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Zukunftsforscher Tristan Horx im Changerider: „Die Zukunft läuft nie linear ab“

Mit dem Video- und Podcastformat Changerider wollen Etventure-Gründer Philipp Depiereux und t3n den Menschen die Angst vor der Digitalisierung und dem Wandel nehmen. In der aktuellen Folge fährt Zukunftsforscher Tristan Horx vom renommierten Zukunftstinstitut mit.

Von Christian van Alphen
5 Min.
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Zukunftsforscher Tristan Horx im Changerider. (Foto: Changerider)

Disclaimer: Das Video wurde bereits 2019 und damit vor der Corona-Pandemie aufgezeichnet. Wir haben jetzt mit Tristan Horx auch noch einmal über die Auswirkungen der aktuellen Krise gesprochen.

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Zukunftsforschung klingt ziemlich faszinierend, erst recht in Zeiten wie diesen. Wie überraschend kam da eigentlich die Corona-Pandemie? „In unseren Modellen gibt es die sogenannten X-Events“, erzählt Horx. Dies seien Geschehnisse, die so groß sind, dass sie alle Systeme gleichzeitig überfordern und so zu einem Kollaps führen. „Ganz so schlimm ist Corona nicht, aber es bringt uns definitiv an unsere Limits. Zusätzlich sind X-Events nicht prognostizierbar, wir wissen also, dass sie eintreten können, sind uns aber auch bewusst, dass der Zeitpunkt nicht vorhersehbar ist. Insofern ist die Überraschung bei uns mitgedacht und wir konnten relativ schnell in die Analyse übergehen.“

Generell liegt ein Großteil der Arbeit eines Zukunfts- und Trendforscher in der Analyse der Gegenwart, erzählt Horx im Changerider. „Und dann geht es in die Prognose. Wie kann man voraussagen, wann was passiert? Der größte Fehler ist, sich ein Datum rauszusuchen und zu sagen, das passiert genau dann.“ Das Konzept, mit dem das Zukunftsinstitut arbeitet, besteht aus den sogenannten Megatrends, die einen Zeithorizont von 50 Jahren haben. „Da kann man dann sagen, innerhalb dieses 50 Jahre andauernden Prozesses gibt es eine generelle Richtung, in die sich ein Thema bewegt – aber Zukunft läuft nie linear ab.“

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„Was kommt eigentlich nach der Digitalisierung?“

Bei den Haupttrends für die Wirtschaft fängt auch Horx bei der Digitalisierung an. Allerdings hält er fest, es sei ein todgeprügeltes Wort, weil es jeder ständig für alles verwende. Dadurch habe es auch keine besondere Aussagekraft mehr. „Aber was man in diesem Feld, in dem wir arbeiten, ganz oft merkt, ist, dass es auf der einen Seite die Menschen gibt, die sehr stark auf Technologie fokussiert sind. Die sagen, wir werden irgendwann alle zu Cyborgs und fliegen alles mit Drohnen ab. Dann hat man auf der anderen Seite die Menschen, die einen starken gesellschaftlichen Fokus haben und sich mit den gesellschaftlichen Konsequenzen auseinandersetzen. Und beide Seiten schreien eigentlich ganz gerne nach dem Weltuntergang. Wir schaffen hier eine Schnittstelle.“

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Dabei gehe es weniger um die Frage, was man noch alles digitalisieren und automatisieren könne. „Das wissen die Unternehmen in ihrem Sektor ohnehin viel besser. Wir beschäftigen uns stärker damit, was bedeutet das beispielsweise für den Faktor Mensch oder für den Faktor Psyche. Das nennen wir aktuell – etwas provokativ – das postdigitale Zeitalter. Also was kommt eigentlich nach der Digitalisierung? Denn wir gehen davon aus, durch Digitalisierung müssen wir uns jetzt durcharbeiten. Das schaffen wir schon.“ Unternehmen müssten sich dabei aber auch bewusst machen, dass wir uns raus aus dem Industriezeitalter, rein in das Kreativzeitalter und die Wissensökonomie bewegen.

„Die Welt nach Corona wird nicht die Fortschreibung der Vergangenheit sein“

Bezogen auf die aktuelle Coronakrise ist eine zentrale Frage, wie mit Zukunft umzugehen ist, wenn sie unsicherer denn je erscheint. Für Horx ist klar, die Welt nach Corona wird nicht die Fortschreibung der Vergangenheit sein. „Wir sehen in unseren Megatrend-Analysen, dass viele Dynamiken, die vorher noch Randerscheinungen waren, jetzt maßgeblich beschleunigt wurden. Das einfachste Beispiel ist natürlich das Homeoffice – das wurde jetzt durch die Krise forciert, und wir können endlich sagen: ‚Willkommen im 21. Jahrhundert‘. Aber auch in Fragen des Überkonsums, der Überbeschleunigung der Gesellschaft wird etwas Positives von Corona übrig bleiben. Denn wir haben alle gleichzeitig auf den Pausenknopf gedrückt und haben gelernt, dass das gar nicht so schlimm ist, wie wir uns das immer eingeredet haben.“

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Die Prognose für das Jahr 2021 fällt gemischt aus. Wirtschaftlich werde es zunächst hart. „Viele Unternehmen werden jetzt klinisch am Leben erhalten und müssen nächstes Jahr Insolvenz anmelden. Das wird wehtun. Allerdings gehe ich davon aus, dass wir im Frühling und Sommer nächsten Jahres langsam in Richtung einer guten Impfstrategie gehen und dies in der Gesellschaft ein Gefühl der Euphorie entfachen wird. Wir werden das Virus besiegt haben, uns wieder treffen, umarmen und feiern können. Nach dem harten Winter kommt also ein schöner Frühling, wenn wir auch gleichzeitig in der Wirtschaft viele Opfer zu beklagen haben werden. Aber auch in diesem Kontext muss man sagen, historisch gesehen gab es einige Zeit nach jeder Pandemie ein Wirtschafts- oder Kulturwunder. Insofern kommen auch hier noch bessere Zeiten auf uns zu. Es kann praktisch nur bergauf gehen.“

„Das Bildungssystem bildet nicht ausreichend für die moderne Wirtschaft aus“

Spannend in dem Kontext sind auch seine Gedanken, was die heute jüngere Generation für ein Skillset für die Arbeitswelt, aber auch ganz generell für die Welt der Zukunft benötigt. „Da hat man das Gefühl, dass uns das Bildungssystem nicht mehr für die moderne Wirtschaft ausbildet. Der große Umbruch kam mit der Demokratisierung von Information. Ich als Schüler mit einem Handy in der Tasche habe Zugang zu mehr Wissen als das Hirn meines Lehrers. Trotzdem ist es die große Aufgabe des Lehrers, mir Wissen und Information zu vermitteln, statt – und, das glauben wir, wäre das wichtigere – Skillsets.“ Das beginne aber bereits in der Ausbildung der Lehrer. Da ginge es auch im überwiegenden Maße darum, das Hirn der Lehrer mit Informationen zu füttern, statt sich mit Pädagogik auseinanderzusetzen. „Pädagogik wäre ja dann beispielsweise ein Skillset, was man bräuchte, um dann einem Schüler beizubringen, wie man gerne lernt, wie man Wissen scannt, wie man meta und vernetzt denkt.“

Im Changerider spricht Horx außerdem über das Konzept der radikalen Ehrlichkeit („Jeder Mensch lügt im Durchschnitt etwa 100 Mal pro Tag“), Sharing Economy („Ich glaube sehr daran, dass es möglich ist, den Lebensstandard zu halten oder sogar zu verbessern, ohne so viel zu verschwenden“) und was der Wandel an Anpassungsqualitäten von der Automobilindustrie abverlangt.

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Als weiteren Changerider-Gast nominiert Horx einen guten Freund, Stefan Lenglinger, den jüngsten Moderator beim ORF – Österreichs öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt. „Er setzt sich sehr stark mit neuen Medien auseinander, verbunden mit der Frage, was kann eine Rundfunkanstalt wie der ORF daraus lernen.“

Sein Appell zum Abschluss der Fahrt bezieht sich auf sein Konzept der radikalen Ehrlichkeit: „Versuchen Sie es mal, einen Tag lang 100 Prozent die Wahrheit zu sagen. Alles, was in den Kopf kommt, wird auch direkt ausgesprochen. Sie werden sehen, dass sich Ihr Umgang mit dem, was Wahrheit ist, verändert. Es hilft Ihnen auch, mit so etwas wie Filterblasen umzugehen. Und wenn man dadurch die menschliche Kommunikation etwas reparieren kann und auch die Kommunikation mit sich selbst, hilft das uns allen.“ Und heute, verbunden mit der Corona-Pandemie, sagt er: „Im ersten Lockdown gab es eine Solidarität, die wir in der Form lange nicht mehr hatten – generationsübergreifend. Wir sollten uns daran erinnern, was alles möglich ist, wenn wir gemeinsam an einem Strang ziehen. Mit sozialer Intelligenz und anschließend technischer Innovation können wir jede Krise meistern.“

Ihr kennt ebenfalls Querdenker, Gamechanger und unermüdliche Optimisten, die für den digitalen Wandel einstehen? Nominiert sie als Changerider-Mitfahrer! Diese und alle weiteren Folgen sind als Video und ausführliche Gespräche im Podcast bei Apple Podcast, Soundcloud und Spotify verfügbar oder nachzulesen im Changerider-Buch: „Changerider: Pioniergeister statt Bedenkenträger: Wie mutige Macher aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft unsere Zukunft gestalten“ – überall, wo es Bücher gibt, und auf changerider.com.

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Dein t3n-Team

Marco

Die Bezeichnung Querdenker im letzten Absatz ist nach den Ereignissen in der jüngsten Vergangenheit nicht so gut gewählt…

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