Lindners Idee von der KI-Steuererklärung: Darauf könnt ihr lange warten!
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Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hat anlässlich einer Podiumsdiskussion am Rande des Weltwirtschaftsforums in Davos geäußert, er könne sich gut vorstellen, dass künstliche Intelligenz unser Steuersystem besser verstehen könne als menschliche – und dass die KI uns bei der Steuererklärung in Zukunft unterstützen könne.
Dem Handelsblatt erklärte Lindner, wie er das meint: Die Vision ist, dass eine Computerintelligenz in Elster zunächst auf Machine-Learning-Basis lernt, die Belege den entsprechenden Anlagen in einer Steuererklärung zuzuordnen. In einem zweiten Schritt könnte die Steuererklärung dann aus allen bereitgestellten Daten generiert werden.
Bemerkenswert ist das gleich in vielerlei Hinsicht: Lindner kann sich vorstellen, die Voraussetzungen hierfür bei der Software für die Elektronischen Steuererklärung (Elster) zu schaffen. Wer Elster kennt – und zumindest alle Besitzer:innen einer Wohnung, eines Hauses oder eines Grundstücks hatten im vergangenen Jahr die undankbare Aufgabe, es bei der Feststellung der Grundsteuer kennenzulernen –, wird besagtes Stück Software für alles andere als intuitiv und dafür geeignet halten, den Steuerzahler:innen ihre Aufgabe zu erleichtern. Bisher weist Elster nämlich alles zurück, was nicht exakt dem vorgegebenen Muster entspricht, und lässt auch Steuerzahler:innen meist ohne vernünftige Erklärung ratlos zurück, wenn’s klemmt.
Auf den guten Prozess und geeignete Workflows kommt es an
Elster ist vielmehr ein denkbar gutes Beispiel dafür, wie Software aussieht, die nicht von den Nutzer:innen aus gedacht wird, sondern vielmehr von jenen aus der Finanzamtswelt, die seit Jahren fachlich im Thema sind, deswegen aber kaum mehr die Perspektive der unbedarften Steuerzahler:innen einnehmen können.
Um einmal mehr ein Zitat von Thorsten Dirks, seinerzeit CEO der Telefónica Deutschland, wiederzugeben: „Wenn Sie einen Scheißprozess digitalisieren, dann haben Sie einen scheiß digitalen Prozess.“ Besagter Ansatz wäre in einer Verwaltungswelt abseits der Fachverfahren und Faxe nämlich erst einmal komplett zu überdenken, wie eine Steuererklärung möglichst reibungslos auf all jene Daten zugreifen kann, die der Verwaltung an unterschiedlichen Standorten und in unterschiedlicher Art und Weise ja oft bereits vorliegen.
Der Fall der Grundsteuer hat eindrucksvoll gezeigt, dass Datenschutz zwar ein hohes Gut ist, dass sich viele Bundesbürger:innen aber zumindest Stand heute so gar nicht vor dem intelligenten allwissenden Staat fürchten müssen.
Und da ist noch etwas: Mein Steuerberater hat mir kürzlich erklärt, dass er dem Finanzamt ungern unaufgefordert Belege zu bestimmten Steuererklärungen mitschickt, weil dann erfahrungsgemäß die Verarbeitung einer Steuererklärung aufgrund der Workflows länger dauere als wenn man jene Unterlagen (von denen man als Steuerberater aus Erfahrung weiß, dass das Finanzamt sie hinterher sehen will) erst auf Anfrage gezielt einschickt.
Automatisierte Erkennung von Formularen ist nicht das Problem
Bevor Finanzminister Lindner also Elster dazu bringt, „einfach mal“ alle eingescannten Belege auszuwerten, die passenden Zahlen zu separieren und passend zuzuordnen, müsste die Steuerverwaltung erst einmal ihre Prozesse optimieren. Von der einst stolz vorgetragenen Steuererklärung auf dem Bierdeckel sind wir nämlich weiter denn je entfernt.
Dass all das technisch mit der einigermaßen intuitiven Verarbeitung von stets gleich aussehenden Formularen und Anlagen geht, werden aber die Softwarehersteller zeigen, die erfolgreich Jahr für Jahr ihre Steuererklärungssoftware an Millionen von Nutzer:innen verkaufen. Auch wenn selbst die bisher noch weit von einem so hohen Grad an Automatisierung entfernt sind, wie es dem Minister vorschwebt.
Wie erfolgreich dagegen die Verwaltung in der Digitalisierung von Prozessen ist, hat sie in den letzten Jahren eindrucksvoll im Zusammenhang dem Onlinezugangsgesetz und der Zusammenlegung und Vereinheitlichung der zahlreichen Fachverfahren bewiesen.