Das Anti-Rocket: Wie der Inkubator Makers profitable Startups aufbauen will
Eigentlich wollten Friedrich Neuman und Marius Schulze gar keinen Company-Builder aufbauen, sondern ihre eigenen Ideen umzusetzen. „Wir wollten in erster Linie gründen“, erzählt Neuman im Rückblick. Der frühere Rocket-Mitarbeiter und Schulze hätten einige Geschäftsmodelle im Kopf gehabt. Ihr Startup Run a Shop war das erste, das sie auch umsetzten. Gemeinsam kümmerten sie sich um Kampagnen, stellten Designer an, holten leihweise Fachkräfte von anderen Startups.
Doch Run a Shop blieb nicht ihre einzige Idee. Denn durch die Arbeit an dem Unternehmen, das Nutzerakquise verspricht, entstand ein neuer Gedanke: ein Mobile-Advertising-Unternehmen, das Werbung in Apps geschickt platziert. Gemeinsam mit den späteren Gründern Felipe Ogibowski und Gunnar Kämpgen entwickelten Neuman und Schulze das nächste Startup Iconpeak – dieses Mal als Investoren. „Wir haben aus dem Geschäft von Run a Shop neu gegründet“, sagt Neuman. Finanziert habe man es aus eigenen Mitteln, mit einer sechsstelligen Summe.
Um beide Projekte zu managen, brauchte es einen Überbau. Neuman und Schulze beschlossen, den Fokus nicht auf einzelne Startups zu legen, sondern auf mehrere, sie zeitgleich aufzubauen und zu unterstützen – die Idee zu Makers war geboren.
Mit Makers haben Friedrich Neuman und sein Mitgründer Marius Schulze ein Unternehmen hochgezogen, das anderen Firmen beim Start hilft. Genau wie Rocket Internet investiert Makers in die Startups – wenn auch mit deutlich geringeren Summen. Die Seed-Runde überschreitet gewöhnlich nicht 500.000 Euro.
Danach unterstützt der Company-Builder die jungen Unternehmen bei allen Schwierigkeiten, die anfallen: Er stellt den Gründern beispielsweise Experten wie Designer zur Seite, wenn sie sich kein Personal leisten können. Er bastelt am Produkt mit, wenn die Startups das wünschen. Er gibt Feedback, wenn sie Resonanz brauchen. Und er geht mit auf Investorensuche, wenn sie weiteres Geld benötigen. Aber eigentlich, das ist das erklärte Ziel, sollen die Startups lieber gleich profitabel arbeiten. Ein Anti-Rocket, wenn man so will.
Makers: Aus der Gründung gegründet
Das Geschäft des kleinen Berliner Unternehmensbauers konzentriert sich auf zwei Modelle: Inkubation und Acceleration. Im ersteren Fall bauen Neuman und Schulze das Startup mit auf. Iconpeak ist dafür ein Beispiel. Makers stellt dann die Idee oder bastelt daran mit, sucht manchmal auch nach einem Gründerteam, rüstet es mit Startkapital aus.
Bei der Acceleration kommen Gründer schon mit einer Idee, manchmal auch einer GmbH, zu Makers. Dann geht es stärker darum, eine Idee zu skalieren und sie beim Wachstum zu unterstützen. Bei der Inkubation hält das Unternehmen von Neuman und Schulze gewöhnlich mindestens 25,1 Prozent der Anteile. Bei der Acceleration liegen die Anteile normalerweise darunter. Neuman betont aber, dass diese Werte immer auch abweichen können. „Wir konzentrieren uns mit Makers mittlerweile mehr auf Acceleration“, sagt Neuman.
Den Kern von Makers macht ein Expertenteam aus: Der Company-Builder beschäftigt insgesamt 15 Personen, PR-Fachleute, Marketer, Designer, Entwickler, Personaler. Sie sind allein dafür da, den Startups dort zu helfen, wo sie gerade Hilfe benötigen. „Gerade für das Recruiting haben Startups anfangs oft keine Zeit“, erklärt Neuman. „Wir stellen Experten aus unterschiedlichen Fachbereichen zur Verfügung. Der Gründer muss uns nur sagen, was er genau will.“ Für diese Dienstleistung zahlen die Startups wiederum. Gleichzeitig hilft Makers auch bei der Investorensuche. Wenn ein junges Unternehmen Kapital benötigt, vernetzen Neuman und Schulze die Gründer mit Business Angels und Risikokapitalgebern.
Allerdings gibt sich der Company-Builder wählerisch. Damit Makers investiert, müssen Startups und Gründer vier wesentliche Voraussetzungen erfüllen: Die Gründer müssen erstens Expertise oder Kontakte in der Industrie mitbringen, in der sie ihr Startup ansiedeln. Zweitens muss einer von ihnen technisches Fachwissen vorweisen können. Das Geschäftsmodell muss drittens eine Weile ohne Investition auskommen können. Und die Gründer sollten viertens am Anfang unter dem Dach von Makers sitzen.
„Wir wollen erst im Kleinen beweisen, dass ein Geschäftsmodell funktioniert.“
„Wir zählen nicht zu der Art von Investoren, die Geld gibt und dafür einmal im Monat einen Report verlangt“, sagt Neuman. „Wir sind sehr hands-on, wir entwickeln das Geschäft aktiv mit.“ Dass das Geschäftsmodell auch erst einmal ohne große Finanzierungsrunde laufen muss, erklärt er so: „Wir wollen erst einmal im Kleinen beweisen, dass ein Geschäftsmodell auch funktioniert.“ Das müsse ohne Geld gehen. Ein wichtiger Unterschied zur Startup-Schmiede Rocket Internet, die sich gerade am Anfang eines Unternehmens auf ein starkes Umsatzwachstum statt schwarze Zahlen konzentriert.
Derzeit beherbergt Makers acht Startups, sechs davon sitzen mit Makers unter einem Dach. Auf eine Industrie legt sich der Company-Builder dabei nicht fest – zu den Feldern zählen mobiles Marketing, Roboadvisor, SaaS-Lösungen, Home Fashion, Influencer-Marketing, Spiele. „Wir sind agnostisch, was das Thema Industrien angeht“, sagt Neuman. Allerdings haben die meisten Startups keinen Verbraucherfokus, sondern sind auf das Geschäft mit Unternehmen ausgerichtet. Der Grund: „Damit machen wir relativ schnell Geld.“
Der Wert der Infrastruktur
Das Startup von Felipe Ogibowski ist dafür das beste Beispiel. Es war das erste Unternehmen, das Makers nach Run a Shop mit aufzog. Bereits nach 70 Tagen war das Adtech-Startup profitabel. Für die kommenden zwölf Monate plant es mit einem Umsatz von 20 Millionen Euro. Dass sich das Startup anders als andere Firmen auf dem Markt etabliert hat, erklärt Ogibowski mit der Hilfe von Makers.
„Vor fünf Jahren gab es schon einen etablierten Markt“, so der Gründer. Es habe viele Unternehmen gegeben, die mit Iconpeak gestartet seien, es aber nicht geschafft hätten. Mit der Hilfe von Neuman und Schulze habe man schneller wachsen können als andere. Das habe die Position des Unternehmens früh gesichert: „Wenn der Markt sehr viel schneller wächst als du, dann bekommst du sehr wahrscheinlich Probleme.“
Auch bei dem Startup Perdoo ging es um das Wachstum. Jonathan Morrice und sein Mitgründer Henrik-Jan van der Pol bauten das Unternehmen 2014 auf. Der Fokus liegt auf Objectives und Key Results, in der Fachsprache auch OKR genannt. Die beiden Gründer haben eine Software gebaut, die es Unternehmen ermöglicht, ihre Ziele zu verfolgen (genauer haben wir die Idee bereits hier vorgestellt). Als Perdoo zu Makers stieß – das war im Januar 2015 –, konnte das Startup schon ein Produkt vorweisen und sogar die ersten Kunden. Doch um zu skalieren fehlte noch ein Partner. „Wir haben uns verschiedene Business Angels und Company-Builders angeschaut“, sagt Morrice rückblickend. Am Ende habe es mit Makers am Besten gepasst.
Als Beispiel für die Expertise des Company-Builders nennt er die Personalsuche. „Wir hätten viel Zeit investieren müssen, um einen guten Freelancer zu finden, mit ihm per Skype ein Vorstellungsgespräch zu führen und ihn einzuarbeiten“, sagt der Gründer. Das koste auch Geld. Die Infrastruktur von Makers sei daher sehr wichtig gewesen, um das Wachstum von Perdoo zu fördern.
Makers: „Unser Ziel ist es, Startups zu verkaufen.“
Makers will Unternehmen aber nicht nur fördern, sondern auch Geld damit verdienen. „Unser Ziel ist es schon, Startups irgendwann zu verkaufen“, sagt Neuman im Gespräch mit t3n. Der Zeithorizont liege bei fünf bis sieben Jahren. Dass der Exit so wichtig ist, erklärt der Gründer so: „Märkte konsolidieren sich“, sagt er, „man darf sein Momentum nicht verpassen.“ Zudem seien es oft die Gründer der Startups, die auf einen Verkauf drängten.
Noch sind die fünf bis sieben Jahre aber nicht vergangen. Makers tüftelt vorerst noch daran, seine Schützlinge zu großen Unternehmen zu machen. Dass sie alle im selben Haus sitzen, kommt dabei nicht nur dem Company-Builder zugute. „Die Gemeinschaft hier ist wahnsinnig wichtig“, sagt Perdoo-Gründer Morrice. „Wenn ich Friedrich und Marius anspreche, weil ich eine Frage habe, dann sagen sie oft: ‚Rede mal mit dem oder dem Gründer, der hatte dasselbe Problem vor ein paar Monaten.‘“
Für die Mitarbeiter sei das ebenfalls gut, ergänzt Iconpeak-Gründer Ogibowski. Sie hätten das Gefühl, „Teil von etwas Größerem“ zu sein. Auch deshalb residiert er mit seinem Unternehmen immer noch im selben Haus wie Makers, eine Etage unter dem Company-Builder – auch wenn das Büro langsam eng wird. „Wir wollten vergangenes Jahr ausziehen, aber haben es doch nicht gemacht“, berichtet er. Man habe nicht allein gehen wollen. 2017 wird der Platz aber wohl nicht mehr ausreichen. Schon jetzt drängen sich die Mitarbeiter dicht an dicht in dem Berliner Altbau.
Makers dürfte aber auch dann ein wichtiger Ansprechpartner bleiben. So jedenfalls ist es bei den Startups, die schon ausgezogen sind. „Es passiert immer noch, dass uns die Gründer anrufen und fragen, ob wir sie nicht gerade mit HR oder Design unterstützen können“, sagt Neuman. „Ganz ohne Makers geht es nicht.“
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