Amazon will eigenen Lieferdienst starten – Logistik-Aktien brechen ein
In den USA würde der weltweit tätige Konzern somit mit den etablierten Dienstleistern United Parcel Service und Fedex direkt konkurrieren, berichtet das Wall Street Journal, das sich auf „mit der Materie vertraute Personen“ beruft. Ziel soll wenig überraschend sein, deren Preise von Anfang an zu unterbieten. Genauere Infos zu Preisen bleibt das Wall Street Journal allerdings schuldig. Dem Bericht zufolge soll der neue Service in den kommenden Wochen in Los Angeles testweise starten und im weiteren Verlauf in weiteren Städten der USA eingeführt werden.
Wirklich offen für alle ist „Shipping with Amazon“ zumindest vorerst wohl nicht: Der Dienst soll zunächst nur für alle jene Händler angeboten werden, die auf der Website von Amazon vertreten sind. Man wolle die Fracht direkt bei ihnen abholen und anschließend ausliefern lassen, heißt es in dem Bericht. „Zu einem späteren Zeitpunkt“ solle der Service neben auf Amazon tätigen Händlern auch anderen Unternehmen offen stehen.
Amazon Logistics seit 2017 in Deutschland tätig
Die Dienstleistung mit Beschränkung auf spezielle Händler, wie sie aktuell offenbar geplant ist, ähnelt somit dem bereits eingeführten Amazon Logistics, das seit vergangenem Jahr in einigen Städten und Regionen Deutschlands bereits in Eigenregie Amazon-Lieferungen zum Kunden bringt.
Von dem 8.300 Quadratmeter großen Amazon-Paketzentrum in Bochum etwa werden bereits seit März 2017 Sendungen für insgesamt 14 Städte verteilt, neben Bochum auch für Dortmund, Essen, Gelsenkirchen, Gladbeck, Oberhausen und Wuppertal. Dies, so hieß es damals, sei derzeit das größte Gebiet in Deutschland, das der Amazon-eigene Paketdienst abdeckt. Zu dieser Zeit seien „in der Spitze“ 250 Fahrzeuge für die Same-Day- und Next-Day-Zustellungen eingesetzt worden.
Bereits im Sommer 2015 hatte es Meldungen gegeben, wonach Amazon in Deutschland seinen eigenen Logistikdienst plane. Das Unternehmen, hieß es damals, fokussiere auf die „Erbringung logistischer Dienstleistungen, inbesondere Transport, Umschlag und Lagerung“.
In den USA liefert Amazon derzeit einige der von seinen Kunden aufgegebene Bestellungen in zirka 40 US-amerikanische Städte. Sendungen, die über die „delivery reach” hinausgehen, also die sogenannte „Letzte Meile” zu den Haustüren der Kunden, übernehmen weiterhin der traditionsreiche U.S. Postal Service und andere Dienstleister.
Aktien der Mitbewerber im Sinkflug
Die Börse hat bereits auf die Nachricht reagiert. Die Aktie von UPS verlor zum Börsenstart über acht Prozent, die Fedex-Aktien zirka sieben Prozent.
Bernd Schwenger, Direktor von Amazon Logistics Germany, sagte vor einigen Monaten beim Deutschen Logistik-Kongress, das strategische Arbeiten an neuen Geschäftsmodellen beginne stets mit der Frage nach den Kundenbedürfnissen: „Wir verstehen Logistik als Serviceleistungen für die Kundschaft“. Amazon wisse, dass die Besteller heute mehr denn je eine schnelle Zustellung der Ware zu geringen Kosten erwarten. Und bei ihrer Abwesenheit solle das Paket an einem sicheren Ort warten.
Deshalb habe das Unternehmen auch den Same-Day-Service mit Zustellung am selben Tag in ausgewählten Städten für seine Prime-Kunden gestartet. „Solche Themen werden zunächst immer erst in kleinen überschaubaren Bereichen ausprobiert, bevor wir sie bundesweit ausrollen“, sagte Schwenger: „Irrtümer oder Fehler sind dabei erlaubt – denn sie werden bei Amazon als wertvolle Erfahrung gewertet.“
So sei beispielsweise das Ziel bei den sogenannten Same-Day-Zustellungen, dass Sendungen bis 12 Uhr mittags beim Kunden sind. „Alles, was später ist, fühlt sich nicht nach Same Day an“, sagte der Direktor von Amazon Logistics Germany.
Amazon gibt sich zugeknöpft
Die deutsche Pressestelle von Amazon will sich heute offensichtlich nicht detailliert zur aktuellen Meldung äußern. Auf Anfrage von t3n.de heißt es nur etwas PR-schwammig, der Konzern „experimentiert fortlaufend und entwickelt beständig weitere Innovationen für unsere Kunden und die Unternehmen“. Man hätte es sich fast denken können.