Anzeige
Anzeige
News

Richtungsstreit um Datenschutz bei Corona-Warn-Apps

Über den Datenschutz bei der Umsetzung geplanter Corona-Warn-Apps ist ein offener Richtungsstreit zwischen den beteiligten Wissenschaftlern entbrannt.

3 Min.
Artikel merken
Anzeige
Anzeige

(Foto: Shutterstock)

Rund 300 Experten unterzeichneten einen am Montag veröffentlichten offenen Brief, in dem sie vor der Gefahr von Überwachung und Missbrauch bei einer zentralisierten Speicherung von Daten im Bezug auf die geplanten Corona-Apps warnen. Hingegen begrüßten sie den von Google und Apple gewählten Ansatz, die Daten zu Begegnungen einzelner Smartphones nur auf den Geräten zu lagern.

Anzeige
Anzeige

Die Corona-Warn-Apps sollen erfassen, welche Smartphones einander nahegekommen sind – und Nutzer warnen, wenn sich später herausstellt, dass sie sich neben infizierten Personen aufhielten. Die Smartphones sollen dafür im Konzept von Apple und Google per Bluetooth-Funk kommunizieren, die Nutzer bekommen wechselnde Krypto-Schlüssel, damit ein Einzelner nicht nachverfolgt werden kann. Als Betreiber der beiden Smartphone-Plattformen sind die US-Konzerne als einzige in der Position, die nötigen Schnittstellen direkt in die Betriebssysteme einzubauen – und damit eine Basis für Warn-Apps zu liefern.

Umstritten ist unter den Wissenschaftlern nun, ob die anonymisierten ID der Infizierten und die Kontakt-ID auf einem zentralen Server gespeichert oder dezentral auf den Smartphones abgelegt werden. Die Unterzeichner des offenen Briefs befürchten bei der Speicherung auf einem zentralen Server, dass „eine Form der Überwachung durch die Regierung oder den privaten Sektor“ ermöglicht werde. Dies werde das Vertrauen in eine App und ihre Akzeptanz in der Gesellschaft „katastrophal beeinträchtigen“.

Anzeige
Anzeige

Entwicklung soll transparent sein

Die Unterzeichner fordern unter anderem, dass die Entwicklung von Corona-Warn-Apps völlig transparent laufen müsse und nur so viele Daten wie zum Eindämmen der Pandemie nötig gesammelt werden dürften. Auffällig ist, dass sie in ihrer Liste empfohlener Projekte die europäische Initiative Pepp-PT auslassen, die sowohl eine dezentrale als auch zentrale Speicherung der Daten unterstützen will. Unter den Unterzeichnern sind auch diverse Forschungseinrichtungen, die ursprünglich bei Pepp-PT mitmachten. Die Bundesregierung und das Robert-Koch-Institut setzen bislang auf das Pepp-PT-Konzept und haben es bereits mit Bundeswehr-Soldaten testen lassen.

Anzeige
Anzeige

Der in IT-Fragen versierte Berliner Jurist Ulf Buermeyer sagte, beide Speichermodelle – zentral und dezentral – hätten sowohl aus technischer Sicht als auch aus Sicht des Datenschutzes Vor- und Nachteile. Zwar klinge eine zentrale Serverlösung zunächst immer schlecht, „weil an einem zentralen Ort Daten abgegriffen werden könnten“, sagte der Vorsitzende der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) im Podcast „Lage der Nation“. Die dezentrale Lösung führe aber dazu, dass alle Geräte die sensiblen Daten untereinander kommunizieren müssten. Damit könne eine potenzielle Datenschutzlücke entstehen.

Funktionieren die Apps auf jedem Smartphone?

Unterdessen wiesen Branchenexperten hin, dass der von allen Beteiligten favorisierte Einsatz der Funk-Technik „Bluetooth Low Energy“ auf vielen älteren Smartphone-Modellen nicht möglich ist. Der Standard werde von rund zwei Milliarden Geräten weltweit nicht unterstützt, sagte Neil Shah, Analyst beim Marktforschungsunternehmen Counterpoint Research, der Financial Times. Hinzu kommt, dass viele Menschen nur ein einfaches Handy haben oder gar kein Mobiltelefon.

Anzeige
Anzeige

„Die grundlegenden technologischen Einschränkungen liegen in der Tatsache begründet, dass immer noch etliche Telefone in Gebrauch sind, die nicht über die notwendige Bluetooth-Variante oder das neueste Betriebssystem verfügen“, sagte Ben Wood, Analyst beim Marktforschungsunternehmen CCS Insight. Betroffen wären überdurchschnittlich viele ärmere und ältere Menschen, die kein aktuelles Smartphone haben – und auch zu den am stärksten von Covid-19 bedrohten Bevölkerungsgruppen gehören.

„Wenn Sie zu einer benachteiligten Gruppe gehören und ein altes Gerät oder ein Telefon nur mit Grundfunktionen besitzen, werden Ihnen die Vorteile entgehen, die diese App potenziell bieten könnte“, sagte Wood.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn hatte vergangene Woche angekündigt, dass sich der Start der Corona-Warn-App verzögern wird. „Aus heutiger Sicht sind es eher vier Wochen als zwei Wochen, bis wir tatsächlich dann eine haben, die auch alle Anforderungen voll erfüllt“, sagte der CDU-Politiker. dpa

Anzeige
Anzeige

Zum Weiterlesen:

Mehr zu diesem Thema
Fast fertig!

Bitte klicke auf den Link in der Bestätigungsmail, um deine Anmeldung abzuschließen.

Du willst noch weitere Infos zum Newsletter? Jetzt mehr erfahren

Anzeige
Anzeige
Schreib den ersten Kommentar!
Bitte beachte unsere Community-Richtlinien

Wir freuen uns über kontroverse Diskussionen, die gerne auch mal hitzig geführt werden dürfen. Beleidigende, grob anstößige, rassistische und strafrechtlich relevante Äußerungen und Beiträge tolerieren wir nicht. Bitte achte darauf, dass du keine Texte veröffentlichst, für die du keine ausdrückliche Erlaubnis des Urhebers hast. Ebenfalls nicht erlaubt ist der Missbrauch der Webangebote unter t3n.de als Werbeplattform. Die Nennung von Produktnamen, Herstellern, Dienstleistern und Websites ist nur dann zulässig, wenn damit nicht vorrangig der Zweck der Werbung verfolgt wird. Wir behalten uns vor, Beiträge, die diese Regeln verletzen, zu löschen und Accounts zeitweilig oder auf Dauer zu sperren.

Trotz all dieser notwendigen Regeln: Diskutiere kontrovers, sage anderen deine Meinung, trage mit weiterführenden Informationen zum Wissensaustausch bei, aber bleibe dabei fair und respektiere die Meinung anderer. Wir wünschen Dir viel Spaß mit den Webangeboten von t3n und freuen uns auf spannende Beiträge.

Dein t3n-Team

Melde dich mit deinem t3n Account an oder fülle die unteren Felder aus.

Bitte schalte deinen Adblocker für t3n.de aus!
Hallo und herzlich willkommen bei t3n!

Bitte schalte deinen Adblocker für t3n.de aus, um diesen Artikel zu lesen.

Wir sind ein unabhängiger Publisher mit einem Team von mehr als 75 fantastischen Menschen, aber ohne riesigen Konzern im Rücken. Banner und ähnliche Werbemittel sind für unsere Finanzierung sehr wichtig.

Schon jetzt und im Namen der gesamten t3n-Crew: vielen Dank für deine Unterstützung! 🙌

Deine t3n-Crew

Anleitung zur Deaktivierung
Artikel merken

Bitte melde dich an, um diesen Artikel in deiner persönlichen Merkliste auf t3n zu speichern.

Jetzt registrieren und merken

Du hast schon einen t3n-Account? Hier anmelden

oder
Auf Mastodon teilen

Gib die URL deiner Mastodon-Instanz ein, um den Artikel zu teilen.

Anzeige
Anzeige