Streit um den Schuh: Amazon bleibt Birkenstock auf den Fersen

Birkenstock will auch weiterhin nichts mit Amazon zu tun haben. Doch der Onlineriese will seinen Kunden die Schuhe dennoch verkaufen. (Bild: Arno Burgi / Birkenstock)
Es war eine Meldung, die zu Verwirrung führte. Mehrere Online-Medien berichteten Anfang der Woche, dass Birkenstock nun doch wieder Sandalen, Clogs und Pantoffeln über den Online-Händler Amazon verkaufe. Ende 2017 hatte sich das Unternehmen von Amazon zurückgezogen und medienwirksam den hohen Prozentsatz an gefälschter Ware angeprangert. Schon 2016 hatten die US-Kollegen entsprechende Schritte bezüglich des Vertriebs über Amazon.com eingeleitet.
Es sei, so schrieb das Unternehmen in einer Pressemitteilung kurz vor Weihnachten 2017, auf Amazons Marketplace zu einer Reihe von Rechtsverstößen gekommen, die Amazon nicht aus eigenem Antrieb verhindert habe. Deshalb stelle man europaweit die Belieferung von Amazon ein. Ein mutiger Schritt, die Brücken zum weltweit größten Onlinehändler mit anhängender Plattform zu kappen. Und jetzt der Rückzieher anlässlich des Prime Day? Hier standen ein eigener Onlineshop und Sonderangebote für Prime-Kunden bereit – und zwar nicht nur über Dritthändler im Marketplace, sondern auch im Verkauf durch Amazon selbst („Verkauf und Versand durch Amazon“).
Birkenstock: Restposten, Großhandelsware, Importe bei Amazon
Offiziell und in Zusammenarbeit mit Birkenstock? Mitnichten. Amazon schließt sich laut einer Meldung der Süddeutschen Zeitung dem Erklärungsversuch Birkenstocks an, es handele sich dabei um Restposten, um Schuhe, die bei Dritten bezogen wurden, um Ware aus dem Großhandel. Ob alles echt ist oder ob auch Fake-Produkte dabei sind, kann ein Birkenstock-Sprecher natürlich nicht sagen – und lässt es aus gutem Grund auch offen.
Denn für Birkenstock wie auch für andere Unternehmen ist die Situation heikel. Hochwertige Modelabel, Uhrenhersteller, Produzenten von Unterhaltungselektronik –sie haben die Macht über ihre Lieferkette schon lange verloren. Birkenstock fordert von Amazon, Sorge dafür zu tragen, dass keine gefälschte Ware über den Marktplatz verkauft wird – nicht über Amazon selbst und auch nicht über die Dritthändler. Doch auch wenn Amazon hier im Reklamationsfall gewohnt kulant agiert, ist das für den Kunden ärgerlich. Es bleibt ein bitterer Beigeschmack und die Ungewissheit, ob man nicht doch ein „Original Replica“ erwischt hat – so die euphemistische Umschreibung in diversen China-Portalen für das, was wir einfach Fälschung nennen würden.
Solche Fälschungen bei Modeprodukten zu erkennen wird immer schwieriger, wie ein Händler auf Nachfrage erklärt. Oft sind es nur Details, die man als Mitarbeiter des Unternehmens kennt, die die Spreu vom Weizen trennen. Und aufwändige Verifizierungslabels, die beispielsweise über QR-Codes oder Hologramme in Kombination mit dem Abgleich online signalisieren, ob es sich um echte Ware handelt, sind in diesem Preissegment auch heute noch die Ausnahme.
Ressourcenverschwendung: Hersteller fahnden ständig nach Fälschungen
Hinzu kommt allerdings, dass die Hersteller, so hört man es zumindest von anderen Markenlabels, mehr als genervt davon sind, dass sie ständig mit Testkäufen, Beschwerden und juristischen Maßnahmen dafür sorgen sollen, dass der deutsche Markt nicht über einen als höchst seriös geltenden Kanal mit gefälschter Ware überschwemmt wird. Denn die Kundenerfahrung mit einem nicht als Fälschung erkannten, minderwertigen Produkt führt zu schlechten Bewertungen, Hinweisen auf Produktionsfehler, die der Hersteller nicht zu verantworten hat – und auf die Schlussfolgerung, dass die Qualität der Ware in den letzten Jahren stark nachgelassen habe. Kunststück, wenn alte Originalware mit aktuellen Fälschungen verglichen wird.