Ausnahme bei Verbrenner-Aus: Warum E-Fuels volkswirtschaftlicher Unfug sind
Natürlich adressierte Ursula von der Leyen in ihrer politischen Vision, die sie für die EU in den nächsten fünf Jahren vorsieht, auch das eigentlich schon beschlossene Verbrenner-Aus. E-Fuels sollten eine besondere Rolle spielen, wenn es um das Erreichen der Klimaziele ging. In Deutschland drängt vor allem die FDP dazu, dass es für die mit den synthetischen Kraftstoffen fahrenden Verbrenner-Fahrzeuge Ausnahmen geben soll und sie als klimaneutral anerkannt werden sollen.
Das Verführerische an synthetischen Treibstoffen: Sie versprechen, eine Brücke zwischen Klimaschützern und konservativen Autofahrern zu bauen, ohne dass irgendjemand seine Gewohnheiten ändern müsste. Zudem lässt sich die bestehende Verbrennerflotte nur durch E-Fuels dekarbonisieren.
E-Fuels mit grottenschlechter Energiebilanz
Das Problem dabei: E-Fuels haben eine grottenschlechte Energiebilanz. Zu ihrer Herstellung braucht man gewaltige Mengen Strom. Damit wird zunächst Wasserstoff erzeugt und aus diesem dann flüssiger Treibstoff. Bei jedem Schritt gibt es große Umwandlungsverluste.
Andere Sektoren brauchen aber ebenso dringend Energie aus erneuerbaren Quellen, um ihre Klimaverpflichtungen zu erfüllen. Die Konkurrenz ist groß: Ökostrom kann etwa fossile Kraftwerke aus dem Markt drängen, Speicher zur Stabilisierung des Stromnetzes laden, Wärmepumpen antreiben oder Wasserstoff erzeugen. Wasserstoff wiederum lässt sich nutzen, um die Stahl- oder die Ammoniakherstellung zu dekarbonisieren, Brennstoffzellen-Fahrzeuge anzutreiben oder eben zur E-Fuel-Produktion. Und E-Fuels können in Flugzeugen, Lokomotiven, Schiffen, Lastwagen oder Autos eingesetzt werden.
Knappe Ressourcen sinnvoll einsetzen
Alle diese Bereiche lassen sich nicht gleichzeitig bedienen. Allein die Stahl- und Chemiebranche kann ein Vielfaches dessen verdauen, was Deutschland in absehbarer Zeit liefern kann. Erneuerbare Energie wird erst mal ein rares Gut bleiben, ob mit oder ohne Importe. Es gilt also, die knappe Ressource möglichst sinnvoll einzusetzen. Eine Hilfestellung bieten zwei Kriterien. Erstens: Wie effizient ist die Anwendung? Zweitens: Welche Alternativen gibt es?
Auf beiden Ebenen sieht es für E-Fuels für Autos ziemlich trostlos aus. Beginnen wir mit der Effizienz: Der Strom einer einzigen mittelgroßen Windkraftanlage kann laut VDE rund 1600 batterieelektrische Autos versorgen, 600 Fahrzeuge mit Brennstoffzelle und nur 250 Autos, die die Windkraft über E-Fuels tanken. Ihr Wirkungsgrad ist also um den Faktor sechs schlechter als der von Akku-Stromern.
Verbrenner bieten kaum noch Vorteile
Bei den Alternativen sieht es nicht besser aus. E-Autos sind längst alltagstauglich. Außer für extreme Kilometerfresserei bieten Verbrenner kaum noch Vorteile. Anders ist die Lage etwa bei Langstreckenflugzeugen. Hier lässt sich die hohe Energiedichte synthetischer Kohlenwasserstoffe kaum ersetzen. Eine Nische mögen E-Fuels auch noch im Motorsport oder bei Oldtimern finden. Sie aber im großen Maßstab in normalen PKWs verbrennen zu wollen, ist volkswirtschaftlicher Unfug.
Bleibt noch ein Argument zugunsten der E-Fuels: die Dekarbonisierung des Bestands. Verbrenner werden durch das Aufkommen von E-Autos schließlich nicht plötzlich verschwinden, sondern wohl noch lange auf den Straßen unterwegs sein. Das ist nicht von der Hand zu weisen. Aber die EU will natürlich niemanden daran hindern, E-Fuels – so sie denn verfügbar sind – fossilem Diesel oder Benzin für die vorhandenen Verbrenner beizumischen. Die Debatte, in die sich – zumindest in Deutschland – die FDP verbissen hat, dreht sich ausschließlich um Neuzulassungen.
Wirft man einen Blick in die Autoindustrie, so scheinen dort E-Fuels – im Gegensatz zur Politik – keine allzu große Rolle zu spielen. Die meisten Hersteller wollen ihre Verbrennerproduktion ohnehin einstellen. Sie sind an verlässlicher Planung interessiert. Ein beharrliches Festhalten an einem wenig zukunftsweisenden Treibstoff ist da keine Lösung.