Als 1972 der erste Zug des U- und Stadtbahn-Systems Bart (Bay Area Rapid Transport) einen Bahnhof verließ, galt diese sogenannte Bay Area um San Francisco umspannende Bahninfrastruktur als innovativ und wegweisend. Mit ihren polierten Aluminiumwaggons, die mit Teppichboden und Einzelsitzen ausgestattet waren, sollte Bart ein neues Zeitalter des öffentlichen Personennahverkehrs einläuten.
San Francisco ließ sich 1972 ÖPNV auf den Leib schneidern
Das gesamte System inklusive der Steuerungssoftware wurde konkret auf den Anwendungszweck zugeschnitten, Standardbauteile wurden praktisch nicht eingesetzt. Jedes Bauteil war eine Maßanfertigung.
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Den Auftrag für die Errichtung von Bart erhielt kein Bahnbauer, sondern ein Unternehmen der Luft- und Raumfahrttechnik. Die ursprünglich 450 Wagen des Systems kosteten Anfang der Siebziger 160 Millionen US-Dollar. Sie waren bereits vollelektrisch und fuhren nahezu autonom.
Hatten die Betreiber zunächst gehofft, dass sich Bart nun als Modell für ganz Nordamerika durchsetzen würde, zeigte sich recht schnell, dass diese Hoffnung jeder Grundlage entbehrte. Allenfalls einzelne Aspekte des Bart-Systems inspirierten Bahnplaner in anderen Landesteilen.
Maßanfertigungen erweisen sich 50 Jahre später als Problem
Wie nun die Tageszeitung Mercury News anlässlich des 50-jährigen Geburtstags der Bay-Area-Bahn berichtet, rächt sich schon seit mehr als einer Dekade die sehr spezielle Herangehensweise mit den vielfältigen Spezialanfertigungen. Zwar ist die Flotte inzwischen ausgedünnt, aber es gibt immer noch eine ganze Reihe der silberblauen Züge, die am Laufen gehalten werden wollen.
Und das ist offenbar gar nicht einfach. Allein um Änderungen im Zugsteuerungssystem vornehmen zu können, benötigen die Ingenieure Uralt-Laptops, auf denen sie noch MS-DOS, das Microsoft-Betriebssystem der Siebziger und Achtziger des vergangenen Jahrhunderts, laufen lassen können.
Dazu horten sie eine große Zahl ausrangierter Laptops, bei denen sie immer wieder Teile tauschen, um sie lauffähig zu halten. Die neuesten dieser Geräte stammen aus dem Jahr 2000.
Ersatzteile von Ebay und aus dem Schrott
Auf der Suche nach Mikrochips durchforsten sie des Öfteren Ebay, andere Ersatzteile versuchen sie, aus ausrangierten Wagen zu entnehmen. Jeder Bart-Triebwagen, der ausfällt, ist eine Fundgrube an Ersatzteilen für die anderen.
„Wir haben buchstäblich mit einem Bild angefangen und verschiedene Hersteller und Ebay auf der Suche nach einem ausgefallenen Teil durchforstet“, bestätigt Reparaturexperte John Allen gegenüber Mercury News und ergänzt: „Manchmal wissen wir nicht einmal, wie das Teil heißt.“
Trotz der Schwierigkeiten bei der Ersatzteilbeschaffung sind noch 56 Triebwagen der ersten Generation sowie 400 weitere Wagen aus den Siebzigern und Achtzigern in Betrieb.
Alte Bart-Züge fahren innerhalb von 2 Jahren auf den Schrottplatz
Das ändert sich nun. Die meisten der Bart-Wagen sollen innerhalb der nächsten zwei Jahre ausgemustert werden. Nostalgiker kümmern sich bereits darum, möglichst viele Wagen für Ausstellungen und Museen zu retten. Auch Unternehmen zeigen Interesse an den Designwaggons der Siebziger.
An die Stelle der alten Wagen wird die 2,6 Milliarden Dollar teure „Flotte der Zukunft“ treten, die bereits fast ein Drittel der Züge ausmacht. Die verärgert derzeit noch mit Softwareproblemen, basiert dafür aber auf einer modernen, leicht wartbaren Sprache in einem standardisierten System. Auch die Wagen sind keine Spezialanfertigungen mehr.
Die Reparaturexperten der Bahn bewerten den Umstieg nicht uneingeschränkt positiv. Sie hätten die Flotte durchaus gern weiter betrieben.
Schade. Verstehe nicht, warum man nicht zumindest eine am Netz lassen konnte.
50 Jahre Betrieb wird keine „moderne“ Flotte halten.
Mit ein paar ESP32 hätte der örtliche Hackerclub neues Leben in die Bahn einhauchen können.
hm.. irgendwie komisch. MS-DOS kam erst Ende 1981 bzw. Anfang 1982 heraus.
Wenn dieser Zug bzw. das System von 1972 ist, kann MS-DOS ja nicht die Grundlage gewesen sein. Evtl. gibt es irgendwelche Servicesoftware für einzelne Systeme, die im Laufe der Zeit hinzukam.
Oder es gab mal ein größeres Upgrade von Teilen der Steuererungstechnik, was dann MS-DOS oder Windows basiert war. Ich tipp aber eher auf Servicesoftware oder Wartungssysteme.
Ansonsten: Nach 50 Jahren täglichem Betrieb sind üblicherweise denn auch alle mechnischen Teile
verschlissen, von der Innenausstattung mal abgesehen. Da könnte eine Neuanschaffung dann wirklich effizienter und ökonomischer sein.
Was ich mich auch frage, ob es nicht möglich ist, MS-DOS über eine virtuelle Maschine laufen zu lassen. Oder ist das zu „alt“ dafür?
Soweit ich weiß, hat IBM MS-DOS entwickelt und Microsoft Gründer Bill Gates hat dieses System von IBM aufgekauft und weiterentwickelt.
Auf meinem Mac läuft DOS und Windows 95. Wo ist also das Problem?
„Die Flotte der Zukunft“, die noch mit Softwareproblemen zu kämpfen hat …. ist schon klar, denn vor 50 Jahren waren auch diese Züge das modernste, was es auf dem Markt gibt. Für Züge ist das eine sehr lange Zeit. Vor alledem, für Computer und Software, ist dies eine unglaublich lange Zeit.
Zu dieser Zeit waren noch Bandlaufwerke und große Diskettenlaufwerke Standard. Dann gab es mal die ersten Trommellaufwerke, die weiterentwickelt wurden zur Festplatte … Äh Moment … ach ja, die gibt es ja in dieser Form gar nicht mehr, denn die elektronischen Speicher sind heute sehr viel kleiner geworden.
Auch die Computersprache hat sich im Lauf der Zeit immer weiterentwickelt und so kommt man ins Grübeln, wie wir in den nächsten 50 Jahren die EDV programmieren?
eine tolle Bahn . Kenne sie aus Anfang der neuziger Jahre. War sehr bequem mit ihr zwischen Berkeley und San Francisco zu pendeln.