10 Tipps für die perfekte Präsentation

Die perfekte Präsentation ist keine Frage der Technik. Top-Speaker machen fünf Slides mit einer Handvoll Bildern und erzählen damit ihre Geschichte. Denn die ist es, auf die es wirklich ankommt. Aber natürlich kann Powerpoint-Insiderwissen dabei helfen, die Story optimal zu unterstützen.
1. Wer präsentiert was für wen?
Die Erwartungen des Publikums bestimmen die Storyline. Egal, ob ihr sie erfüllt oder fundamental dagegen verstoßt, sie bleiben die Richtschnur. Das Ziel ist es, Denkanstöße zu geben. Das schafft ihr nur, wenn ihr den Teilnehmern nicht alles vorkaut.
Merke: Haltet keinen Vortrag, ohne dass ihr vorher beim Veranstalter gefragt habt, wer eigentlich das Publikum ist.
2. Die spannende Story
Die perfekte Präsentation folgt einem klassischen Spannungsbogen, etwa der Heldenreise. In Zeiten kurzer Aufmerksamkeitsspannen fehlt aber ein Element, nämlich der packende Einstieg (siehe Punkt 4). Schon der Abstract auf der Website oder die Einladung zum Vortrag muss Spannung erzeugen.
Das wichtigste Element jeder Story aber ist der Widerstand, der Konflikt. Es gibt hier zwei Kardinalfehler, die man unbedingt vermeiden muss:
- Kein Widerstand: Frau X wählt Lösung Y aus dem Hause Z und erreicht das gewünschte Ziel. Wow!
- Künstlicher Widerstand: „Bezahlen war immer ganz furchtbar umständlich, bevor es Mobile Payment gab.“
Wer seine Geschichte auf einer unsinnigen These aufbaut, kann keine glaubwürdige Story erzählen.
Merke: Der einfachste Weg zum Widerstand in der Geschichte sind die Pain-Points eurer Zielgruppe.
3. Der lässige Auftritt
Wer Angst hat, präsentiert schlecht. Es gibt zwei Wege, um angstlos zu präsentieren:
- Üben: Das geht vor der Familie, aber auch in Virtual Reality. Eine Videoaufnahme mit dem eigenen Smartphone hilft enorm.
- Persönliche Geschichten: Über Persönliches erzählen wir oft angstfrei, weil es immun gegen Widerspruch ist. Es ist ja ein Erlebnis oder eine individuelle Wahrnehmung. Der Alibaba-Gründer Jack Ma erzählte Anfang 2018 beim Weltwirtschafts-Forum in Davos von seinem jämmerlichen Scheitern zu Beginn seiner Berufslaufbahn. Wer so startet, kann im Laufe seines Vortrags fast nur noch gewinnen.
Merke: Sucht euch einen sympathischen Menschen im Publikum und sprecht genau diesen an.
4. Der neugierig machende Einstieg
Es gibt rund ein Dutzend Methoden, Spannung zu erzeugen. Hier einige Beispiele:
- Neugier: Die typische Variante dafür ist der Cliffhanger. „SEO und Brand-Marketing waren lange verfeindet, aber inzwischen…“
- Fantasie: Bringt das Publikum dazu, in eigenen Bildern zu denken: „Ihr Auto hat eine Panne und der Akku vom Smartphone ist leer…“
- Kognitive Dissonanz: Nehmt einen krassen Widerspruch an den Anfang. „Wie die Gesellschaft vom Klimawandel profitiert“. Natürlich solltet ihr den auch auflösen können.
- Ciceronische Argumentation: Die Autos, die Tesla baut, sind fantastisch, sagt Akyo Toyoda, der Chef von Toyota. Ein fiktives Zitat, aber kein schlechtes, wenn man vergleicht, wie die deutschen Autobauer die Musk-Company jahrelang kleingeredet haben.
Konfuzius sagt: Wer seinen Feind lobt, lobt sich selbst. Das Publikum merkt den Widerspruch sofort und ist gespannt auf die Auflösung. - Das Versprechen: Schaut in den Teaser dieses Artikels (falls ihr ihn schon vergessen habt).
Merke: Steigt niemals mit allgemeinen Wahrheiten, Plattitüden, Common Sense oder Tautologien ein. Wenn euch der Satz „das wisst ihr ja längst“ zu einer Folie einfällt, dann schmeißt sie weg („Wir sind im mobile Zeitalter angekommen“).
5. Das bessere Bild
Wer ein Bild verwendet, für das er keine Lizenz besitzt, wird mit hoher Wahrscheinlichkeit ertappt. Das war früher in kleinen geschlossenen Konferenzräumen anders.
Tipp: Achtet beim nächsten Spaziergang mal darauf, wie viele Stockfotos ihr selbst mit dem Handy machen könnt. Das Verkehrsschild, die Ampel, die Wiese, das baufällige Haus.
Nutzt Stock-Images nur für Metaphern. Es muss nicht unbedingt um die große, transzendierende Metapher gehen. Auch die vielen kleinen („wir machen den Weg frei“) beleben die Sprache und lösen kleine Gedankenimpulse aus. Mindestens ein oder zwei Mal im Vortrag solltet ihr auch das Publikum aktiv zum Nachdenken auffordern: „Stellt euch euren liebsten Urlaubsort vor“.
6. Slides sind keine Speakernotes
Reduziert die Folien auf maximal fünf Kernaussagen. Den Rest steckt ihr als Fließtext in die „Notizen“. Macht euch die Mühe, zu jeder Folie einen kurzen Fließtext zu schreiben. Selbst wenn ihr den Text nicht im Vortrag verwendet, habt ihr dennoch:
- Ein Backup, wenn ihr einen Hänger habt.
- Ein richtig gutes Handout.
- Top-Content für das Seeding (Punkt 10).
Idee: Setzt euch an einen ruhigen Ort, startet Siri oder den Google Assistant und sprecht mit ruhigem Duktus, was euch zur Folie einfällt. Die Spracherkennung zwingt euch zu langsamem Tempo und deutlicher Aussprache. Mailt euch den Text selbst und schon habt ihr euch das Tippen erspart.
7. Animationen, GIFs, Erklärvideos
Effekte lenken vom Inhalt ab, statt ihn zu verstärken. Nur wenn der Effekt dezidiert die Geschichte vorantreibt, hilft er weiter.
- Animationen: Weicher Übergang = Evolution; harter Wechsel zur nächsten Folie = neue Perspektive
- GIFs: Probiert selbst mal einen Tanzschritt oder den Ausruf „Oh My God“. Ist viel cooler, wenn der Speaker das macht.
- Erklärvideos: Der Speaker ist zu faul, selbst zu erzählen. Außerdem haben die meisten Videos dummerweise keinerlei Spannungsbogen. Alles läuft glatt, was es in der Realität nie tut.
Im Übergang ist Platz für eine Pause, eines der wichtigsten Instrumente beim Live-Storytelling. Lasst dem Publikum Zeit, Gesehenes und Gehörtes zu verarbeiten. Und wenn nach dem Folienwechsel bereits die (sinnvolle) Überschrift der nächsten Slide zu sehen ist, erzeugt die Pause zusätzlich Spannung.
Eine besondere Form des Übergangs ist der Morph. Hier verändert sich eine Form oder Position eines Objekts dynamisch in eine andere. Das ist ein gutes Instrument, um eine Wendung in der Story zu illustrieren. Wenn etwa aus einem Hindernis eine hilfreiche Rahmenbedingung wird.
Handgezeichnete Elemente helfen beim Storytelling, wenn der Zuschauer neugierig ist, was als nächstes kommt. Tools wie Doodly funktionieren nur dann gut, wenn es sich um gezeichnete Inhalte handelt. Auf Plattformen wie Fiverr findet ihr Zeichner, die so etwas als Auftragsarbeit machen. Dadurch könnt ihr nicht nur der Animation, sondern der gesamten Präsentation einen eigenen Stil geben und umschifft so auch die Urheberrechtsproblematik… es sei denn, ihr lasst das Apple-Logo nachzeichnen.
Wichtig: Die Lösung basiert auf einer aktiven Handlung des „Helden“. Er sucht, recherchiert, fragt Experten, liest Zeitschriften oder ähnliches und findet den Ausweg. Nichts ist langweiliger als die Lösung eines Konflikts durch Zufall zu finden oder wenn sie wie Manna vom Himmel fällt.
8. Der variable Ausstieg
Das Ende des Vortrags ist mindestens so wichtig wie der neugierig machende Beginn. Ihr wollt hier eure Botschaft beim Zuhörer verankern. Widersteht der Versuchung, nach dem Ende noch einen weiteren Minivortrag anzuschließen. Lasst den gesetzten Punkt auch wirken.
Es ergibt also Sinn, einen pointierten Ausstieg über mehrere Folien zu stylen. Zum Beispiel kann man eine Geschichte vom Beginn des Vortrags wieder aufnehmen: „Seht, so kommt es, dass rosafarbene Elefanten doch fliegen können“.
Der Trick ist nun, dass ihr diesen Ausstieg von jeder Folie aus direkt anspringen könnt, wenn Zeitverzug entsteht. Ihr wollt am Ende nicht zehn Folien schnell durchklicken, um zum wichtigen Ende zu kommen. Also setzt einen versteckten Hyperlink auf die Masterfolie, der auf die erste Folie der Ausstiegssequenz zeigt.

(Screenshot: Frank Puscher)
Während ihr vortragt, könnt ihr den Link direkt anklicken und mit eurem „Finish“ beginnen, oder ihr drückt die Tab-Taste, um das verlinkte Element auszuwählen (schraffiertes Rechteck) und drückt dann „Enter“. Beide Techniken funktionieren auch, wenn ihr auf einem fremden Rechner präsentiert.
Im Ergebnis entsteht ein schlüssiger Spannungsbogen für die Geschichte und ihr hinterlasst den Eindruck eines Speakers, der seine Zeitsteuerung im Griff hat.
9. Nie ohne Call-to-Action
Der Call-to-Action ist ein kontinuierliches Element während des gesamten Vortrags. Hier unterscheidet sich ein Businessvortrag signifikant von einer Vorlesung.
Einfache Calls lauten: „Stellt euch vor“, „versetze dich in die Lage“ oder „erinnern Sie sich“. Um das emotionaler aufzuladen, könnt ihr mit ein paar Details aushelfen: „Riechen Sie den Cappuccino“ oder „hört das Rauschen der Wellen“.
Aber auch die ganze Präsentation ist ein Call-to-Action. Ihr wollt, dass euer Publikum schlauer, nachdenklicher oder erfolgreicher aus dem Vortrag herauskommt. Vergesst also nie den „nächsten Schritt“ am Ende des Vortrags. Direkte Fragen, Fragen im Nachgang per E-Mail, Downloads, weiteres Recherchematerial, nächste Veranstaltungen und so weiter.
Verbindet den CTA organisch mit dem, was ihr vorher gesagt habt. „Wenn ihr eure Website optimieren wollt, könnt ihr euch mal den Artikel mit diesen zehn Tipps durchlesen.“
10. Vorträge als Evergreen-Content
Slideshare und das wars? Ihr vergeudet wertvolle Recherchezeit und Content-Aufbereitung, wenn ihr nicht mehr aus einem Vortrag macht.
- Die erfolgreiche Testaufzeichnung wird zum Video, das auf Youtube landet.
- Ausschnitte daraus funktionieren als Teaser bei Instagram und Facebook.
- Verschickt Zitate (auch als Audio-File) an Medien und Podcaster mit dem Hinweis auf die Aufzeichnung des Vortrags.
- Bündelt eure Recherchequellen zu einem Whitepaper und bietet es zum Download an.
- Erzeugt ein Transkript des Vortrags und macht daraus einen oder mehrere Blog-Artikel.
- Extrahiert die „10 Tipps“ aus dem Vortrag und bietet sie Redaktionen als Gastartikel an.
- … und so weiter.
Idee: Habt ihr schon mal darüber nachgedacht, mit einer solchen These ein T-Shirt zu bedrucken? Das könnte ein cooles Outfit für euren nächsten Vortrag sein – „Storytelling eats Tools for Breakfast“.
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Was ein toller Beitrag! Hat mir wirklich sehr geholfen. Zumal ich ein kleiner Angsthase bin, was das präsentieren vor Leuten angeht. Aber ich denke je öfter man es macht, desto besser wird man und desto eher vergeht die Angst. Man muss sich einfach trauen und aus seiner Komfortzone austreten. Genau in diesen Momenten wächst man am meisten. Die Tipps werde bei meiner ersten bevorstehenden Präsentation definitiv umsetzen.
Liebe Gesina, was für ein schöner Kommentar. Vielen Dank. Es gibt noch eine Langfassung des Textes bei mir im Blog: http://speakersdelight.com/der-perfekte-vortrag-teil-1-was-will-das-publikum/, denn wollte ich in der Ergibigkeit den geschätzten Redakteuren bei der T3N aber nicht zumuten.