
Betrügerische Anlageseiten: Kriminelle gehen beim Cyber-Trading methodisch vor. (Foto: Shutterstock)
Mit hohen Haftstrafen ist in Koblenz ein Prozess gegen sogenannte „Cybertrader“ zu Ende gegangen. Die erste Strafkammer verurteilte in dieser Woche fünf Männer und zwei Frauen wegen Anlagebetrugs im Internet.
Die beiden geständigen Hauptangeklagten wurden wegen banden- und gewerbsmäßigen Betrugs in mehreren Fällen zu sieben beziehungsweise fünf Jahren Freiheitsstrafe verurteilt, andere Angeklagte bekamen Freiheitsstrafen zwischen zwei Jahren und drei Monaten wegen Beihilfe zum Anlagebetrug, zwei Angeklagte erhielten Bewährungsstrafen.
Es sind die Köpfe hinter der Onlineplattform „KontoFX“, die hier vor Gericht standen. Auf der Internetseite konnten Kunden angeblich risikoarme Investments mit außerordentlich hohen Renditen tätigen. Bei Eröffnung des Handelskontos war zunächst nur eine Einzahlung von 250 Euro nötig.
„Broker“ aus Bulgarien
Zur Masche der Betrüger gehörte der Betrieb von Callcentern, die von Israel, Bulgarien und Nordmazedonien aus betrieben wurden. Von dort aus betreuten angebliche „Broker“ die Kunden sehr eng und verkauften auch „Kapitalsicherungsverträge“, die angeblich gegen jeden Verlust absichern sollten. Über eine Software wurde den Kunden dann falsche Wertsteigerungen ihrer Anlagen suggeriert – während das Geld in Wirklichkeit nie investiert wurde, sondern in ein Schneeballsystem floss.
Das Geld der neuer Kunden wurde dazu genutzt, bestehenden Kunden angebliche Gewinne auszuzahlen und so den Erfolg des Investments vorzugaukeln, damit sie noch mehr Geld nachschossen. Am Ende sahen die Geschädigten ihren Einsatz aber nie wieder: Die Investments wurden über das Firmengeflecht der Angeklagten umverteilen und teils in Kryptowährungen umgetauscht. Teilweise fünfstellige Beträge haben Nutzer bei der seriös anmutenden Seite im Monat investiert.
Zwischen 2014 und 2020 sollen die Angeklagten noch weitere Websites für den Handel mit Kryptowährungen, Forex und hochspekulativen Differenzgeschäften mit der gleichen Masche betrieben haben. Auch für diesen Betrug müssen sich die Verurteilten noch verantworten, da die Zentralstelle Cybercrime Bayern (ZCA) eine weitere Anklage wegen Betrugs gegen sie erhoben hat.
Internationale Masche
Die Polizei warnt seit Jahren vor Cybertrading als besonders professionell aufgezogene Form der Internetkriminalität – die allerdings schwer zu verfolgen ist. Denn die Täter operieren bewusst grenzüberschreitend, was die Fahndung nach ihnen erschwert, und sie nutzen komplexe Firmengeflechte, um den Weg des Geldes zu verschleiern.
Die wahre Zahl der Geschädigten ist daher unklar: In seinem Lagebericht zur Wirtschaftskriminalität aus dem Jahr 2021 berichtet das Bundeskriminalamt von einer hohen Dunkelziffer beim Cybertrading. „Die international vernetzten Tätergruppierungen gehen professionell vor und sind imstande, sehr flexibel auf äußere Einflüsse, wie z. B. geänderte rechtliche Rahmenbedingungen, zu reagieren“, heißt es dort. Verbreitet werden die Angebote über immer neue Internetseiten, meist über soziale Medien, aber auch ganz „klassisch“ über Anzeigen, Börsenbriefe oder Cold-Callings.
Allerdings agieren auch die Ermittler mittlerweile grenzüberschreitend, um den Betrüger auf die Spur zu kommen. So arbeitet etwa die deutsche Finanzaufsicht Bafin eng mit BKA und Europol zusammen, um hinter die Struktur der Tätergruppen zu kommen.
Schlag gegen die „Milton Group“
Im November 2022 gelang Ermittlern zudem ein großer Schlag gegen Cybertrader. Beteiligte der sogenannten Milton Group, einem grenzüberschreitenden, kriminellen Netzwerk, das Anleger mit ähnlichen Methoden um einen Milliardenbetrag geprellt haben soll, wurden im Zuge eines sogenannten „Action Day“ gefasst. Allein in Deutschland sollen die Betrüger mehr als 100 Millionen Euro erbeutet haben.
In einer konzertierten Aktion stellten Ermittler in Georgien, Nordmazedonien, Albanien, Bulgarien und der Ukraine umfangreiches Beweismaterial sicher und nahmen fünf Tatverdächtige fest. Dabei wurden „Vermögensarreste in zweistelliger Millionenhöhe erwirkt“ und Konten, Bargeld, Bitcoin-Wallets und anderen Wertgegenständen beschlagnahmt. Auch in Deutschland rückten unter anderem Ermittler der Zentralstellen für Cybercrime in Bayern und Sachsen aus.
So landen immer mehr Fälle vor Gericht. Anfang 2022 verurteilte das Landgericht München einen Komplizen des international bekannten Cyberkriminellen „Wolf of Sofia“ wegen gewerbs- und bandenmäßigen Betrugs zu einer Haftstrafe von sechs Jahren und zehn Monaten.