Apple vs. Google: Das sind die Stärken und Schwächen der beiden Tech-Riesen
Unserinterface und Design
Schöne Formen, zugängliche und ästhetisch ansprechende Userinterfaces – das ist Apples klassische Domäne. Ob bei Hard- oder Software: Apples Strahlkraft als Marke lebt sowohl von der Schönheit der Hardware als auch der Zugänglichkeit der Software über aufgeräumte und ästhetische ansprechende Interfaces. Hier hat Android zwar aufgeholt – aber nach Meinung vieler immer noch nicht das Niveau von Apple erreicht.
Dafür mangelt es bei Apple in manchen Fällen bei der Qualität der Software unter der schönen Oberfläche. Nutzer der Office-Software iWork von Apple kritisierten den von Apple deutlich gekürzten Funktionsumfang auf dem Mac, als Mac- und iOS-Produkt näher zusammengeführt wurden. Auch nach dem Kauf der Videoschnitt-Software Final Cut Pro durch Apple und der erstmals unter Apple-Ägide veröffentlichten Version Final Cut Pro X gab es Kritik am geringeren Funktionsumfang. Dennoch: Bei Design und Userinterfaces macht Apple niemand etwas vor.
Fazit: Sieger ist eindeutig Apple. 1:0 für den iPhone-Konzern.
Cloud und Software aus dem Netz
Das Bild, mit dem vermutlich die meisten Google verbinden, ist die schlichte Suchmaske der Websuchmaschine. Die Magie von Google findet unter der Oberfläche statt. Das Herz des Google-Konzerns sind die Server und die darauf laufende Software im Backend. Die Domäne von Google ist das Internet – und damit auch die Cloud.
Ob Google Drive mit Speicher, Textverarbeitung und Tabellen online oder Gmail – Software aus dem Internet ist Googles Stärke, während Apple mit seinem iCloud-Dienst bis heute immer wieder Probleme hat. Google-Web-Software sieht in der Regel nicht besonders schön aus – aber sie läuft zuverlässig. Und anders als bei anderen bekannten Anbietern gab es bisher auch weder größere bekanntgewordenen Sicherheitslücken oder Datenverluste.
Fazit: Sieger ist eindeutig Google. Es steht 1:1.
Hardware
Apple versteht sich seit Bestehen des Unternehmens darauf, gute und solide Hardware zu bauen – von einzelnen Fehltritten abgesehen. Google muss dagegen auf Hardware-Partner wie HTC setzen, wenn es eigene Geräte wie die Smartphones und Tablets der Pixel-Serie auf den Markt bringt. Das größere Problem sind aber Dritthersteller, die den Löwenanteil der Smartphones mit Googles Android-System ausmachen und teilweise immer noch nicht zeitnah wichtige Updates mit Sicherheitsaktualisierungen einspielen.
Die Tatsache, dass Apple die Hardware in großen Stückzahlen selbst fertigt und zu einem Premium-Preis verkauft, ermöglicht dem Konzern die berühmten Traummargen, die insbesondere beim iPhone zum Tragen kommen – dem meistverkauften Produkt aller Zeiten, wenn man alle iPhone-Versionen zusammenrechnet. Tendenziell wächst beim iPhone auch noch der Anteil, den Apple selbst fertigen lässt statt einzukaufen.
Fazit: Apple hat hier dank eigener Hardware die Nase vorn. 2:1 für Apple.
Ökosystem
Google und Apple beherrschen derzeit die beiden wichtigsten IT-Ökosysteme der Welt: Android und iOS. Googles Smartphone-System ist klarer weltweiter Marktführer – laut den Marktforschern von IDC liegt er stabil bei fast 90 Prozent weltweit. Apples mobiles Betriebssystem iOS ist in reifen Märkten – allen voran den USA – anteilig stärker und erweist sich in der Premium-Kundschaft als besonders stabil. iPhone-Käufer gehören zu den treuesten und zufriedensten Kunden überhaupt. Fast immer gilt: Einmal iPhone, immer iPhone.
Durch die starke Stellung von iOS im Premium-Segment, insbesondere den immer noch kaufkräftigen USA, bleibt iOS trotz Androids weltweiter Dominanz ein gesundes App-Ökosystem mit vielen interessanten Programmen – nicht selten auch exklusiv. Zudem ist iOS auch die sicherere Plattform. In den zehn Jahren, die das iPhone nun bereits auf dem Markt ist, gab es keine einzige weit verbreitete Malware für das Apple-System. Android ist da schon gefährdeter.
Fazit: Google ist hier Sieger – aber weniger weit vorne, als es der deutlich größere Marktanteil vermuten lassen würde. Halber Punkt für Google, Apple ist mit 2:1,5 immer noch knapp in Führung.
Machine Learning
Wie sind Apple und Google bei den Zukunftsthemen aufgestellt? Ein zentrales Thema ist die künstliche Intelligenz mit Hilfe von Machine Learning. Hier hat Google Glück: Das Hype-Thema liegt in der DNA des Unternehmens, das von Anfang an auf Algorithmen setzte, um die relevantesten Suchergebnisse oder die passende Werbung auszuspielen. Dadurch arbeiten einige der besten Machine-Learning-Experten der Welt bei Google. Dazu gehört auch der Londoner Zukauf Deepmind – die Firma, die mit dem Sieg ihrer Software Alpha-Go gegen menschliche Go-Meister den Hype rund um Machine Learning erst so richtig ins Rollen brachte.
Auch wenn Apple hier unter anderem durch zahlreiche Einstellungen versucht aufzuholen: Wie weit Google den iPhone-Hersteller auf dem Gebiet inzwischen abgehängt hat, kann jeder ganz praktisch erleben, der den Sprachassistenten Google Now gegen Apples Siri antreten lässt. Sowohl die Spracherkennung als auch intelligente Assistenten-Funktionen funktioniert bei der Google-Lösung deutlich besser.
Fazit: Klarer Punktsieg für Google, die damit mit 2:2,5 in Führung gehen.
Augmented Reality
Ein weiteres Zukunftsthema ist der Mix aus virtueller und echter Realität – die sogenannte Augmented Reality (AR). Was Apple bei der jüngsten Keynote hier gezeigt hat, ist beeindruckend. Der Twitter-Account @madewithARKit zeigt weitere Beispiele, die mit Hilfe von Apples AR-Schnittstelle AR-Kit entstanden sind und staunen lassen. AR-Kit könnte die Voraussetzung für eine ganze Welle neuer Innovationen auf der iOS-Plattform bilden. Als eines der ersten größeren Unternehmen nutzt Ikea die Schnittstelle, um Kunden zu zeigen, wie die Möbel in der eigenen Wohnung aussehen würden.
Indem Apple jetzt bereits eine fertige Schnittstelle präsentiert hat und Entwickler auffordert, für diese Apps zu programmieren, hat Apple einen Vorsprung von zwei bis drei Jahren gegenüber Googles Android-System, zitiert der britische Asus Zenfone AR verfügbar.
Fazit: Klarer Sieg für Apple, das damit wieder 3:2,5 in Führung geht.
Innovationskultur
Beim Thema Innovationen könnten die Ansätze von Apple und Google kaum unterschiedlicher sein: Google lebt seit Gründung vom Prinzip „Trial and Error.“ Vieles wird ausprobiert – und wenn es nicht klappt eben wieder eingestellt. Bekannte Beispiele dafür sind die eingestellte Unternehmenskommunikations-Software Google Wave oder der nicht mehr verfügbare RSS-Feedreader Google Reader. Apple probiert sich nicht aus. Wenn Apple etwas tut, dann richtig – so die Konzern-Devise.
Lange galt bei Google die „20-Prozent-Regel“, nach der Google-Mitarbeiter ermutigt wurden, sich jeden fünften Tag vom Arbeitsalltag zu lösen und um eine eigene Projekt-Idee voranzutreiben. Daraus entstanden Dienste wie Gmail, Google News, Google Maps und Adsense. 2013 behauptete der Tech-Journalist Christopher Mims in einem Artikel für Quartz, dass die 20-Prozent-Regel so gut wie tot sei. In dem 2015 veröffentlichten Buch „Work Rules!“ schreibt Googles Personalchef, dass nur rund zehn Prozent der Mitarbeiter von der Regel Gebrauch machen.
Ob nun mit oder ohne 20-Prozent-Regel: Große Innovationen hat man von Google länger nicht mehr gesehen. Soziale Kommunikation wird inzwischen in der westlichen Welt fast ausschließlich über Facebook-Kanäle abgewickelt – von Facebook selbst über Whatsapp bis Instagram. Auch bei mobilen Werbeformaten hat Facebook Google die Butter vom Brot genommen. Das Thema Augmented Reality hat Google mit der Google Glass zwar früh erkannt aber schlecht umgesetzt.
Und auch Apples Innovations-Strahlkraft hat deutlich nachgelassen. Mit der jüngsten Keynote feuerte Apple zwar ein kleines News-Feuerwerk ab – aber das lag vor allem daran, dass Apple einiges aufzuholen hatte. Bei der Mac-Plattform lieferte Apple endlich lange vernachlässigte Hausaufgaben wie Macs mit Intels aktueller Prozessorgeneration nach, die Neuerungen beim iPad Pro sind vor allem eine Antwort auf Microsofts Erfolge mit den Surface-Geräten.
Die Apple Watch verkauft sich zwar besser als jede andere Smartwatch – aber das „Next Big Thing“ ist sie definitiv nicht. Der Economist vermutet, dass Apples fehlende Innovationskultur vor allem ein personelles Problem ist: Die Führungsriege besteht fast ausschließlich aus Managern, die bereits seit den 1990er Jahren für Apple arbeiten und Apple ist nicht gut darin, frisches Blut ins Unternehmen zu holen, die neue Fähigkeiten und Ideen einbringen. Einige Gerüchte über die Neuerungen des iPhone 8 und AR-Kit machen allerdings Hoffnung.
Fazit: Die Innovationskraft beider Konzerne war schon mal deutlich besser – hier kann kein Punkt vergeben werden, noch immer steht es 3:2,5 für Apple.
Geschäftsmodell
Auf den ersten Blick haben Apple und Google-Mutter Alphabet eine ganz ähnliche Schwäche: Mehr als 60 Prozent des Umsatzes und ein größerer Anteil des Gewinns bei Apple hängt an einem einzigen Produkt – natürlich dem iPhone. Bei Alphabet stammen mehr als 80 Prozent der Umsätze und ebenfalls ein noch höherer Anteil des Gewinns aus Online-Werbung. Alle Versuche, den Geschäftserfolg von Google auf breitere Füße zu stellen, waren bisher nicht erfolgreich. Die zahlreichen Experimente von Alphabet in den Abteilungen außerhalb von Google, beispielsweise beim autonomen Fahren oder Medizintechnik, verbrennen bisher nur Geld.
Nun ist ein einziges Produkt – also das iPhone – natürlich etwas anderes als ein ganzer Markt wie Online-Werbung, der auf absehbare Zeit nicht verschwinden wird. Ein Hardware-Produkt für Konsumenten ist stärker Trends unterworfen als der B2B-Markt der Online-Werbung. Das iPhone ist dem Risiko ausgesetzt, irgendwann nicht mehr hip zu sein, weil sich eine neue Konsumenten-Marke etabliert, die das dann angesagte Smartphone produziert – oder ein völlig neuartiges Gerät, das ein Smartphone überflüssig macht.
Vermutlich vor allem daher wird die Apple-Aktie seit vielen Jahren abgestraft: Pro Dollar Gewinn zahlen Aktionäre für einen Anteil am iPhone-Hersteller viel weniger als für eine Aktie anderer Tech-Konzerne wie Alphabet. Das Kurs-Gewinn-Verhältnis gemessen am prognostizierten Gewinn für 2018 liegt aktuell bei rund 13,3 bei der Apple-Aktie und bei rund 23 für einen Anteilsschein an Alphabet – je höher der Wert, desto „teurer“ ist die Aktie im Vergleich zum Gewinn des Unternehmens. Insbesondere durch die Kompetenz im Bereich Machine Learning hat Alphabet die deutlich besseren Aussichten, den Gewinn künftig breiter diversifizieren zu können. Der Google-Konzern könnte beispielsweise zu einem Dienstleister von Business Intelligence für Unternehmen werden.
Fazit: Punktsieg für Google – auf den letzten Metern schiebt sich der Online-Werbe-Konzern am iPhone-Hersteller vorbei. Endstand: 3:3,5 – und damit ein knapper Sieg für Google.