Chinas neue Influencer-Regeln: Tipps dürfen nur jene geben, die Expertise nachweisen

Ein neuer Verhaltenskodex schränkt chinesischen Streamer ein.(Foto: fizkes/Shutterstock)
Die staatliche Kultur- und Medienverwaltung Chinas hat am 8. Juni 2022 ein Regelwerk in Kraft gesetzt, das das Potenzial hat, die Streaming-Szene in der Volksrepublik radikal zu verändern. Unter dem Stichwort „Errichtung einer Berufsethik“ reglementiert China künftig das erlaubte Verhalten von „Netzwerk-Streamern“ in einem Verhaltenskodex fast bis ins Detail. Das berichtet das chinesischsprachige Infotainment-Portal Sina.com.
Vermeintlich konsensfähig: Nur „Experten“ dürfen sich zu bestimmten Themen äußern
Dabei wird von westlichen Beobachtenden gern ein Punkt herausgegriffen, der möglicherweise auch hierzulande mehrheitsfähig wäre. Der lautet: „Für Live-Broadcast-Inhalte, die ein hohes berufliches Niveau erfordern (wie Medizin und Gesundheit, Finanzen, Recht, Bildung), muss der Moderator die entsprechende berufliche Qualifikation erwerben und die berufliche Qualifikation an die Live-Broadcast-Plattform melden, und die Live-Broadcast-Plattform führt eine Überprüfung und Einreichung der Qualifikation durch.“
Mit anderen Worten: Nur ausgebildetes Personal darf sich zu schwierigen Themen äußern. Das klingt zunächst vernünftig, ist aber im Licht der übrigen Regeln differenziert zu betrachten. Schon die Aussage, dass die Plattform die berufliche Qualifikation prüfen und „einreichen“ muss, lässt erahnen, dass der Begriff der Qualifikation staatlicher Interpretation zugänglich gemacht wird.
Subjektive Vorgaben eröffnen breiten Interpretationsspielraum – für den Staat
Im Übrigen legt der neue Verhaltenskodex ein enges Netz um die unter dessen Regelungsgehalt fallenden Personen. So legt der Kodex etwa fest, dass sich Netz-Akteurinnen und -Akteure nicht nur an das Recht der Volksrepublik halten müssen, was wohl als selbstverständlich betrachtet werden darf. Vielmehr wird ihnen auch auferlegt, das „öffentliche und das nationale Interesse“ zu wahren. Zudem werden Streamende verpflichtet, „bewusst soziale Verantwortung wahrzunehmen und bewusst die Aufsicht und soziale Aufsicht durch die für die Branche zuständigen Abteilungen zu akzeptieren.“
Verbreitet werden dürfen nur „korrekte politische Richtungen“ und eine „korrekte Weltanschauung, Lebenseinstellung und Werte“. Dabei müssen sie sich „an einen gesunden Stil und Geschmack halten“ und alles vermeiden, was „der Netzwerkmoral zuwiderläuft und die Netzwerkharmonie beeinträchtigt“.
In einem Katalog mit 31 aus Regierungssicht besonders verwerflichen „Vergehen“ zurrt die chinesische Regierung ein enges Inhaltsnetz, dessen subjektive Formulierungen einen jederzeitigen Eingriff des Staates erlauben.