Abmahnungen: Was sie kosten und warum es sich oft lohnt, dagegen vorzugehen
Fast jeder zweite Onlinehändler (47 Prozent) sieht Abmahnungen als eine akute Existenzbedrohung. Das geht aus der neuen Abmahnumfrage des Vertrauensnetzwerks Trusted Shops, das auch Rechtsservices für Händler anbietet, hervor. Immerhin 40 Prozent der knapp 2.400 befragten Onlinehändler wurden schon einmal abgemahnt. 42 Prozent derer, die schon mal Abmahnungen kassiert haben, hatten auch in den letzten zwölf Monaten Ärger in dieser Hinsicht. Repräsentativ ist die Umfrage, die Trusted Shops bereits zum neunten Mal durchgeführt hat, freilich nicht – sie transportiert aber ein gutes Stimmungsbild der Branche in dieser Hinsicht.
In 19 Prozent der Fälle ging es dabei um Verstöße rund um das Widerrufsrecht (fehlerhafte Belehrung, fehlerhaftes Widerrufsformular oder Verwendung einer alten Widerrufsbelehrung), bei 14 Prozent um fehlerhafte Grundpreisangaben. Jeder zehnte Fall befasste sich mit Verstößen in Bezug auf Produktkennzeichnungen oder unterstützte Betriebssysteme sowie mit Markenrechtsverletzungen. Auf den hinteren Plätzen folgen Urheberrechtsverletzungen und Datenschutzverstöße sowie fehlerhafte Garantiewerbung und Impressumsfehler. Im Schnitt verursacht eine Abmahnung einen Schaden in Höhe von 1.790 Euro, das sind immerhin 7,5 Prozent weniger als bei der Erhebung im letzten Jahr, wobei damals aber ein extremer Anstieg um 40 Prozent zu beobachten war.
Vertragsstrafe? Kann man oft heruntersetzen
Ein Problem stellt auch die drohende Vertragsstrafe dar, die im Folgefall verhängt werden kann und über die sich die Parteien gegebenenfalls einigen. Sie liegt im Schnitt der hier betrachteten Fälle bei 3.000 Euro. Schon sie ist ein Grund, das Ganze nicht einfach so unterschrieben zurückzuschicken, sondern einen Anwalt einzuschalten, der eine faire Höhe aushandelt, wenn dem überhaupt zugestimmt wird. Immerhin zwei Drittel der Händler haben sich gegen eine drohende Vertragsstrafe zur Wehr gesetzt, und in neun von zehn Fällen war ein Widerstand hier erfolgreich, sodass entweder der Gegner die Kosten reduziert (68 Prozent der Fälle) oder das Gericht dies angeordnet hat.
In jedem zweiten Fall war es übrigens ein Mitbewerber, der abgemahnt hat, wobei nicht näher erhoben wurde, in wie vielen Fällen es sich um tatsächliche Mitbewerber handelte. Insgesamt gibt es aber auch viele Wiederholungstäter – so hat sich die Zahl der erhaltenen Abmahnungen um 12,5 Prozent in diesem Jahr auf im Schnitt 2,7 erhöht. Gaben im Vorjahr noch 64 Prozent aller Unternehmen an, sich gegen Abmahnungen zur Wehr zu setzen, waren es in der 2020er-Umfrage nur 59 Prozent. Häufig wird das Kostenrisiko einer Verteidigung gescheut oder klein beigegeben, weil der Händler die Abmahnung für berechtigt hält.
Widerstand bei Abmahnung kann sich lohnen
Dabei kann es durchaus sinnvoll sein, nicht alles zu schlucken, was man als Händler an Abmahnung bekommt. Denn 74 Prozent der Widersprüche waren erfolgreich und nur acht Prozent nicht – der Rest der Fälle ist noch offen. In den meisten Fällen wurde entweder die Änderung der Unterlassungserklärung oder der Kostenhöhe akzeptiert oder der gegnerische Anwalt hat die Abmahnung gleich ganz zurückgezogen.
Hier ist der Gesetzgeber ja ohnehin an einigen Änderungen dran, die einen Teil der Probleme beheben könnten – sowohl für Onlinehändler als auch für Website-Betreiber. So fordern auch 66 Prozent der Befragten in der besagten Erhebung von Trusted Shops, dass die Anwaltskosten für derartige Abmahnungen gesenkt werden müssen und 64 Prozent fordern, dass die Gerichte missbräuchliche Abmahnungen häufiger unterbinden müssten. Die gleiche Zahl hielte es für sinnvoll, wenn nicht mehr jeder mehr oder weniger fiktive Konkurrent, sondern nur noch staatliche Behörden oder zugelassene Verbände abmahnen könnten.
Vorbeugen hilft – allerdings nicht erst, wenn die Abmahnung da ist. Was du als Händler über Rechtsservices im Onlinehandel wissen solltest, erfährst du in unserem Ratgeber.