Agustin Carstens hat eine klare Meinung. Natürlich sei die Vision, das Finanzwesen durch die Ausschaltung etwa großer Banken zu „demokratisieren“, ein großer Gedanke. Nur sei es eben „nicht das, was dezentrale Finanzanwendungen liefern“, sagte er am Dienstag anlässlich einer Veranstaltung in Frankfurt am Main. Vielmehr klaffe eine „große Lücke zwischen Vision und Realität“. Das berichtet Bloomberg.
Defi weit weniger dezentral als geglaubt
Zwar erlaube die Blockchain-Technologie es im Prinzip jedem, als Validierer in einem Netzwerk aufzutreten. So könnte eine sehr dezentrale Struktur entstehen. Nur gebe es „in der Praxis eine Menge Zentralisierung im dezentralen Finanzwesen“. Das liege an der Struktur, die stark auf einzelne Personen setze.
So könnten selbstausführende Protokolle oder Smart Contracts nicht alle möglichen Szenarien abdecken und müssten sich zudem darauf verlassen, dass Einzelpersonen den Code schreiben und aktualisieren. Ferner begünstigten technische Grundsatzentscheidungen die Konzentration der Entscheidungsgewalt in den Händen großer Hodler.
Validatoren-Struktur mit Hang zur Zentralität
Als Beispiel führte Carstens den Umstand an, dass die an sich dezentralen Validatoren von Transaktionen eine ausreichende Entschädigung erhalten müssten, um „ihnen den richtigen Anreiz“ zur Teilnahme zu geben. Das wiederum führt zu einem Geschäftsmodell ganz eigener Art mit der entsprechenden Konzentration.
„Dezentralisierung kann ein nobles Ziel sein“, räumt der BIZ-Direktor ein. Bei vielen Anwendungen verbessere sich die Führung, wenn Macht wirklich gestreut sei. Das erfordere ein ausgeklügeltes System von Checks und Balances. Das sieht er im Defi-Raum indes nicht. Der werde bislang „hauptsächlich für spekulative Aktivitäten genutzt“.