Burnout: Drei Behandlungen für zu Hause
Wirtschaftliche Unsicherheit, Homeoffice, Kinderbetreuung und das alles zu Hause auf engstem Raum: Die Auswirkungen der Corona-Pandemie haben zu einer Mehrfachbelastung geführt, unter der vor allem Frauen enorm leiden. Eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Yougov ergab im April 2020, dass fast jede fünfte Befragte während der Coronakrise mit einem erhöhten Stresspegel zu kämpfen hatte – und dieser endet nicht selten im Burnout.
E-Health-Behandlungen können wirtschaftlichen Schaden minimieren
Das sogenannte Burnout-Syndrom ist sowohl in gesellschaftlicher als auch in wirtschaftlicher Hinsicht schon lange ein Problem. Einerseits leiden die Betroffenen und deren Familien enorm. Andererseits sind die Arbeitsausfälle in den letzten Jahren rapide angestiegen, was dem Bundesverband der Krankenkassen zufolge einen volkswirtschaftlichen Schaden von mehreren Milliarden Euro pro Jahr ausmacht. Das Krankheitsbild ist jedoch gleich doppelt tückisch: Aus Angst vor einer Stigmatisierung lassen sich viele Betroffene nicht ärztlich behandeln. Sie befürchten eine Ausgrenzung innerhalb ihres sozialen und beruflichen Umfeldes und schleppen sich völlig erschöpft an die Arbeit, wo sie nur eingeschränkt produktiv sein können, oder bleiben ganz zu Hause. Andererseits lässt sich Stress, der als Hauptauslöser des Burnout-Syndroms gilt, kaum vermeiden. Er ist fester Bestandteil unseres Alltags.
E-Health-Behandlungen haben das Potenzial, die Hürde, sich endlich medizinische Hilfe zu suchen, für einen großen Teil der Betroffenen herabzusenken. Anders als beim herkömmlichen Arztbesuch können die Angebote nämlich flexibel von zu Hause aus wahrgenommen werden. Wir haben drei Unternehmen, die solche Online-Programme anbieten, genauer unter die Lupe genommen.
Telefon-Therapie mit Veovita
Um psychologische Unterstützung zu erhalten, die von der Krankenversicherung übernommen wird, ist normalerweise zunächst ein Erstgespräch bei einem niedergelassenen Psychotherapeuten oder Psychologen notwendig. Dieser Schritt, an dem viele Betroffene scheitern, wird bei Veovita umgangen und stattdessen telefonisch durchgeführt. Aufgrund dieser ersten Diagnostik, die durch einen ausführlichen Online-Test unterstützt wird, teilt Veovita jedem Patienten einen psychologischen Fachberater zu, der individuell entsprechend der vorliegenden Problematik ausgewählt wird. Die psychologische Telefonberatung, die im Zentrum des Programms steht, lässt sich flexibel in den beruflichen und familiären Alltag integrieren. Bei Bedarf werden die Patienten auch bei der Suche weiterer Fachkräfte vor Ort sowie der entsprechenden Terminkoordination unterstützt. Veovita ist ein Angebot der DAK und die Krankenkasse übernimmt die Kosten für ihre Versicherten komplett. Inzwischen bieten aber auch viele andere Krankenkassen vergleichbare Programme an.
Online-Therapie mit Selfapy
Bei der Behandlung von Burnout spielt der Umgang und das Vermeiden von Stress eine zentrale Rolle. Ein weiteres Unternehmen, das eine diskrete und flexible Behandlung von zu Hause aus ermöglicht, ist das Berliner Healthcare-Startup Selfapy. Es kooperiert mit zahlreichen Krankenkassen und stellt den Patienten verschiedene Online-Kurse zur Verfügung, die durch die psychologische Betreuung per Chat und Telefongespräch erweitert werden. Sie basieren auf den Methoden der kognitiven Verhaltenstherapie und bieten den Patienten zusätzliche Techniken für mehr Achtsamkeit und Entspannung im Alltag. In welchem Umfang die eigene Krankenkasse eine Therapie übernimmt, kann ganz einfach auf der Website überprüft werden. Die AOK Bayern erstattet beispielsweise pro Kalenderjahr zwei Selfapy-Präventionskurse für Stress und Achtsamkeit.
Selbst-Therapie mit der Moodpath-App
Die App ist ein Produkt von Minddoc, einem Anbieter von Online-Therapie, und wurde von Psychologen entwickelt, um Menschen zu unterstützen, die an Depressionen, Stress und Burnout leiden. Moodpath verbindet ein modernes Stimmungstagebuch mit interaktiven Übungen. Basierend auf der Verhaltenstherapie werden die Nutzer angeleitet, die psychologischen Hintergründe ihrer Gedanken und Gefühle zu verstehen und diese besser zu reflektieren. Dafür können sie aus über 150 Übungen wählen, um beispielsweise den eigenen Schlaf zu verbessern oder um Selbstbewusstsein und Achtsamkeit zu trainieren. Die App gibt den Nutzerinnen und Nutzern außerdem vollautomatisch eine Einschätzung zur momentanen psychischen Gesundheit und stellt entsprechende Auswertungen bereit, die mit dem behandelnden Arzt oder Psychologen besprochen werden können. Die Kosten für Moodpath werden derzeit noch nicht durch die Krankenkassen übernommen, dies könnte sich in Folge des Gesetzes für digitale Versorgung jedoch bald ändern.
Jeder noch so kleine Schritt zählt
Das Burnout-Syndrom hat sich zu einer der schlimmsten Volkskrankheiten unserer Zeit entwickelt – vor allem, weil wir nahezu täglich mit Stresssituationen konfrontiert werden und innerhalb der Bevölkerung nicht alle dasselbe Erkrankungsrisiko aufweisen. Menschen, die sich vielleicht auch nur gelegentlich müde, erschöpft und ausgebrannt fühlen, sind deshalb gut beraten, eigenständig gegenzusteuern, bevor es zu spät ist. Wem welche Maßnahme hilft, ist dabei genauso individuell wie das Krankheitsbild selbst. Bereits kleine Spaziergänge oder Sport können dazu beitragen, den Stresspegel zu senken. Anderen hilft Yoga, Meditation, ein entspannendes Hobby wie Heimwerken oder Malen – oder öfter einfach Nein zu sagen, wenn es zu viel wird. Aber auch Apps können Betroffene unterstützen, ihr inneres Gleichgewicht aufrechtzuerhalten. Dazu zählen beispielsweise Meditationsapps wie Headspace, 7Mind und Balloon oder personalisierte Sound-Welten mithilfe von Endel. Dank digitaler Angebote sind die Möglichkeiten riesig. Herauszufinden, welche Methode funktioniert, bleibt dabei jedem selbst überlassen.
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