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Kommentar

Corona-Homeoffice weniger produktiv als das Büro? Ein Vergleich von Äpfeln und Birnen

Ist das Homeoffice ein Produktivitätskiller? Sicher nicht. Denn Unternehmen sollten nicht den Fehler machen, Corona-bedingte Schwierigkeiten dem dezentralen Arbeiten anzulasten.

3 Min.
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Führung auf Distanz wird zur Normalität in der Coronakrise. (Foto: Shutterstock)

Die Debatte musste kommen: Arbeiten Menschen im Homeoffice produktiver oder weniger produktiv als im Büro? Viele Unternehmen in Deutschland sehen einer Umfrage zufolge das Homeoffice weniger positiv als viele Arbeitnehmer. Nur eine kleine Minderheit von 5,7 Prozent der Unternehmen sieht eine Steigerung der Produktivität beim mobilen Arbeiten. Dagegen meldeten 30,4 Prozent der Firmen unveränderte und 27 Prozent sogar gesunkene Produktivität ihrer Belegschaften. Für die übrigen befragten Unternehmen ist Homeoffice nicht relevant. Doch das Ergebnis der im Oktober im Auftrag der Stiftung Familienunternehmen durchgeführten Umfrage ist weniger negativ als es zunächst aussieht.

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Denn wenn mehr als die Hälfte der Befragten, die (aufgrund von Erfahrungen) dazu überhaupt eine Meinung hat, sagt, dass die Produktivität mindestens gleich geblieben, wenn nicht gar gestiegen ist, dann ist das gerade in Coronazeiten ein verdammt gutes Ergebnis. Auch wenn viele es noch immer verdrängen: Wir haben eine Sondersituation, in der auch andere Unwägbarkeiten für Veränderungen sorgen und die Arbeitsproduktivität verhindern. Und wir haben ein „Homeoffice“ – in diesem Fall absichtlich in Anführungszeichen –, das diesen Namen in vielen Unternehmen in Sachen Ergonomie und Durchdachtheit der Workflows kaum verdient.

Homeoffice oft unter erschwerten Bedingungen

Es gibt Unternehmen, die unter normalen Bedingungen, wenn sie einem Mitarbeiter die Arbeit im regelmäßigen Homeoffice genehmigen, einen Arbeitsexperten oder –ergonomen ins Haus schicken, den Arbeitsplatz in Augenschein nehmen, einen ohnehin firmeneigenen Monitor, eine optimale Lichtquelle und einen ergonomischen Bürostuhl samt Schreibtisch hinstellen. Schaut man dagegen in den letzten Wochen in Videokonferenzen oder unterhält sich mit Geschäftspartnern aus anderen Unternehmen, wird deutlich, wie viele Homeoffice-Konstellationen derzeit mit heißer Nadel gestrickt waren und immer noch sind. Gerade wenn man tageweise ins Büro kommt und den Rest der Zeit von zu Hause aus arbeitet, muss eben oftmals der Küchentisch und der kleine Bildschirm des Notebooks herhalten.

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Interessant (wenn auch natürlich nicht ohne entsprechende Eigenwahrnehmung) sind auch die Zahlen, die die Krankenkasse DAK im Sommer publiziert hatte: Danach glaubt eine Mehrheit von 56 Prozent, sie sei im Homeoffice produktiver. Dass solche Studien unterschiedliche Ergebnisse erbringen, je nachdem, wer die Fragen wie stellt, ist nichts Ungewöhnliches. Derzeit streiten vor allem die beiden Koalitionspartner um ein Recht auf Homeoffice, wobei selbst die befürwortende SPD nur 24 Tage verpflichtend fordert. Dies aber an einer Tageszahl und nicht an Aufgabenprofilen fest zu machen, ist Unsinn (und wird in der Praxis ausgehebelt werden, weil natürlich das „wenn es der Job zulässt“ als einschränkende Maßgabe immer dabeisteht). Dass ein Recht auf Homeoffice kommt, ist hingegen überfällig – weil es im 21. Jahrhundert keinen vernünftigen Grund mehr dafür gibt, dass bestimmte Arbeitsplätze in den Ballungszentren sein müssen.

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Die Erfolgsgeschichte Homeoffice anerkennen

Die Arbeitgeber sollten gerade in einer Sondersituation wie der Coronakrise so wenige Leute in ihre Bürotürme lassen wie nur irgendwie möglich. Danach und währenddessen muss aber etwas anderes im Vordergrund stehen: Ein Umdenken in der Wirtschaft, das geprägt ist von einem Verständnis der Digitalisierung, von ökonomischen Überlegungen (wo kann der Mitarbeiter mehr wertvollen Output erbringen) und durchaus auch ökologischen Erwägungen (ist es sinnvoll, dass ein Mitarbeiter morgens in die Stadt fährt, wenn er dort ohnehin im Büro für sich arbeitet).

Gleichzeitig brauchen wir aber auch eine Veränderung der Workflows, eine verbesserte Ausstattung daheim und die Übereinkunft, dass der Mitarbeitende, wenn er in seiner Wohnung arbeitet, nicht nur vernünftig abgesichert ist, sondern seine Bürokosten auch dann steuerlich geltend machen kann, wenn er nicht das ausschließlich genutzte Zimmer vorweisen kann. Davon abgesehen dürften aber die Kosten fürs eigene Büro – das muss man den Arbeitnehmern auch sagen – niedriger ausfallen als die Kosten und die Zeit fürs Pendeln.

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So kann das Homeoffice eine Erfolgsgeschichte werden, wenn der Wille aller Beteiligten dazu da ist. Denn die Coronakrise hat auf jeden Fall einen Schub in der Digitalisierung gebracht. So erklärt auch das Mannheimer Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW): „Vor allem die Arbeit der Beschäftigten gestaltet sich in vielen Unternehmen sichtbar digitaler als vor der Krise.“ Für den ZEW-Experten Daniel Erdsiek ist vor allem die Verlagerung aufs Homeoffice der Grund dafür. Gerade die Skeptiker sollten sich daher erst dann über gesunkene Produktivität beschweren, wenn sie die ganzen Corona-bedingten Schwierigkeiten beseitigt haben und nicht das Homeoffice an sich dafür verantwortlich machen.

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