Vier unterschiedliche Quellen sollen gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters bestätigt haben, dass der chinesische Telekommunikationsriese Huawei noch in diesem Jahr einige Elektroautos auf den Markt bringen wird. Dazu sollen Fabriken des staatlichen Automobilkonzerns Changan genutzt werden.
Massentaugliche Huawei-Stromer noch in diesem Jahr?
Auch mit anderen Autobauern soll Huawei über die Nutzung von Produktionskapazitäten verhandeln. Für den Bau der Stromer ist eine Tochterfirma des fünftgrößten Fahrzeug- und Automobilproduzenten Chinas, der BAIC-Group (Beijing Automotive Group) im Gespräch.
Wie Reuters erfahren haben will, entwickelt Huawei bereits verschiedene Modelle und soll schon in Verhandlungen mit Zulieferern stehen. Die Modelle sollen auf den Massenmarkt ausgerichtet sein – würden also mutmaßlich eher preisgünstig ausfallen.
Richard Yu, Chef des weltweiten Konsumentengeschäfts, soll die neue Unternehmenseinheit leiten. Yu zeichnet ebenso verantwortlich dafür, dass Huawei in kürzester Zeit zu einem der weltweit führenden Smartphone-Hersteller geworden war.
Der strategische Schwenk des chinesischen Telekommunikationsriesen soll direkter Ausfluss der fortbestehenden US-Sanktionen sein. Nachdem Huawei seit nunmehr fast zwei Jahren auf der schwarzen Liste der US-Regierung steht und trotz des US-Präsidentenwechsels kaum noch Perspektiven sieht, an die für den Smartphone-Bau wichtigen Chips und andere Bauteile zu gelangen, soll die Führungsetage die Notbremse gezogen haben. Nun soll das weniger chip-intensive Automobilgeschäft für den Fortbestand Huaweis sorgen.
Huawei kein Neuling im Markt der Elektromobilität
Für Huawei ist Elektromobilität grundsätzlich nichts Neues. Schon seit Jahren bietet der Hersteller Software und Sensoren für Kraftfahrzeuge sowie Onboard-5G-Lösungen an. In Kooperationen mit Daimler, GM und SAIC entwickelt Huawei an intelligenten Fahrzeuglösungen mit.
Im November 2020 hatte Huawei ein Joint-Venture mit Changan und dem Batteriehersteller CATL gegründet. Ziel des gemeinsamen Unternehmens soll die Etablierung einer neuen Marke für hochwertige Elektroautos sein. Reuters Quellen lassen vermuten, dass dieses Joint-Venture mit den jüngsten Huawei-Plänen nichts zu tun hat.
Reuters hat versucht, Stellungnahmen von den beteiligten Unternehmen zu erhalten. Huawei hat die Gerüchte als Falschmeldung zurückgewiesen. Die anderen Angefragten wollten sich nicht äußern.
In kaum einer Branche ist der Lemming-Effekt stärker ausgeprägt, wie bei den Automobilherstellern.
Deshalb ist es vor allem Tesla zu verdanken, dass die neu auf den Markt kommenden E-Autos mit nahezu schwindeligen kW-Zahlen auf den Markt kommen und entsprechende Preise dafür aufgerufen werden. Tesla hat sich sozusagen den vordersten Platz dadurch erkauft, dass man den üblichen Leistungswahn der Branche auf die Spitze getrieben hat. Umweltschutz, was ist das?
Dass Huawei jetzt das Thema sozusagen von der anderen Seite aufgreift, ist nur mehr als logisch. In weiten Teilen der Welt werden keine PS-Monster in Elektroform benötigt, sondern eher verbrauchsarme, unaufwendige und damit auch bezahlbare Fahrzeuge, die einfach aufgebaut und wartungsarm funktionieren. Und vor allem auch dem Anspruch nach umweltgerechter Benutzung nahe kommen. Und das ist bei den derzeit verfügbaren E-Autos absolut nicht der Fall.
Darüber hat Huawei, im Gegensatz zu den meisten chinesischen Herstellern, ein international ausgebautes Vertriebssystem, das nicht nur von Alibaba und Co. abhängig ist. Das bedeutet, dass die Fahrzeuge relativ flott auf weite Teile der urbanen Welt verteilt werden können. Wenn es denn so kommt, ein cleverer Schachzug von Huawei.