Du bist befördert worden – warum Unabhängigkeit jetzt besonders wichtig ist

Gestern noch Sachbearbeiter und heute Gruppenleiter mit personeller Verantwortung – so eine Beförderung fühlt sich gut an. Der nächste Schritt auf der Karriereleiter ist geschafft. Der Umzug an einen neuen Schreibtisch ist ein Kinderspiel. Nicht so einfach hingegen ist der Wechsel in eine neue Rolle. Du bist nicht mehr Kollege, du bist jetzt Chef. Das ändert einiges.
„Keiner wird befördert, weil er führen kann“, so Geschäftsführer-Coach Bernd Geropp. Vorgesetzte trauten es ihrem Mitarbeiter einfach nur zu, dass er das Führen hinbekommt. Gutes Benehmen und besonders gute Facharbeit seien in der Regel die Hauptargumente für eine Beförderung. Geropp hält das für einen gefährlichen Denkfehler. Fachkompetenz sei nicht ausschlaggebend für Führungskompetenz. „Die Probleme einer Führungskraft haben selten mit fachlicher Fähigkeit zu tun, sondern sind meist zwischenmenschlicher Natur“, ist Geropp überzeugt. „In der Rolle der Führungskraft bist du herausgehoben – ob du das willst oder nicht. Die anderen sehen es in jedem Fall so.“ Doch auf diese Rolle würden die angehenden Führungskräfte nicht vorbereitet. Als Chef müsse man das bisherige Auftreten und Verhalten überdenken und zumindest in einigen Punkten anpassen. Das falle vielen neuen Führungskräften schwer. „Eines ist klar: Wer sich aufgrund seiner neuen Position übertrieben autoritär verhält, der wird scheitern“, so Geropp. „Aber auch der umgekehrte Fall – also wenn man sich alles gefallen lässt und sich anbiedert – geht schief.“ Hier sei Fingerspitzengefühl gefordert. Und eine besonders gefestigte Persönlichkeit – eine Persönlichkeit, die ihre Kraft aus dem Inneren und nicht zwangsweise aus einem harmonischen Außenverhältnis gewinnt.
Es ist ein schönes Gefühl, von anderen Menschen gemocht zu werden. Für erfolgreiche Führung sei das aber nicht entscheidend. Hier gehe es vor allem darum, gemeinsam Ziele zu erreichen. „Entscheidend ist, dass du respektiert wirst – und zwar nicht aufgrund der Position, sondern aufgrund des Verhaltens“, so Geropp. Dabei dürfe Respekt nicht mit Höflichkeit verwechselt werden. Höflichkeit sei ein rein äußeres Verhalten, Respekt hingegen eine innere Haltung, die man sich verdienen müsse. „Dazu gehört, eine klare Position zu beziehen, eine eigene Meinung zu haben und zu sagen, was Sache ist“, so Geropp. Es gehe darum, sich fair und berechenbar zu verhalten. „Respekt verdient sich, wer ein gewisses Maß an emotionaler Unabhängigkeit hat“, ist der Coach überzeugt.
Das ist nicht so einfach. Jeder habe Angst vor Ablehnung und das Bedürfnis nach Zugehörigkeit. „Bei vielen frischgebackenen Führungskräften wurde dieses Bedürfnis früher dadurch gestillt, dass sie sich im Kollegenkreis gut aufgehoben fühlten“, weiß Geropp. „Man kannte sich gut, half sich, traf sich vielleicht auch außerhalb des Büros – und man schimpfte gemeinsam über den Chef.“ Dieser Schulterschluss ist nun Geschichte. Als Chef gehörst du nicht mehr dazu. Vom Flurfunk bist du weitgehend abgeschnitten. Im schlimmsten Fall bist du jetzt das Feindbild – der Chef, über den gelästert wird. Das musst du aushalten. Eine Verbrüderung nach dem Motto „wir lästern gemeinsam über das Top-Management“ ist gefährlich. Schließlich erwarten deine Vorgesetzten, dass du dich professionell und loyal verhältst.
Mehr zum Thema: Weil der Beste nicht Chef sein sollte: Beförderung in der Fachlaufbahn immer wichtiger
Bitte beachte unsere Community-Richtlinien
Wir freuen uns über kontroverse Diskussionen, die gerne auch mal hitzig geführt werden dürfen. Beleidigende, grob anstößige, rassistische und strafrechtlich relevante Äußerungen und Beiträge tolerieren wir nicht. Bitte achte darauf, dass du keine Texte veröffentlichst, für die du keine ausdrückliche Erlaubnis des Urhebers hast. Ebenfalls nicht erlaubt ist der Missbrauch der Webangebote unter t3n.de als Werbeplattform. Die Nennung von Produktnamen, Herstellern, Dienstleistern und Websites ist nur dann zulässig, wenn damit nicht vorrangig der Zweck der Werbung verfolgt wird. Wir behalten uns vor, Beiträge, die diese Regeln verletzen, zu löschen und Accounts zeitweilig oder auf Dauer zu sperren.
Trotz all dieser notwendigen Regeln: Diskutiere kontrovers, sage anderen deine Meinung, trage mit weiterführenden Informationen zum Wissensaustausch bei, aber bleibe dabei fair und respektiere die Meinung anderer. Wir wünschen Dir viel Spaß mit den Webangeboten von t3n und freuen uns auf spannende Beiträge.
Dein t3n-Team