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Analyse

3D-Fitting und Live-Shopping: Wie die Otto Group mit Innovationen gegen die Krise ankämpft

Die Otto-Group hat ihr Jahresergebnis bekannt gegeben und man kann urteilen, dass der zweitgrößte E-Commerce-Player in Deutschland bisher mit einem blauen Auge davongekommen ist. Doch die Lage bleibt schwierig und die Otto Group will an vielen Stellschrauben drehen.

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Otto-Zentrale in Hamburg. (Foto: Otto Group)

Die E-Commerce-Umsätze der Otto Group zeigen sich nach ersten Prognosen für das laufende Geschäftsjahr 2022/23 (bis Ende Februar 2023) trotz des anhaltend schwierigen gesamtwirtschaftlichen Umfelds auf hohem Niveau stabil: So wird der in Deutschland zweitgrößte E-Commerce-Händler nach Amazon voraussichtlich wie im Geschäftsjahr 2021/22 einen E-Commerce-Umsatz von 12,1 Milliarden Euro erzielen. Gegenüber dem Vorjahreszeitraum ergibt sich auf vergleichbarer Basis nur ein leichter Rückgang der Online-Umsätze um rund zwei Prozent. Zum Vergleich: Der E-Commerce-Umsatz der Otto Group lag im Geschäftsjahr 2019/20 – also vor Corona – bei etwa acht Milliarden Euro, also zwei Dritteln von heute.

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Unterschiedlich lief die Entwicklung in den einzelnen Märkten. Beispielsweise sanken die E-Commerce-Umsätze im von der Wirtschaftskrise stärker betroffenen Deutschland auf vergleichbarer Basis um rund acht Prozent auf knapp 7,5 Milliarden Euro, während sie im Ausland um etwa acht Prozent auf rund 4,6 Milliarden Euro zulegten.

Zahl der aktiven Kund:innen steigt

Entscheidend ist in diesem Zusammenhang der Hinweis, dass das Geschäftsjahr der Otto Group jeweils zum März beginnt – im vergangenen Jahr also kurz nach dem russischen Überfall auf die Ukraine. Daher sind die stark positiven Wachstumsraten der Monate Januar und Februar 2022 nicht berücksichtigt und konnten noch im letzten Jahr für gute Zahlen sorgen. Die gesamtwirtschaftlichen Folgen des Krieges in der Ukraine werden somit das gesamte Geschäftsjahr 2022/23 des Konzerns prägen.

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Trotzdem konnte die Otto Group die Zahl der aktiven Kund:innen im Geschäftsjahr 2022/23 erneut um knapp zwei Prozent erhöhen. Die Zahl der Käufer:innen bei den unterschiedlichen Versandhandelskonzepten stieg konzernweit von rund 58,3 Millionen auf über 59,4 Millionen.

Man rechne für das nächste Geschäftsjahr mit einer zurückhaltenden Entwicklung und einem bestenfalls einstelligen Wachstum. „Wir sind als Konzern sehr stabil aufgestellt und resilient, aber die Lage bleibt schwierig“, erklärt Sebastian Klauke, Konzern-Vorstand E-Commerce, Technologie, Business Intelligence und Corporate Ventures. „Vor dem Hintergrund, dass die gesamten zwölf Monate unseres Geschäftsjahres von den Auswirkungen eines Kriegs mitten in Europa geprägt waren und sind, können wir mit der Umsatzentwicklung durchaus zufrieden sein, auch wenn unsere Planungen natürlich gänzlich anders aussahen.“

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Für den E-Commerce wird 2023 zur Bewährungsprobe

Trotz der steigenden Beschaffungskosten, der Inflation und der negativen Konsumstimmung liege man immer noch sehr klar über den Vergleichswerten aus der Vor-Corona-Zeit. Auffällig sei, dass die Warenkörbe zwar kleiner geworden sind, aber die Kund:innen durchaus weiterhin viel bestellen. Gerade das Weihnachtsgeschäft habe die Otto Group wieder zuversichtlicher gestimmt. „Das hat bewiesen, dass wir krisenerprobt sind, unsere Hausaufgaben gemacht und gut gegengesteuert haben.“

Anders als in den beiden Corona-Geschäftsjahren ist die Ertragssituation im laufenden Geschäftsjahr 2022/23: Man sehe bereits jetzt, dass die Kosten entlang der gesamten Supply-Chain auch für die Otto Group merklich gestiegen sind. Der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine, die drastisch gestiegene Inflation sowie die steigenden Kosten bei Energie, Mobilität und Alltagsversorgung haben zudem dazu geführt, dass die Verbraucher:innen deutlich mehr Kaufzurückhaltung zeigen.

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All das bringe einen Shift in den Sortimenten sowie einen Rückgang der durchschnittlichen Warenkorbgrößen. So sind die Umsätze im Segment Elektronik und Haushaltsgeräte im Kalenderjahr 2022 um fast zehn Prozent gegenüber 2021 zurückgegangen. Der Bereich Fashion liegt etwa auf Vorjahresniveau. Das Segment Home and Living wächst konzernweit, aber zeigt in Deutschland einen starken Umsatzrückgang.

Vor allem der weiter andauernde Krieg und die kaum absehbaren Auswirkungen auf die Wirtschaft in Deutschland lassen die Kund:innen noch kostenbewusster und vorsichtiger agieren. Darüber hinaus sind in vielen Warensegmenten die Lager gut gefüllt – zu gut, denn Abverkäufe mit Rabatten sind zwar schön für die Kund:innen, aber schlecht fürs Ergebnis. Das führt dazu, dass man nach den Worten der Geschäftsführung zwar an den Investitionen in strategische Digitalisierungsthemen festhalte, aber etwas auf die Kostenbremse trete und langfristiger an die Sache herangehe.

Live-Shopping: Das Thema bleibt spannend

Einige dieser Innovationen hat die Otto Group im Rahmen ihrer Pressekonferenz vorgestellt und Einblicke in die Werkstatt ermöglicht. Investieren will das Unternehmen etwa in Live-Shopping, das, so bewertet es Innovation-Evangelist Jörg Heinemann, eine Art Teleshopping 2.0 ist, das auch und gerade für die westeuropäischen Märkte gute Conversions bringen könnte. Das ist bemerkenswert, weil verschiedene Player gerade im europäischen Raum eher schon wieder das Thema beiseitelegen, während es im (gänzlich anders tickenden) asiatischen Raum ein echtes Boom-Thema darstellt.

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Otto sieht dennoch im Event-Einkauf großes Umsatzpotenzial. So werden in China beispielsweise schon heute über 40 Prozent aller Onlinekäufe über entsprechende Formate getätigt und auch in Deutschland können sich laut Studien bereits zwei von drei Befragten vorstellen, im Rahmen von digitalen Live-Events einzukaufen.

Man habe mittlerweile rund 100 Pilotformate und 20 Liveshows gemacht, unter anderem mit Otto, About You, Bonprix und Mytoys, aber auch mit externen Marken wie Lego oder Tommy Hilfiger – ursprünglich mit bereits am Markt befindlichen Lösungen. Bis zu 60.000 Zuschauer:innen hätten aber gezeigt, dass das Thema durchaus für größere Audiences geeignet ist und es Sinn ergebe, hier selbst eine gemeinsame Liveshopping-Plattform – auch für Dritte – aufzubauen. Das Unternehmen hat sich daher vor gut einem Jahr entschlossen, eine eigene Software-Lösung zu entwickeln, die dieser Tage an den Start geht und mit weiteren Konzernunternehmen entwickelt wurde.

Die OSP, der Otto Group Solution Provider als IT-Dienstleister des Konzerns, hat hier eine eigene Lösung in der Cloud entwickelt, die persönliche Interaktion ermöglicht und in viele Umfelder integriert werden kann. Durch die Integration in den jeweiligen Webshop können Käufer:innen dort abgeholt werden, wo sie gerade sind. Das direkte Highlighten im Stream und einige weitere Lösungen sollen die Abverkäufe steigern und die Konversion optimieren, entsprechende Analytics-Lösungen stehen ebenfalls bereit. Man stehe aktuell vor dem Soft Launch – und will neben Otto-Marken auch anderen Händler:innen das Thema schmackhaft machen. Tests gab’s unter anderem mit Samsung.

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3D-Fitting: Otto Group arbeitet mit digitalem Zwilling

Ein weiteres Thema betrifft die Größenbeurteilung und das Fitting und auch hier hatte die Otto Group Innovationen zum Auswählen der korrekten Größe vorgestellt. So stellt etwa Bonprix die Kollektionsentwicklung sukzessive von traditionell analogen Prozessen auf rein digitale um: Schnittmuster werden für neue Styles digital entwickelt, visualisiert und in 3D auf einem Avatar gefittet. Auf diese Weise kann ein Style zur Produktion freigegeben und die Passform optimiert werden, ohne dass dafür ein physisches Muster gefertigt werden muss. Das Unternehmen verzichtet inzwischen teilweise auf physische Samples und arbeitet mit digitalen Twins, also 3D-Fitting.

Das kann mittelfristig dazu beitragen, dass die Lieferkette von Lieferant:in bis Kund:in verbessert wird und dass die Kund:innen weniger Produkte zurückschicken. Man könne durch das Einhalten der Passform eine durchgehend konsistente Größengarantie geben und im Zweifelsfall lieferantenübergreifend identische Passformen verwenden. Das habe die Time-to-Market in einzelnen Fällen nahezu halbiert. Denn der Schnitt für einen Style wird nicht mehr bei einem Produzenten entwickelt, sondern direkt bei Bonprix – im Laufe der Jahre ausgelagerte Kompetenzen werden so wieder in das Unternehmen zurückgeholt. Gerade für ein Bekleidungsunternehmen ist das eine gute Möglichkeit, schnell zu fertigen und trotz problematischer Lieferketten effizient und nachhaltig zu produzieren.

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