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Interview

Startup-Award-Gewinner über seinen biggest Fuck-up: Habe Bauindustrie „total unterschätzt“

Leopold Spenner ist in den Beton- und Zementwerken seiner Familie groß geworden. Dennoch musste er nach der Gründung seines Green-Tech-Startups Alcemy einige bittere Lektionen über die Baubranche lernen. Wir haben mit ihm über seinen größten Fuck-up gesprochen – und was er daraus gelernt hat.

Von Insa Schniedermeier
5 Min.
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Leopold Spenner, Co-Gründer und CEO von Alcemy. (Bild: Alcemy)

Leopold Spenner ist Co-Gründer und CEO von Alcemy, einem Startup, dass 2018 mit der Überzeugung gegründet wurde, dass in der Zement- und Betonherstellung die Reduktion von CO2 mit der Reduktion von Produktionskosten einhergehen kann und muss.

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Für seine KI-gestützte Software und prädiktive Qualitätssteuerung, durch die CO2-arme Zemente und Betone einfacher und kostengünstiger produziert werden können, wurde Alcemy am 12. Oktober mit dem Startup-Award für Nachhaltigkeitsinnovation ausgezeichnet. Der Preis wurde auf dem Maschinenbau-Gipfel in Berlin verliehen.

Henrik Schunk, einer der Juroren, sagte dazu: „Der Bau- und Gebäudesektor ist mit weltweit 38 Prozent der CO2-Emissionen einer der größten Verursacher von Treibhausgasen. Die Motivation, hier mit nachhaltigen Bauverfahren und -Materialien gegenzusteuern, ist hoch – doch leider sind diese oft nicht wirtschaftlich.“ Alcemy sei ausgezeichnet worden, da sie es schafften, Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit miteinander zu verbinden. Das junge Team hatte sich gegen vier weitere Startups durchgesetzte.

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Mit KI für mehr Nachhaltigkeit

„Mit der Gründung von Alcemy sind wir mit der klaren Mission gestartet, die Branche bei der digitalen Transformation zu unterstützen und gleichzeitig die Dekarbonisierung in enger Kooperation mit den Zement- und Betonherstellern voranzutreiben“, sagt Spenner über seine Motivation. „Keine Disruption, dafür ein schrittweiser Wandel dank neuer Technologien, vor allem künstlicher Intelligenz.“

Die Leidenschaft fürs Unternehmertum sei Spenner dabei in die Wiege gelegt worden. Seine Familie betreibt in der vierten Generation mehrere Beton- und Zementwerke, sodass er bereits in seinen Kindheitstagen viel Zeit in den Werken verbrachte. Nach Spenners Studium am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) habe er sich dann noch intensiver mit der Industrie beschäftigt und ihre großen Herausforderungen gesehen, insbesondere beim Thema Nachhaltigkeit.

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Doch es lief nicht immer rund für das junge Berliner Startup. Für unsere Serie „My biggest Fuck-up“ haben wir mit Spenner über seine größten Rückschläge gesprochen – und was er daraus gelernt hat.

t3n: Herr Spenner, als Sie 2018 gemeinsam mit Robert Meyer Alcemy gründeten, hatten Sie durch Ihre Familiengeschichte bereits einen großen Schatz an Branchenexpertise im Rücken. Gab es dennoch „Fuck-ups“?

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Leopold Spenner: Ja. Es stimmt – als wir mit Alcemy loslegten, kannten wir die Betonbranche schon sehr gut. Wir haben aber total unterschätzt, wie fragmentiert die gesamte Bauindustrie ist.

Die Betonbranche macht nur einen winzigen Anteil der gesamten bauwirtschaftlichen Wertschöpfungskette aus, ist aber aufgrund der oben genannten CO2-Emissionen essentiell. Die Herausforderung: Bei einem Bauvorhaben, beispielsweise einem Hochhaus, gibt es sehr viele Projektbeteiligte – Betonhersteller:innen, Fachplaner:innen, Architekt:innen, Projektentwickler:innen, bauausführende Unternehmen und so weiter.

Alcemy-Gründer: Robert Meyer (links) und Leopold Spenner. (Bild: Alcemy)

Wer entscheidet also nun, dass nachhaltiger gebaut werden soll? Wer hat das Budget? Wen muss man mitnehmen, damit das Thema nicht versandet? Wir stellten schnell fest, dass es nicht reicht, ausschließlich die Hersteller:innen anzusprechen und sie dazu zu befähigen, nachhaltigeren CO2-armen Beton zu produzieren.

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t3n: Sondern?

Spenner: Die Nachfrageseite muss genauso konsequent adressiert werden, denn es braucht auch einen Markt für das Thema. Das hatten wir komplett unterschätzt. Die Immobilienseite sagte uns immer, dass sie aufgrund der zunehmenden ESG-Regulatorik nachhaltiger bauen will, es aber zu wenig Angebot gibt. Die Herstellerseite hingegen sagte, dass CO2-arme Zemente und Betone nicht nachgefragt werden. Wir merkten daher, dass es Push and Pull braucht. Es sind also nicht nur unsere Kund:innen, die CO2-arme Produkte anbieten möchten und müssen, sondern auch Akteur:innen der Baubranche, die sie nachfragen.

t3n: Wann hat sich diese Problematik herauskristallisiert?

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Spenner: Es gab keinen klaren Schlüsselmoment, aber aus den zahlreichen Gesprächen mit unseren Kund:innen und mit Projektentwickler:innen und Bauunternehmen kristallisierte sich das oben beschriebene Problem langsam heraus. Hinzu kam, dass wir uns wunderten, wieso das Thema Dekarbonisierung von Zement und Beton trotz der strenger werdenden Regulatorik und des politischen Drucks nicht schon längst Priorität Nummer 1 beim Bau war.

t3n: Wie haben Sie das korrigiert?

Spenner: Wir hatten von Anfang an umfangreiche Industrieexpertise im Bereich Zement und Beton und auch viel Unterstützung durch den Verein deutscher Zementwerke (VDZ), dem wichtigsten Akteur der Branche. Was nach der Lieferung des Betons zur Baustelle genau passiert, wussten wir anfangs allerdings nicht. Das haben wir dann korrigiert und uns mit dem Bau und den Restriktionen und Herausforderungen, die mit dem Thema Nachhaltigkeit einhergehen, intensiv auseinandergesetzt. Dazu gehörte es, viele Gespräche zu führen und neue Perspektiven zu betrachten.

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„Der Markt war viel größer, als wir anfangs realisiert haben.“ – Leopold Spenner, Co-Gründer und CEO von Alcemy

Inzwischen beschäftigt Alcemy mehr als 20 Personen. (Bild: Alcemy)

Inzwischen beschäftigt Alcemy mehr als 20 Personen. (Bild: Alcemy)

t3n: Was war Ihr Hauptlearning dabei?

Spenner: Unser klares Learning: Man muss alle Marktakteur:innen berücksichtigen und sich intensiv mit diesen auseinandersetzen. Welche Needs haben sie? Vor welchen Herausforderungen stehen sie? Wie können wir mit unserer Lösung mögliche Pain-Points adressieren?

t3n: Wie stellen Sie sicher, dass so etwas nicht wieder passiert?

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Spenner: Jetzt kennen wir die Branche sehr gut, würden uns aber nach wie vor nicht als völlige Expert:innen im Bau bezeichnen. Daher gilt für uns weiterhin, dass wir alle wissbegierig und lernfähig sind und die Branche weiter durchdringen wollen. Das ist auch am Ende das Rezept, wie so etwas nie wieder passieren kann.

t3n: Wie stehen Sie zum Thema Fehlerkultur insgesamt?

Spenner: Eine gesunde und ehrliche Fehlerkultur sollte in jedem Unternehmen gelebt werden. Denn: Wo Menschen zusammenarbeiten, lassen sich Fehler nicht vermeiden. Das Wichtigste dabei ist, dem Team das Gefühl zu geben, dass es in Ordnung ist, Fehler zu machen, und es eher darauf ankommt, welche Konsequenzen man für sich selbst daraus zieht.

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Fehler machen ist menschlich, wir lernen aus ihnen und können so über uns hinauswachsen. Und sind wir ehrlich: Unsere Erfahrungen wären wahrscheinlich nur halb so entscheidend, wenn wir im Leben keine Fehler gemacht hätten.

t3n: Haben Sie noch einen letzten Tipp für unsere Leser:innen?

Spenner: Hinterfragt regelmäßig eure Ansichten und Perspektiven und lasst diese auch von anderen hinterfragen. Meinungsvielfalt und Diversität sollten nicht nur als Platzhalter auf der Website auftauchen, sondern gelebt werden. Ich habe für mich festgestellt, dass es genau darauf ankommt, um auch langfristig auf Erfolgskurs zu bleiben – sowohl im privaten als auch im professionellen Kontext. Traut euch also aus eurer Komfortzone heraus und stellt viele Fragen. Ich bin ein Mensch, der auch dreimal nachfragt, bis ich einen Sachverhalt verstanden habe. Letztendlich kann man nur wachsen, wenn man offen für neue Perspektiven und Wissen bleibt.

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