Seit Ende Februar stehen Nutzer aus Deutschland, die auf das beliebte US-amerikanische E-Book-Portal Project Gutenberg zugreifen wollen, vor verschlossenen Türen. Nachdem zunächst nur deutsche Nutzer mit IPv4-Adressen betroffen waren, werden inzwischen auch IPv6-Adressen blockiert, wie Gregory Newby, Chef der hinter dem Portal stehenden Project Gutenberg Literary Archive Foundation, gegenüber Heise.de erklärte. Nutzer aus Österreich haben nach wie vor Zugriff auf Gutenberg.org.
Grund für den Ausschluss deutscher Nutzer ist ein verlorener Urheberrechtsstreit vor dem Landgericht Frankfurt am Main. Bei dem Streit geht es um insgesamt 18 auf der Seite www.gutenberg.org zugängliche E-Books, durch deren Veröffentlichung der S.-Fischer-Verlag seine Rechte verletzt sieht, wie es in einem entsprechenden Gerichtsurteil heißt.
Konkret handelt es sich demnach um digitalisierte Werke von Heinrich Mann, darunter „Der Untertan“, von Thomas Mann, etwa „Buddenbrooks“ oder „Der Tod in Venedig“, sowie Werke von Alfred Döblin wie „Wallenstein“. Laut dem Urteil droht der hinter dem Portal stehenden Project-Gutenberg-Literary-Archive-Foundation ein Ordnungsgeld von bis zu 250.000 Euro, falls die E-Books weiterhin zugänglich gemacht werden.
Project Gutenberg: Deutsche Nutzer von E-Book-Portal ausgeschlossen
Statt aber die digitalisierten Bücher von der Seite zu nehmen, haben sich die Project-Gutenberg-Macher dazu entschlossen, einfach deutsche Nutzer ganz von der Webseite auszuschließen. Newby verteidigt die harte Maßnahme damit, dass anderenfalls die Gefahr für das Projekt bestünde, auch wegen anderer Titel verklagt zu werden. Gutenberg.org, so Newby gegenüber Heise.de, denke aber darüber nach, die 18 betroffenen Titel zu löschen, wenn ein US-Gericht das verfügen solle.
Wer derzeit von Deutschland aus das E-Book-Portal ansteuert, stößt, wenn er den Katalog durchsuchen möchte, auf eine Meldung, dass die eigene IP-Adresse blockiert wird. Die Maßnahme bleibe bestehen, bis sich an der rechtlichen Situation etwas ändere, schreiben die Projektbetreiber. Das bei Spiegel Online gehostete Projekt Gutenberg.DE hat laut den Gerichtsunterlagen nichts mit der US-Seite zu tun und ist daher auch nicht betroffen.
Dass es überhaupt zu dem Rechtsstreit gekommen ist, liegt daran, dass die genannten Werke in Deutschland weiterhin urheberrechtlich geschützt sind, während ihre Übersetzungen in den USA schon gemeinfrei sind. Der klagende Verlag hatte sich darauf berufen, dass Project Gutenberg eine deutschsprachige Version seiner Plattform anbietet und sich daher direkt an deutsche Nutzer wende.
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