
Amazon hat Ärger wegen irreführender Preis- und Rabattangaben. Wie die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg erklärt, habe man Amazon deswegen im Rahmen des Prime Day abmahnen lassen. Konkret geht es um die unverbindliche Preisempfehlung und die Statt-Preise, die Amazon auch am Prime Day wieder großflächig genutzt hatte.
Pflicht ist – und das halten in der Tat auch viele Onlinehändler wie Otto, Mediamarkt und Saturn ein – dass der günstigste Preis der letzten 30 Tage angegeben werden muss, anstatt des vorherigen Preises oder einer UVP. Das soll verhindern, dass Händler:innen kurz vor Beginn der Aktion den Preis einer Ware in schwindelerregende Höhen heraufsetzen, um dann mit einem vermeintlich hohen Rabatt beeindrucken zu können.
Ein Beispiel zeigt, warum die 30-Tage-Regel sinnvoll ist
Auch in diesem Jahr hatte Amazon die beliebte Praxis genutzt, wie auch wir im Rahmen unserer Angebotsrecherchen bestätigen können (und Kund:innen mit diesem Tool leicht selbst nachvollziehen können). Die Verbraucherzentrale führt einen AVM-WLAN-Repeater an, dessen Streichpreis bei 259 Euro lag, der um 19 Prozent verbilligt 209,99 Euro kosten sollte. Schaut man genauer in die Daten des besagten Tools, lag der Preis allerdings in den letzten 30 Tagen davor stets zwischen rund 200 und 210 Euro (sowohl bei Amazon selbst als auch bei der Neuware anderer Händler auf der Plattform.
Die besagte Regel gilt seit Mai 2022 und ist Teil der angepassten Preisangabenverordnung. Die Verbraucherzentralen beobachten allerdings, dass Händler:innen versuchen, dies jeweils für sich optimal auszulegen. Die Verbraucherzentrale hatte daher erst kürzlich im Rahmen einer Klage gegen Aldi Süd Erfolg, die es bis zum Europäischen Gerichtshof schaffte: Der EuGH sah im Rahmen der Europäischen Preisangabenrichtlinie auch als entscheidend an, dass sich Streichpreise auf den günstigsten Preis der letzten 30 Tage beziehen müssen. Immerhin hatte Aldi diesen auch genannt, allerdings lediglich in einem deutlich kleiner gehaltenen Fußnotentext platziert, der vielen Kund:innen entgangen sein dürfte.
Amazon ist uneinsichtig, sieht sich im Recht
Amazon sieht den Fall erwartungsgemäß etwas anders. Man sehe die Vorwürfe der Verbraucherzentrale als nicht korrekt an, da die EuGH-Entscheidung eine andere Fallkonstellation beträfen (was siehe oben, sogar stimmt, aber noch weniger gravierend ist als der Amazon-Fall). Bei Amazon würde man alles daran setzen, Kunden niedrige Preise und eine möglichst große Auswahl zu bieten, denn man wisse, dass dies entscheidend sei, um das Vertrauen der Kunden aufzubauen und zu erhalten, heißt es in dem Statement. Man informiere die Kund:innen über Angebote und Preise bei Amazon.de und orientiere sich an aktuellen Branchenstandards, damit die Kund:innen in die Lage versetzt würden, Preise zu vergleichen und fundierte Kaufentscheidungen zu treffen. Man halte sich dabei stets an die geltenden Gesetze und regulatorischen Vorgaben, erklärt die Sprecherin.
Ob ein Gericht das auch so sehen würde, darf angesichts des Falls durchaus bezweifelt werden. Die Kosten der Abmahnung wird Amazon sicherlich nicht von der Praxis abhalten – fraglich ist aber, wie die Verbraucherzentrale hier weiter vorgeht. So erklärt Oliver Buttler, Abteilungsleiter Telekommunikation, Internet und Verbraucherrecht bei der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg, Amazon täusche eine besondere Attraktivität der Angebote vor, die es so nicht gibt.. „Amazon ignoriert damit die Vorgaben des EuGH. Mit unseren Verfahren wollen wir für mehr Klarheit und Wahrheit bei Werbung mit Preisreduzierungen sorgen. Wir sehen in der beanstandeten Preiswerbung eine unzulässige Lockwerbung und Verbrauchertäuschung, die wir abstellen wollen.“ Ob die Verbraucherzentrale es damit ernst meint, wird sich in den nächsten Monaten zeigen. Denn es klingt angesichts der Aussage Amazons nicht danach, dass das Unternehmen an der bisherigen Praxis etwas ändern will.