Autoindustrie fordert deutliche Unterstützung beim Ausbau des Ladenetzes für E-Autos
Auf dem jüngsten „Autogipfel“ ist die Präsidentin des Verbands der deutschen Automobilindustrie, Hildegard Müller, mit ihrer Idee eines „Ladegipfels“, den sie bereits Anfang November ins Spiel gebracht hatte, auf Gehör gestoßen. Nun sollen möglichst noch vor Weihnachten Vertreter der Mineralölindustrie, der Energiewirtschaft, der Wohnungswirtschaft, der Kommunen, der Politik und der Automobilindustrie an einen Tisch gebracht werden. Das berichtet Reuters.
Vor allem von der Beteiligung der kommunalen Ebene in Form der Bürgermeister verspricht sich der VDA einiges. Erreicht werden müsse, dass sich jede Kommune an einen konkreten Umsetzungsplan halte und auch aktiv Standorte beisteuere.
Auf Autogipfel folgt Ladegipfel
Das Ziel des Treffens besteht in der Vereinbarung einer verbindlichen Strategie, wie die Zahl der Ladesäulen in Deutschland rasch gesteigert werden kann. Dabei ginge es ihr zwar auch um die Beteiligung des Staates mit finanziellen Mitteln, so Müller am Mittwoch. Ebenso wichtig sei ihr jedoch eine verbesserte Koordination des Netzausbaus und die Beschleunigung der Genehmigungs- und Umsetzungsverfahren.
Um das gemeinsam vereinbarte Ziel, bis 2030 eine Million öffentliche Ladepunkte im Land zu haben, müssten nach Berechnungen Müllers ab sofort wöchentlich 2.000 dieser Punkte in Betrieb gehen. Tatsächlich würden aber nur rund 200 neue Ladepunkte pro Woche entstehen. Bei diesem Tempo sei eine Überlastung des einzelnen Ladepunkts absehbar. Schon jetzt kämen 13 E-Autos auf einen Anschluss, bis Ostern könnten es mindestens 20 sein.
Nach Angaben der Energiewirtschaft war die Zahl der öffentlichen Ladepunkte zuletzt auf rund 33.000 gestiegen. Seit April wären damit etwas mehr als 5.000 Stationen zusätzlich errichtet worden – unter 1.000 pro Monat. Das trifft ziemlich genau die VDA-Schätzung.
Zusätzlicher Druck auf den Ladenetzausbau entsteht durch die EU-Pläne zur weiteren Verschärfung der Abgasnorm für Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor. Die bezeichnet die VDA-Chefin als „Verbotspolitik durch die Hintertür“. Denn die Vorgaben der geplanten Abgasnorm Euro 7 seien schlicht „technisch nicht zu schaffen“.
BMW-Chef Oliver Zipse bringt einen weiteren Aspekt ins Spiel. Er hatte bei einer Veranstaltung der Süddeutschen Zeitung dazu geraten, sich zumindest so lange gegenüber anderen Antriebsarten offenzuhalten, bis der Ausbau der Ladeinfrastruktur abgeschlossen sei. Es bringe nichts, „Antriebsarten gegeneinander auszuspielen.“
Würde dennoch an Euro 7 in der geplanten Form festgehalten, sagt Zipse als Effekt eher eine weitere Schädigung des Klimas, denn einen positiven Effekt voraus. Denn wenn man die Neuzulassung künftiger Verbrenner verbiete, es aber nicht ausreichend Ladestationen für E-Autos gebe, würden die Menschen ihre alten Autos einfach weiterfahren.
Einigkeit herrscht hinsichtlich des Förderpakets der Bundesregierung für die Autoindustrie und vor allem deren Zulieferbereiche. Gut drei Milliarden Euro werden hier bereitgestellt. Dadurch werde der Hochlauf der Elektromobilität erleichtert, sagte Müller.
Auch Daimler-Chef Ola Kaellenius, der erst kürzlich eine Schrumpfung seines Unternehmens über die nächsten fünf Jahre angekündigt hatte, gab den Ergebnissen des Autogipfels am Dienstagabend die Note „Sehr gut“. Der Ausbau der Ladeinfrastruktur sei kritisch. Denn nur bei einer ausreichenden Zahl an Ladestationen werde es attraktiv für die Kunden, umzusteigen. Der Strom für E-Autos müsse aber grün sein, sonst werde bei der CO2-Reduktion nichts gewonnen.
Das sind die weiteren Maßnahmen der Bundesregierung zum E-Mobilitätswandel
Die Bundesregierung hatte am Dienstagabend eine Verlängerung der Kaufprämie für Elektroautos bis 2025 beschlossen. Ergänzend wird es eine Abwrackprämie für ältere Lkw und einen Fonds zur Unterstützung der Betriebe bei der Umstellung auf klimafreundliche Antriebe geben. Auch die Zulieferindustrie wird mit weiteren Hilfen unterstützt.
Auf der anderen Seite erwartet die Bundesregierung einen „ambitionierten Beitrag“ der beteiligten Wirtschaftssektoren zum Ausbau der Lademöglichkeiten. Das erste Etappenziel besteht in der Ausrüstung von mindestens 25 Prozent aller Tankstellen mit Schnelllade-Einrichtungen bis Ende 2022. Danach soll die Quote schrittweise erhöht werden. Hier soll die Mineralölindustrie eine Selbstverpflichtung abgeben. Sollten freiwillige Maßnahmen nicht ausreichen, um das angestrebte Ziel zu erreichen, will die Regierung die Quoten gesetzlich durchsetzen.
Hier habe ich wenig Hoffnung, dass die anvisierten Ziele nur im Ansatz rechtzeitig erreicht werden.
Das Ziel ist klar definiert … das war es dann aber auch schon.
Hier geht es nicht nur darum Fahrzeuge auf den Markt zu werfen. Die Rahmenbedingungen zum Betrieb müssen ebenfalls geschaffen werden. Und diese müssen realistisch bewertet werden.
Hier bleiben einige Fragen offen:
– Es gibt über 58 Millionen PKWs in Deutschland. Selbst wenn auf jedes zweite Fahrzeug verzichtet werden würde (was den Leuten erstmal beigebracht werden müsste), wie sollen diese an den 1 Million öffentlichen Ladestellen geladen werden?
– Natürlich müssen auch private Ladestellen her. Aber wie versorge ich die PKWs eines Mehrfamilienhauses? Mit je 20 Ladestrippen die über den öffentlichen Gehweg laufen?
– an der Tankstelle verbringe ich 5-10 Minuten um zu tanken und gebe dann den Platz wieder frei. Hier gibt es ja jetzt schon hin und wieder mal Stau. Wie soll das laufen, wenn jeder Wagen 30-45 Minuten geladen werden muss?
Ich möchte nicht alles schwarz malen, aber leider müssen auch kritische Fragen gestellt werden.
Die Antworten darauf wird man der Bevölkerung vermutlich noch lange schuldig bleiben.
Ich hoffe, dass die Verantwortlichen in ihren Berechnungen keinen Denkfehler machen und auch die aktuellen Technologie-Entwicklungen berücksichtigen.
Wenn in ein paar Jahren Akkus mit wesentlich mehr Kapazität bzw. Kilometerleistung und zugleich kürzeren Ladezeiten verfügbar sind (siehe SALD Akkus: https://t3n.de/news/fraunhofer-super-akku-e-autos-1337689/ ), dann wir sich der Ladezyklus vieler E-Autos ebenfalls drastisch reduzieren. Das heisst, bei 2000 km Fahrleistung muss ein Auto im Schnitt noch alle zwei Wochen für 20 Minuten an die Ladesäule.
Somit könnte 1 Ladesäule (bei 12 Std. Nutzung / Tag) innerhalb 14 Tage rund 500 Autos laden. Was wiederum bedeutet, dass mit den 33’000 bestehenden öffentlichen Ladepunkten bereits über 16 Millionen moderne E-Autos geladen werden könnten.
Generell wird bei einer gesteigerten km-Leistung der Bedarf an öffentlichen Ladestellen sowieso sinken, da die meisten Fahrer über Nacht zu Hause laden werden.