Diese Berliner Gründerinnen starten mit Produkten für Frauen durch
In ihrem ersten Interview als Milliardärin trägt die 31-jährige Whitney Wolfe Herd ein gelbes Jacket, hinter ihr ist ein Regal in Form einer Bienenwabe zu sehen, ähnlich dem Logo ihrer Dating-Plattform Bumble.
In ihrer App geht’s um Bienen und Blumen. Aber bei Bumble sind die Frauen die Bienen und müssen sich eine Blüte suchen. Männer können auf Bumble nicht den ersten Schritt gehen.
Whitney Wolfe Herd hat ein Händchen für Namen. Nach eigenen Angaben war sie es, die sich den Namen „Tinder“ ausdachte, als sie noch bei Tinders Mutterunternehmen Match Group arbeitete. Wolf Herd war dort Marketing-Chefin, in einer Zeit, in der Tinders Nutzerzahlen sprunghaft anstiegen.
2014 verklagte Wolfe Herd die Match Group wegen sexueller Belästigung und verließ das Unternehmen. In der Anklage sagte sie, andere Chefs hätten sie beleidigt, ihr den Titel „Co-Gründerin“ aberkannt. Berichten zufolge einigten sich Wolfe Herd und die Match Group außergerichtlich für etwas über eine Million US-Dollar.
Aus Frust über die Erfahrungen mit Tinder und der Match Group gründete Wolfe Herd kurz darauf Bumble: eine Dating App, auf der Frauen den ersten Schritt machen. Und auch 70 Prozent der Chefetage ist mit Frauen besetzt. Wolfe Herds rund elf Prozent an dem Unternehmen machten sie nach dem Börsengang zur Milliardärin.
In dem Milliarden-Unternehmen Bumble stecken zwei große Ideen: Erstens, ein Unternehmen aufzubauen, dass sich an die Bedürfnisse von Frauen wendet. Das klingt banal, aber bis jetzt sind männliche Körper, Lebensweisen und Daten das Maß für fast alle Produkte, die nicht speziell für Frauen vermarktet werden: von der Größe des Handy-Bildschirms bis hin zu Schutzwesten bei der Polizei.
Zweitens: Die Idee, ein Unternehmen aufzubauen, das von Frauen geführt wird, in dem Frauen sich wohlfühlen. Das klingt auch nicht nach Raketenwissenschaft. Aber in den Chefetagen des Silicon Valley sind Frauen immer noch eine Ausnahme. In der Umfrage „Women Who Tech“ gaben 44 Prozent der weiblichen Gründerinnen an, schon einmal am Arbeitsplatz belästigt worden zu sein. Bumble soll ein Unternehmen „von Frauen, für Frauen“ sein, sagt CEO Whitney Wolfe Herd.
Auch die deutsche Startup-Szene fördert überproportional Männer. Aber auch in der deutschen Startup-Szene gibt es Gründerinnen, die Produkte für Frauen entwickeln – und damit eine große aber unterversorgte Nische entdecken. Was sind ihre Herausforderungen?
Unternehmen von Frauen, für Frauen
Julia Rittereiser ist Gründerin und Chefin von Kora Mikino. Bevor sie das Unternehmen für Perioden-Unterwäsche gründete, hat Rittereiser fünf Jahre bei Google in Dublin, San Francisco und Deutschland gearbeitet.
Aktuell entwickelt Rittereiser mit Kora Mikino eine Creme gegen Periodenschmerzen. „Periodenschmerzen haben einen riesigen Impact auf das Leben von menstruierenden Menschen. Und alles, was du kriegst, ist Ibuprofen“, erklärt sie in einem Telefonat. Ihre Creme sei eine Mischung aus organischem Chili-Öl und Zitrone. Der Auftragsmechanismus führe zu Mikroreizungen der Haut und aus der Kombination entstehe Wärme. Die Creme soll wie eine Wärmflasche wirken, nur eben zum Mitnehmen. „Das hat mehr Bums als eine chemische Creme. Das kannst du in der Handtasche haben, auf der Toilette auftragen und du hast vier bis fünf Stunden Wärmeleistung“, so Rittereiser.
„Als ich die Idee für einen Kredit bei der Bank gepitcht habe, haben die Männer der Runde gesagt: ‚Periodenschmerzen? Macht doch lieber was für Hämorriden oder Inkontinenzunterwäsche für Männer!‘ Periodenschmerzen war für die ein absurdes Thema, trotz der Zahlen und einem innovativem Produkt“, erzählt Rittereiser.
„Wie oft kommt denn die Periode?“
„Weibliche Geschäftsmodelle sind nicht unbedingt die Vorreiter, wenn es um die Höhe der Investments geht“, sagt Ann-Sophie Claus in einem Telefongespräch. Claus ist Gründerin von The Female Company – einem Unternehmen für Perioden- und Schwangerschaftsprodukte – und eine Konkurrentin von Rittereiser. „Ich verstehe das auch, weil ich ja eine Solution für einen Need baue, den viele Investoren nicht nachempfinden können.“ Bei manchen Fundraising-Runden, so Claus, „muss man erstmal Biologie-Stunde machen. Die Fragen dann ‚Wie oft kommt denn die Periode?‘“
Investorinnen – und mehr ROI
Bettine Schmitz ist Angel Investorin bei Auxxo Investments, ein Investment-Pool, der versucht, besonders Unternehmen von Frauen zu fördern. Studien von der Boston Consulting Group, der Kauffmann Foundation oder MassChallange konnten zeigen, dass Startups von Gründerinnen im Durchschnitt zwar wesentlich weniger Geld bekommen, dafür aber einen mehr als doppelt so hohen Return on Investment haben.
„Wenn jemand so etwas wie Perioden-Unterwäsche für Männer gemacht hätte, wäre denen das Geld hinterhergeschmissen worden“, sagt Schmitz in einem Telefonat. Dass Gründerinnen schwerer an Geld kommen, obwohl sie es laut Studien im Durchschnitt besser einsetzen als Gründer, hat laut Schmitz viel damit zu tun, dass die Investoren meistens Männer sind. „Investment ist ein bisschen Analyse, aber gerade am Anfang entscheidet vor allem die Fantasie, die Vorstellungskraft, wie groß etwas sein kann“, so Schmitz. „Wenn du ein Problem nicht kennst, kannst du es nicht nachvollziehen. Und wenn die Investoren alle Männer sind, können die Frauenthemen schwer nachvollziehen.“
8 Millionen für ein Mini-Labor
Eine Fem-Tech-Gründerin, die das Fundraising schon hinter sich hat, ist Eirini Rapti von Inne. Acht Millionen Euro hat Rapti für ihr Produkt eingesammelt: Ein Labor in der Größe eines Tennisballs, in dem Frauen mit Teststäbchen und Speichel ihren Hormonhaushalt messen und ihre fruchtbaren Tage bestimmen können.
„Hormone und wie sie sich über den Zyklus verändern, sind der Grund, warum wir ovulieren, warum wir menstruieren oder nicht, ob eine Schwangerschaft bleibt oder wir eine Fehlgeburt erleiden, und bestimmen auch, wann wir in die Menopause gehen. Je besser wir verstehen, wie Hormone sich in verschiedenen Altersstufen ändern, desto besser können wir uns um Frauen kümmern“, so Rapti am Telefon. Zuvor, so Rapti, konnten Hormone nur im Urin oder Blut gemessen werden oder Speichel musste an eine Klinik geschickt werden. Inne sei das einzige zertifizierte medizinische Gerät, mit dem Frauen Hormone im Speichel zu Hause messen können.
Aber auch Rapti hatte es nicht leicht mit Investoren. Manche kamen unvorbereitet zu ihren Pitches und verstanden das Problem nicht, so Rapti. „Warum würde eine Frau das jeden Tag benutzen wollen?“, hätten sie gefragt – und nach Beispielen für andere Produkte verlangt, die Frauen monatlich kaufen. (Die Test-Stäbchen für das Mini-Labor können monatlich bestellt werden.)
„Können wir das auch für Männer-Gesundheit nutzen?“ – Ein Mann nach einem Pitch für das Hormon-Labor Inne.
„Nach einem Pitch fragte mich ein Typ: ‚Ich liebe, wie das Produkt aussieht. Können wir das auch für Männer-Gesundheit nutzen? Testosteron messen, den Leuten sagen, wenn sie mehr trainieren müssen.‘ (…) Man muss dann lachen, sonst wird man verrückt“, erzählt Rapti.
„Die Investment-Welt ist generell ungleich“, so Rapti. „Aber ich als Eirini glaube nicht, dass etwas unmöglich ist, bis ich nicht mein Bestes gegeben habe, um es zu versuchen. Es ist psychologisch eh schon hart. Wenn ich mir erlaube, auch nur für eine Minute zu glauben, dass ich Opfer bin, dass es zu hart ist, geht es nicht.“
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Bumble ist genauso schlecht wie tinder. Ohne Bezahlung kommt gar nichts bei rum und mit Bezahlung kann man die Apps dann nutzen, wie sie gedacht wurden, wenn der Faktor Mensch nicht dazu führen würde, dass die Mechanismen trotzdem nicht zum beworbenen Ergebnis führen.
Schön, dass auch Frauen erfolgreich gründen und nicht immer nur die Männer vorschicken. Ändert aber wenig daran, dass auch in Zukunft Unternehmen daran scheitern werden, dass die Vision des Gründers oder der Gründerin nicht umgesetzt werden konnte.