
Seit Monaten sitzen viele Arbeitnehmer im Homeoffice und für viele Unternehmen hat sich das Konzept bewährt: Siemens erklärt, dass jeder Zweite in Zukunft teilweise im Homeoffice arbeiten können soll und auch kleinere Unternehmen wie Trusted Shops halten an der Wahlfreiheit der letzten Monate fest.
Eine aktuelle Studie des Instituts der Deutschen Wirtschaft, für die 20.000 Büroarbeitskräfte befragt wurden, kommt jetzt zu dem Schluss, dass Homeoffice-Lösungen von vielen Unternehmen auch deswegen so bereitwillig adaptiert werden, weil sie Kosten einsparen. Schon 2018 arbeiteten laut der Zahlen des arbeitgebernahen Instituts aus Köln 14,8 Millionen Mitarbeitende in Büros. Fast die Hälfte davon arbeitete 2018/19 bereits gelegentlich von einem anderen Ort aus, etwa von zu Hause. Für weitere 39 Prozent wäre dies der Erhebung zufolge möglich.
Nachdem die Unternehmen jetzt das Potential erkannt haben, könnte die Zahl 2020 und in den Folgejahren deutlich ansteigen. Auch wenn der Begriff des Homeoffice in den unterschiedlichsten Kontexten gebraucht wird – von der situativen Arbeit daheim über die regelmäßige tageweise Telearbeit bis hin zu Telearbeit-only-Jobs – dürfte es, so die Forscher, eine Ausweitung unterschiedlicher Remote-Arbeitsformen geben.
Unternehmen könnten auf einen Teil der Büros verzichten
Doch was macht das mit dem Bedarf an Büroarbeitsplätzen? Darin sind sich die Experten uneins. Während die IW-Forscher davon ausgehen, dass im Laufe der Zeit Unternehmen auf einen Teil der angemieteten Flächen verzichten, setzt das natürlich voraus, dass sich Mitarbeiter entweder Büroplätze teilen oder gleich ganz wechselnde Desks Einzug halten, wie dies etwa bei Microsoft der Fall ist. Vermieter von Bürodienstleistungen gehen hingegen eher davon aus, dass aufgrund der geltenden Abstandsregelungen noch für eine längere Zeit eher zusätzliche Kapazitäten angemietet werden. In den Coworking-Spaces lässt sich indes noch kein klarer Trend beobachten.
Langfristig gehen die IW-Forscher jedenfalls von weniger Büroflächen aus, die nachgefragt werden. Sie schätzen rund zehn Prozent weniger benötigte Büroflächen – ein Wert, der insbesondere den Leerstand an Büroimmobilien in den Großstädten noch verschärfen könnte. Das könnte zum einen die erst kürzlich geschaffenen Büroflächen rund um die Metropolen wie Frankfurt oder München betreffen, andererseits aber auch die seit Jahren abnehmenden Büroflächen in kleinstädtischen und ländlichen Räumen.
Nein, das Büro wird nicht gänzlich aus unserer Arbeitswelt verschwinden, aber es wird nicht mehr der selbstverständliche Mittelpunkt der Arbeit sein. Unternehmen haben verstanden, dass mit Hilfe von Cloud-Services das Remote-Work-Konzept funktionieren kann. Und nachdem diese Lösungen in vielen Firmen innerhalb kürzester Zeit in den letzten Monaten geschaffen wurden, macht es meist keinen Sinn, die gefundenen Innovationen wieder einzustampfen. Gleichzeitig bleibt die gewonnene Flexibilität aber auch in Hinblick auf den Fachkräftemangel wichtig: Gerade in Regionen, Branchen und Berufsfeldern, in denen es heute schon schwierig ist, alle Stellen zu besetzen, wird in Zukunft die Homeoffice-Möglichkeit ein Verhandlungselement wie seinerzeit der Dienstwagen oder die betriebliche Altersvorsorge.
Tobias Weidemann
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