Der E-Commerce-Riese Amazon kämpft seit Jahren gegen gefälschte Bewertungen der auf seiner Plattform angebotenen Produkte. Bisher allerdings wenig erfolgreich. Im April des vergangenen Jahres hatten britische Verbraucherschützern die Reviews untersucht und herausgefunden, dass 87 Prozent der Amazon-Bewertungen nicht glaubwürdig sein sollen. Jetzt könnte Amazon aber ein wirksame Schlag gegen Fake-Reviews gelungen sein, wie Vox.com berichtet.
Amazon: Neues Bewertungssystem gegen Fake-Reviews
Demnach hat Amazon vor kurzem still und leise ein neues Bewertungssystem eingeführt. Erstmals können Ein- bis Fünf-Sterne-Bewertungen auch ohne zusätzliche Produktrezension vergeben werden. Heißt: Ein Klick genügt. Aber die unkomplizierte Sterne-Vergabe ist auf jene begrenzt, die das Produkt auch wirklich kaufen wollen. Sie erscheinen dann als verifizierte Käufer. Damit macht Amazon es Käufern leichter, eine Bewertung abzugeben, die Hürden für Fake-Reviews bleiben gleichhoch.
Ersten Analysen zufolge hat das neue Bewertungssystem schon zu einer Steigerung beim Feedback der Amazon-Kunden geführt. Damit baut der E-Commerce-Riese seinen Vorteil gegenüber herkömmlichen Händlern aus. Zudem erhalte Amazon dadurch auch früher erste Bewertungen neuer Produkte. Das dürfte sich für den Online-Händler insofern lohnen könnte, als dass Kunden eher bei Amazon einkaufen. Auch die Anbieter könnten entsprechende Vorteile bei ihren Listings auf Amazon generieren.
Für Amazon am wichtigsten dürfte aber sein, dass die steigende Anzahl an Bewertungen zu einer letztendlich korrekteren Bewertung eines Produktes führen, wie Verkaufsexperte Patrick Miller von der Agentur Flywheel Digital erklärt. Der Anteil und damit langfristig auch der Einfluss von Fake-Review-Ringen und Bewertungen fälschenden Händlern werde dadurch sinken.
Ganz verschwinden werden die Fake-Reviews zunächst aber nicht. Denn schließlich gibt es Wege, die Hürde mit den bestätigten Käufen zu umgehen, indem man etwa Käufern von Produkten nach einer Rezension den Kaufpreis zurückerstattet. Angesichts steigender Gesamtzahlen von Bewertungen müssen solche Fake-Review-Ringe jetzt aber mehr Rezensenten „kaufen“, um weiterhin die gleiche Bedeutung an den Gesamtrezensionen zu haben.
Bewertungen auf Amazon: Weitere Änderungen?
Käufer müssen allerdings genauer hinschauen. Denn die zu den Produkten angezeigten Sterne-Bewertungen umfassen jetzt alle Bewertungen. Erst beim Anklicken auf die Sterne ist dann zu erkennen, wie hoch der Anteil von geschriebenen Rezensionen an den Gesamtbewertungen ist. Hier gibt es dann auch noch eine Unterteilung in positive und negative Rezensionen. Aber Amazon soll schon an weiteren Änderungen arbeiten – je nachdem, wie das Feedback auf das neue System ist –, wie Experten meinen.
Bei dem Versuch der 1:1-Übersetzung des Artikels ist dem Redakteur leider ein wesentlicher Fehler unterlaufen. Amazon hat kein Mittel gefunden, Fake-Bewertungen irrelevant zu machen. Der ursprüngliche Artikel verwendet die Worte „to drown out“, was so viel bedeutet wie „ertränken“ oder „überschwemmen“. Dann ergibt die Story auch mehr Sinn, denn eine höhere Zahl an One-Click-Bewertungen von echten Käufern soll die Relevanz von Fake-Bewertungen lediglich verringern. D.h. die Fake-Bewertungen werden von richtigen One-Click-Bewertungen überschwemmt.
Auch schlecht übersetzt und damit missverständlich ist die Angabe, die One-Click-Bewertungen seien „auf jene begrenzt, die das Produkt auch wirklich kaufen wollen“. Im Originalartikel stand jedoch, diese Begrenzung betreffe jene, die das Produkt auch wirklich gekauft haben. Alles andere wäre auch Unsinn, da danach von „verified buyer“ gesprochen wird.
So viel zur Theorie.
Ich denke nicht, dass Amazon mit dieser Maßnahme Erfolg hat. Die Bewertungssysteme der Hersteller, gerade aus China, sind mittlerweile so ausgeklügelt, dass bereits jetzt dutzende Bewertungen von „verified buyer“ abgegeben werden. In den Medien kam vor Monaten bereits ein Bericht, wie das System funktioniert, bei dem vermeintliche Käufer das Produkt im Sinne des Herstellers bewerten. Meines Erachtens hat Amazon vor Jahren einen wesentlichen Fehler gemacht und sämtliche Kollaborationselemente auf der Website, darunter z.B. die Foren entfernt. Denn ich denke, dass soziale Beziehungen, verbunden mit Elementen wie z.B. Trust-Ratings für User die einzige Möglichkeit sind, Fake-Bewertungen wirksam zu relativieren.
Allerdings scheint es auch eine professionelle Fake-Review-Industrie in Fernost zu geben, die auf Account-Hacking setzt. Damit erhalten sie Käufer-Bewertungen von „echten“, verifizierten Käufern.
So wie bei meinen Schwiegervater: Der Amazon-Account wurde gehackt und in seinem Namen Produkte bestellt. Diese kamen bei ihm an und er hat sie retouniert und sich gewundert, warum Produkte bei ihm ankommen. Währenddessen wurden in seinem Namen für die verifiziert gekauften Produkte Bewertungen – in mehr oder weniger gutem Deutsch – online gestellt. Im Account wurden fast alle Spuren verwischt. Es scheint sich zu lohnen und genügend hackbare Accounts zu geben mit unsichern Passwörtern.
Hmm, ganz schlau bin ich nicht geworden, für mich erscheint es noch immer Fakebar und damit easy – so wie man bspw. auch Google Bewertungen kaufen kann… naja, schauen wir
Die These ist lächerlich, dass die One-Klick-Reviews „Fake-Bewertungen“ mindern. Es mag ja sein, dass mehr Käufer jetzt auch positive Bewertungen ohne Text abgeben und der Bewertungsschnitt sich verändert. Einen Verkäufer stört aber in der Regel nicht unbedingt der Schnitt, sondern was in den Bewertungen steht weil genau das ein potenzieller Käufer liest. Wer sich als Käufer die Mühe macht mit einem Produkt zu beschäftigen, liest vorher gute und schlechte Reviews um sich ein Bild zu machen und genau deshalb werden dafür passende Reviews generiert, weil eben die meisten unzufriedenen Käufer sich die Mühe machen etwas zu schreiben, nicht der zufriedene Kunde.
Wie viel Prozent der zufriedenen Kunden schreiben ausführliche Bewertungen mit Bild, Videos & Co. wenn er nichts dafür erhält? Vielleicht mal ein: „Super tolles Produkt. Gefällt mir sehr gut“. Ein unzufriedener Kunde dagegen erörtert in einem Roman was ihm an dem Produkt alles missfällt.
Übrigens: wenn jemand ein schlechtes Produkt verkauft, kann er so viel Faken wie er will. Selbst wenn er 500 super positive Bewertungen bei einem schlechten Artikel generiert. Was passiert? Er kommt nach oben, verkauft mehr Produkte, erreicht die „echten“ Käufer, diese sind unzufrieden und bewerten negativ.
Die Folge? Rücksendungen, Quote sinkt (auch Bewertungsquote), schlechte Bewertungen werden als hilfreich markiert, zerhauen dem Verkäufer die CTR, Rankings stürzen ab usw.
Da bringen einem dann auch 1000 gefakte positive Bewertungen absolut gar nichts – wirtschaftlich ist es zu diesem Zeitpunkt sowieso schon lange nicht mehr.
Was sich insgesamt ändern wird? Ebenfalls nichts, weil zufriedene Kunden weiterhin eher selten schreiben, unzufriedene Kunden sich deutlich eher die Mühe geben dem Verkäufer einen Denkzettel zu verpassen, ob gerechtfertigt oder nicht, sei mal dahin gestellt.
p.s. One-Klick-Reviews können die die es wollen übrigens jetzt noch einfacher faken …
Die These ist mehr als fragwürdig, dass One-Klick-Reviews „Fake-Bewertungen“ mindern. Es mag ja sein, dass mehr Käufer jetzt auch positive Bewertungen ohne Text abgeben und der Bewertungsschnitt sich verändert. Einen Verkäufer stört in der Regel aber nicht unbedingt der Schnitt, sondern was in den Bewertungen steht, weil genau das ein potenzieller Käufer liest. Wer sich als Käufer die Mühe macht und sich mit einem Produkt beschäftigt, liest vorher gute und schlechte Reviews, um sich ein Bild zu machen und genau deshalb werden dafür „passende“ Reviews generiert.
Abgesehen davon: wenn jemand ein schlechtes Produkt verkauft, kann er so viel Faken wie er will. Selbst wenn er 100, 200 oder 500 super positive Bewertungen bei einem schlechten Artikel generiert. Was passiert? Er kommt nach oben, verkauft mehr Produkte, erreicht die „echten“ Käufer, diese sind unzufrieden und bewerten negativ.
Die Folge? Rücksendungen, Quote sinkt (auch Bewertungsquote), schlechte Bewertungen werden als hilfreich markiert, CTR rauscht in den Keller, Rankings und Umsatz sowieso und am Ende hat er viel Geld verbrannt.
Da bringen einem dann auch 1000 gefakte positive Bewertungen absolut gar nichts – wirtschaftlich ist es zu diesem Zeitpunkt dann auch schon lange nicht mehr.
Was sich insgesamt ändern wird? Gar nichts, weil zufriedene Kunden weiterhin eher selten und weniger hilfreiche Reviews schreiben oder glaubt hier jemand ernsthaft, dass ein zufriedener Kunde ohne Gegenleistung anfängt, die wichtigsten Merkmale eines Produktes aufzuzählen inkl. Video, Bilder usw.?. Unzufriedene Kunden geben sich dagegen deutlich eher die Mühe dem Verkäufer einen Denkzettel zu verpassen und schreiben nicht einfach nur: „Produkt entspricht nicht dem was ich erwartet habe“…
Wir haben als Unternehmensberatung tagtäglich mit diesem Thema zu tun und daher vor einiger Zeit selbst einen Artikel dazu verfasst: https://www.content-werkstatt.com/blog/amazon-1-klick-bewertungen-one-tap-review/
Diese „neue“ Art, Fakebewertungen zu bekämpfen wird von den Medien ständig aufgegriffen und relativ unkritisch wiedergekäut. 100€ für jeden, der mir genau erklären kann, wie auf diese Weise auch nur eine Fakebewertung verhindert werden könnte! Ganz im Gegenteil: Diese Vorgehensweise erleichtert betrügerische Aktivitäten.
Bitte beachten: Amazon ist nicht das Sozialamt, auch wenn Jeff Bezos jetzt zum Wohltäter stilisiert wird (Mega-Spende). Neuerungen, sind immer kritisch zu durchleuchten und sicher vor allem im Sinne eines profitorientierten Konzerns.
VG, content-werkstatt
Ich beobachte das Treiben auf Amazon schon länger, insbesondere im Bereich der Sach- und Ratgeberbücher. Dort scheint die Situation leider völlig außer Kontrolle geraten zu sein. Man findet kaum noch Bücher, die nicht nur wenige Wochen nach dem Launch bereits Dutzende positive Rezensionen erhalten haben. Keine einzige davon stammt von einem echten Leser.
Die überwiegende Mehrzahl dieser Fake-Rezensionen kommt von nur einigen Hundert Rezensenten. Diese Leute rezensieren drei, vier, fünf Bücher pro Tag. Ich habe Rezensenten gesehen, die mehrere Hundert Kochbücher rezensiert haben. Dahinter stecken nicht etwa Asiaten, sondern zum Beispiel Hausfrauen, die sich was dazuverdienen, sowie andere sogenannte Kindle-Unternehmer, die rezensieren, um im Gegenzug Rezensionen für eigene Bücher zu erhalten. Das Schlimme daran: Wenn die positiven Rezensionen garantiert sind, gibt es keinen Anreiz mehr, gute Bücher zu veröffentlichen. Überwiegend sind diese Bücher daher absoluter Schrott.
Neben Fake-Rezensionen haben diese Leute übrigens noch allerhand andere Tricks auf Lager. Dieser Artikel gibt einen Überblick über die ‚Spielchen‘ einiger Kindle-Unternehmer: https://www.habitgym.de/schrottbuecher/ (Vielleicht hat t3n ja Lust, einmal selbst über dieses Thema zu berichten.)
Mein Fazit: Wenn die im Artikel vorgestellte Änderung am Bewertungssystem alles ist, was Amazon dazu einfällt, sehe ich schwarz.
Das System ist völlig kaputt. Als Kunde bin ich völlig verunsichert, wenn ich sehe, dass es schlechte Bewertungen gibt, aber keine Begründung zu lesen ist. Früher konnte ich wenigstens noch anhand der Rezension entscheiden, ob das wohl echt oder gefälscht ist. Die meisten Fake-Rezensionen haben sich ja selbst überführt. Nun ist es also noch einfacher, Artikel hochzujubeln oder abzuwatschen. Als ob die Bewertungsindustrie das nicht ebenso intensiv nutzen würde! Haben doch jetzt noch weniger Arbeit damit! Und dann wird das Ganze auch noch total unverhältnismäßig gewichtet. Gerade ein Produkt gesehen, das insgesamt nur 3 Sterne hat, was ja nicht so toll ist. Drei sehr positive vermutlich echte Rezensionen, die auf die Eigenschaften eingehen, verifizierte Käufe, geschrieben von gepflegten Accounts. Dem gegenüber steht eine einzige 1-Stern-Bewertung ohne Text, die aufgrund der Tatsache, das sie kürzlich einging, höher gewichtet wird als die 3 richtigen Rezensionen! Amazon hat fertig …