie möglichst viel sparen können. Aber mindestens genauso wichtig ist die Frage, was man mit dem gesparten Geld macht. Damit es sich vermehrt, sollte man es gewinnbringend anlegen. Auf diese Weise kann das Geld für einen sozusagen arbeiten.

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Was bedeutet es aber, wenn man sagt, das Geld „arbeitet“ für sich arbeiten zu lassen? Natürlich arbeitet es nicht wirklich, aber man erhält für das Vermögen, das man angespart hat, einen Zins oder eine Rendite. Sprich, ein bestimmter Prozentsatz vom Vermögen wird Jahr für Jahr oder Monat für Monat gutgeschrieben.

Passiert das nicht, wird es durch die Inflation langfristig aufgefressen. Denn genauso, wie sich Geld durch eine Rendite vermehrt, kann es auch ganz heimlich weniger werden. Im Schnitt verliert dein Geld pro Jahr zwei Prozent an Wert durch die Inflation. Das Geld wird zwar nicht weniger, doch indem alles immer teurer wird, kann man sich von dem gleichen Betrag immer weniger leisten.

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Die Macht des Zinseszinses

Wenn dir Zinsen auf deinem Bankkonto gutgeschrieben werden, kannst du sie darauf belassen. Dann erhältst du in Zukunft auf die Zinsen wiederum einen Zins. So wächst dein Vermögen umso schneller. Dies wird auch als Zinseszinseffekt bezeichnet. Auch bei Gewinnen am Aktienmarkt wirkt der Zinseszinseffekt. Um mit Aktien oder ETFs ebenso vom Zinseszinseffekt zu profitieren, muss man Ausschüttungen immer reinvestieren und darf nichts entnehmen.

Wenn Zinsen und Gewinne wiederum zum Wertzuwachs beitragen, nimmt das Vermögen exponentiell zu. Was das genau bedeutet, ist für uns Menschen nicht leicht zu verstehen, da wir uns exponentielles Wachstum schlecht vorstellen können. Deshalb ein Gedankenexperiment, das exponentielles Wachstum veranschaulicht: Wir nehmen ein Blatt Papier und stellen uns vor, wir könnten dieses Blatt beliebig oft falten. Jedes Mal, wenn wir es falten, verdoppelt sich die Dicke. Wie oft müssten wir es falten, bis das Blatt so dick ist, dass es zum Mond reicht? Die Antwort ist: 42-mal.

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Intuitiv würden wir niemals auf das Ergebnis kommen – wir würden von einer viel größeren Zahl ausgehen. Insbesondere, wenn wir uns ein Blatt Papier ansehen und an die Entfernung zum Mond denken. Ein Blatt Papier ist schließlich 0,1 Millimeter dick und der Mond ungefähr 384.400 Kilometer entfernt.

Da die Vorstellung des Zinseszinseffekts so schwer ist, ist die 72er-Regel eine große Hilfe. Mit ihr kannst du näherungsweise berechnen, nach wie viel Jahren sich das Vermögen verdoppelt hat. Dafür teilst du 72 durch den Zinssatz und erhältst die Verdopplungszeit.

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Wie kann man den Zinseszinseffekt nutzen?

Wie könnte man diesen Effekt jetzt für sich nutzen? Indem man sein Geld investiert und dafür einen Zins oder eine Rendite bekommt. Weltweit breit gestreut in Aktien zu investieren hat in der Vergangenheit eine Rendite von circa sieben Prozent pro Jahr ergeben. Um das Risiko zu streuen, investierst du bestenfalls per Aktien-ETF. Da dennoch mit zwischenzeitlichen Schwankungen zu rechnen ist, solltest du wenigstens zehn, besser noch 15 Jahre anlegen.

Wer einen ETF regelmäßig bespart, steigert sein Vermögen durch zwei Faktoren: die Sparrate und die Rendite oder den Zins. Zu Beginn nimmt das Vermögen besonders stark durch die Sparrate zu. Mit steigendem Vermögen trägt der Zinseszins zunehmend bei. Der Zinseszins gibt Rückenwind beim Vermögensaufbau.

Je größer das Vermögen, desto irrelevanter die Sparrate

Wie groß der Betrag konkret sein muss, damit das Vermögen von allein wächst, ist individuell. Es hängt insbesondere von der Sparrate ab. Bei einem Vermögen von 100.000 Euro steigt es bei einer Rendite in Höhe von sieben Prozent jährlich um 7.000 Euro – ohne dass etwas hinzugespart wird. Um das Vermögen allein durch das Sparen und ganz ohne Rendite um 7.000 Euro zu erhöhen, müsste man monatlich rund 583 € ansparen. Dies ist für viele schon eine sehr hohe Sparrate. Je höher die Sparrate ist, desto höher muss auch das Vermögen sein, um genügend Gewinne erzielen zu können, damit das Vermögen wie von selbst wachsen kann.

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So funktioniert es mit 2.000 Euro netto

Nehmen wir an, du verdienst monatlich 2.000 Euro netto und legst davon 20 Prozent am Aktienmarkt an. Über die restlichen 1.600 Euro kannst du frei verfügen. Das angelegte Geld legt jährlich um sieben Prozent zu. Zur Vereinfachung vernachlässigen wir die Inflation und die Steuer.

Nach ungefähr zehn Jahren hätte man 48.000 Euro eingezahlt und dank des Zinseszinseffekts beträgt das Gesamtvermögen 70.961 Euro. Die Rendite hat im ersten Jahr 336 Euro zum Vermögenszuwachs beigetragen und im zehnten Jahr 4.642 Euro. Im zehnten Jahr ist die Rendite etwa so groß wie die jährliche Sparrate. Der Zinseszinseffekt gibt also gewissermaßen ganz von allein einen Teil zur Sparrate dazu. Das Vermögen würde sich jetzt praktisch von selbst vermehren.

Ab einem bestimmten Vermögen könnte man sogar abwägen, ob man einfach gar nichts mehr zur Seite legt und den Zinseszinseffekt ganz allein für sich arbeiten lässt. Würde man die Sparrate beibehalten, hätte man nach 32 Jahren circa 566.000 Euro beisammen. Von diesem Vermögen könnte man sich vorsichtig jährlich 3,5 Prozent auszahlen lassen. So würde man ungefähr so viel entnehmen, wie man auch vorher schon zur freien Verfügung hatte – monatlich 1.651 Euro.

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14 Internetmilliardäre, die kein Schwein kennt Quelle: Tableau

Falls man nach zehn Jahren nicht mehr gespart hätte, wären aus den circa 71.000 Euro nach 32 Jahren rund 314.000 Euro geworden. Da sich das Vermögen bei einer Rendite von sieben Prozent circa alle zehn Jahre verdoppelt, ist es rund 22 Jahre später mehr als viermal so viel. Würde man wie im vorherigen Beispiel jährlich 3,5 Prozent entnehmen, wären dies rund 11.000 Euro pro Jahr oder monatlich 917 Euro.

Natürlich hätte man mehr Geld, wenn man dauerhaft spart – logisch. Der Unterschied ist allerdings interessant. Spart man nur die ersten zehn statt die gesamten 32 Jahre, hat man hinterher trotzdem gut die Hälfte des Vermögens. Dies zeigt sehr deutlich, dass man möglichst früh anfangen sollte zu investieren. So kann man sein Vermögen und die Zeit für sich arbeiten lassen. So kann man es sich sogar erlauben, später weniger oder sogar gar nicht mehr zu sparen.

Was heißt das für den Vermögensaufbau?

Damit dein Geld für dich arbeiten kann, solltest du es am Kapitalmarkt anlegen. Dies ist besonders einfach per ETF-Sparplan möglich. Die durchschnittliche Rendite des breiten Aktienmarktes lag in der Vergangenheit jährlich bei circa sieben Prozent. Langfristig sollte sie auch in Zukunft ähnlich hoch sein. Gleichwohl können Phasen mit deutlich schlechterer oder besserer Entwicklung eintreten. Daher solltest du bei Aktien-ETF mindestens zehn, besser noch 15 Jahre nicht an dein Geld ranmüssen.

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Was eine Rendite von sieben Prozent bedeutet, ist für uns kaum vorstellbar. Das angelegte Geld verdoppelt sich ungefähr alle zehn Jahre – ganz ohne Sparrate. Das bedeutet nach circa zehn Jahren eine Verdoppelung, nach 20 Jahren eine Vervierfachung, nach 30 Jahren eine Verachtfachen und nach 40 Jahren ist es 16-mal so viel. Daher kommt uns der Zinseszinseffekt magisch vor. Insbesondere für die langfristige Geldanlage, beispielsweise für die Rente, ist der Aktienmarkt daher besonders ratsam.

Welch wichtige Rolle die Zeit spielt, zeigt auch die Erfolgsgeschichte von Warren Buffett. Die 93-jährige Börsenlegende profitierte vom Zinseszinseffekt durch sein langes Investment enorm. Mit 30 Jahren besaß er eine Million US-Dollar, mit 55 Jahren mehr als eine Milliarde und aktuell rund 130 Milliarden Dollar.

Auch wenn das Vermögen zu Beginn nur langsam wächst, nimmt der Vermögenszuwachs mit der Zeit immer stärker zu. Der größte Hebel dabei ist die Zeit. Folglich ist es ratsam, möglichst früh mit dem Investieren zu beginnen. Mit einem hohen Vermögen wächst es schließlich wie von selbst, sodass es durch die Rendite um ein Vielfaches der Sparrate steigen kann. So kann es sein, dass du gar nicht mehr zusätzlich sparen musst, wenn du genügend Vermögen und Zeit hast.

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Kommentare (4)

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J. Dünow

Hallo und danke für den Artikel.

Es fehlt jedoch einmal die Prozent-Bezeichnung: bei „3,5 Euro“ ist eigentlich „3,5 Prozent“ als Entnahme gemeint.

HarryHH

Sehr interessant.
Ich habe 55.500 bei bunq für z.Zt. noch 4,5 % gebunquert.
Das bringt ca. 48 €nen, gezahlt wird jeweils in 7 Tagen.

Ist ja auch alles sehr schön.
Was im Artikel zwar erwähnt wird, in der Berechnung aber fehlt, sind die Steuern auf die Zinsen. Die sind erheblich und bei den meisten auch eine Doppelbesteuerung -das Spargeld kommt ja aus bereits besteuerten Einkünften …

Flolo

Neben fehlenden Steuern ist die Frage nach Inflationsbereinigung das Wichtigste. Sind die hier genannten Zahlen inflationsbereinigt? Für die Berechnung der Rendite muss immer die Inflationsrate vom Zinssatz abgezogen werden. LG

Paul

Ohne Inflation (insbesondere bei Angaben von 30 Jahren) ist das schon krass irreführend. Die im Artikel erwähnten 1650€ haben doch in 30 Jahren eine viel geringere Kaufkraft als noch heute. Etwa 900€ bei 2% Inflation.

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