
Mit dem Open Library Explorer soll der Buchbestand der öffentlichen Bibliothek der Macher des „Internet Archive“ für jedermann zugänglicher werden. Dazu setzt das Projekt auf Skeuomorphismen und baut optisch echte Bücherregale und Bücher nach. Wie in einer realen Bibliothek werden die Bücher thematisch und dann nach Alphabet sortiert in rustikalen Regalen aufgereiht – dabei aber mit ihrer Frontseite nach vorn gezeigt. Sogar eine 3D-Ansicht haben die Macher in petto.
Die Nutzererfahrung ist so angelegt, dass sie den geneigten Besucher an den letzten Besuch in einer echten Bibliothek erinnern soll. Daran, wie es gewesen ist, einfach nach Büchern zu stöbern, ohne bereits thematisch und inhaltlich festgelegt gewesen zu sein.

Open Library Explorer in 3D. (Screenshot: Open Library)
Das ist die Philosophie hinter dem Explorer-Modus
Wie die Macher der Open Library in einem Beitrag zur Einführung des neuen Explorers beschreiben, soll diese Herangehensweise vor allem eine gewisse Unvoreingenommenheit propagieren. Menschen wären es heutzutage gewohnt, sich ausschließlich innerhalb von – meist algorithmisch begünstigten – Blasen zu informieren, die alles, was außerhalb des eigenen beschränkten Horizonts passiere, ausblenden.
Eine öffentlich zugängliche Bibliothek sei hingegen das exakte Gegenteil dessen. Das gelte zumindest dann, wenn – wie bei der Open Library – darauf geachtet würde, dass der Bestand keinen wie auch immer gearteten Auswahlkriterien unterläge. Die Open Library zeigt sich in dieser Hinsicht offen für alle Publikationen der Erde.
Abseits dieser idealisierenden Darstellung des neuen Explorer-Aufsatzes zur Open Library handelt es sich – nüchtern betrachtet – lediglich um eine sehr konventionelle Darstellungsweise des Bücherbestands. In der Tat mag der Explorer es manchen Nutzern erleichtern, Bücher zu finden, die sie mit gezielter Suche so nicht gefunden hätten. Wer sich allerdings ohnehin einen offenen Geist bewahrt hat, würde sicherlich auch ohne Explorer zu ihm oder ihr bisher unbekannten Werken gelangen.

Das ist die Startansicht des Explorer. (Screenshot: Open Library)
Das ist die Open Library
Das Projekt Open Library an sich ist nicht unumstritten und gilt vielen Verlagen als ein Musterbeispiel absichtlicher und organisierter Urheberrechtsverletzung. Mit mehr als 1,4 Millionen Büchern, davon gut die Hälfte in China eingescannt, bietet die Open Library Zugriff auf einen massiven Wissensbestand.
Eben das ist auch die erklärte Zielsetzung des Projekts. Ähnlich wie die Wikipedia wolle die Open Library das Wissen der Welt jedermann zugänglich machen. Dabei scheint sich das Projekt für den Willen der Wissensvermittler – nämlich den Autoren und Verlagen – nicht sonderlich zu interessieren. Mindestens als Haar in der argumentativen Suppe darf zudem gelten, dass die Open Library neben dem „Wissen der Welt“ auch Romane und andere fiktionale Inhalte im Verleih hat.
Das Projekt wird von verschiedenen Seiten juristisch angegriffen, unter anderem vom US-Autorenverband Authors Guild und von der britischen Schriftstellergewerkschaft The Society of Authors. Ein ähnlicher offener Ansatz, das Projekt Gutenberg, hatte in der Vergangenheit reihenweise Urheberrechtsprozesse verloren. Zumindest für den Zugriff aus Deutschland ist das Projekt seit 2018 komplett gesperrt.
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