Der gescheiterte Warntag im vergangenen Jahr hatte die Mängel des bestehenden Warnsystems des Bundes offengelegt. Besonders die über das Smartphone verfügbaren Warnungen hatten sich als nur bedingt zuverlässig erwiesen. Alle drei Apps der unterschiedlichen Betreiber hatten die Alarme erst eine halbe Stunde zu spät erhalten.
Im Katastrophenfall kann das den Unterschied zwischen Leben und Tod bedeuten. Zudem war der Erhalt der Warnung per App an die Verfügbarkeit eines Internetzugang geknüpft – etwas, das im Katastrophenfall eher nicht zu gewährleisten ist.
Cell Broadcast: Einfach, schnell und weit verbreitet
Dass der Bund das seit Ende der 1990er etablierte System „Cell Broadcast“ bisher nicht einsetzte, war seitens der Regierung mit rechtlichen Voraussetzungen begründet worden, hatte aber argumentativ nicht wirklich verfangen können. Dabei wäre das System deutlich besser geeignet, eine wirksame Bevölkerungswarnung sicherzustellen. Denn mithilfe der Cell-Broadcast-Technologie erhalten alle Mobilfunktelefone, die in einer Mobilfunkzelle eingebucht sind, eine Warnung per Textnachricht. Das geschieht vollautomatisch und ohne Eingriff des Nutzenden. Cell Broadcast kann auch im Fall überlasteter Netze noch eingesetzt werden.
Jetzt schlägt die Bundesregierung eine Änderung des TKG vor, die es dem Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) ermöglichen soll, über das von der Behörde betriebene Modulare Warnsystem MoWaS auch Cell-Broadcast-Warnungen auszulösen. Laut Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) sollen nun kurzfristig zusammen mit der Bundesnetzagentur, dem Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe, dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik und den Mobilfunknetzbetreibern die technischen Details erarbeitet werden, „damit Cell Broadcast schnell zum Einsatz kommen kann.“
Cell Broadcast wird dabei nicht die bisherigen Warnmittel ersetzen. Auch die drei verfügbaren Warn-Apps Nina, Katwarn und Biwapp sind an das MoWaS angeschlossen. Cell Broadcast ist lediglich ein weiterer Weg, um möglichst viele Menschen rechtzeitig mit Warnungen zu erreichen.
Das ist eine Formulierungshilfe
Die Bundesregierung bringt den Vorschlag als sogenannte Formulierungshilfe ein. Der Begriff bezeichnet nichts anderes als einen fertigen Regelungsentwurf, den allerdings die Parlamentarier aktiv aufgreifen und in den Prozess einbringen müssten, damit er Teil eines Gesetzes werden kann. Diese Formulierungshilfen kann die Regierung flexibler einbringen, während sie sich bei sogenannten Regierungsinitiativen in einem strengeren formalen Korsett bewegen müsste. Dass die Regierungskoalitionsfraktionen die Formulierungshilfe aufgreifen werden, darf als sicher betrachtet werden.
Der CCC fordert das seit Jahren. Schlimm, dass es erst erfolglose Warntage und eine vermasselte Flutkatastrophe braucht, bis jemand mal eine vernünftige Entscheidung für ein klar besseres System trifft. Passt ja leider zum Rest der Entscheidungen im Bereich Digitalisierung.
„… Erhalt der Warnung per App an die Verfügbarkeit eines Internetzugang geknüpft – etwas, das im Katastrophenfall eher nicht zu gewährleisten ist…“
Verfügbarkeit eines Internetzugangs ist in unserem High-Tech-Paradies AUCH OHNE KATASTROPHENFALL EHER NICHT ZU GEWÄHRLEISTEN.