Derailing im Netz: Wie Diskussionen in eine völlig andere Richtung gelenkt werden [Kolumne]
Ihr kennt das: Ihr teilt einen Artikel über Rechtsextremismus und bekommt als Antwort einen Artikel präsentiert, der davon handelt, dass Linksextremismus auch gefährlich ist. Oder ihr teilt einen Artikel über die Ausbeutung von Sexarbeiterinnen und jemand antwortet darauf, dass viele Studentinnen das doch gerne machen würden, um sich das BaföG zu sparen – man kenne sogar ein Mädel. Oder, und jetzt wird es richtig subtil: Ihr formuliert ein Statusupdate zu einem Thema und bekommt vom ersten Kommentator sofort – und natürlich ungefragt – eine Nachhilfe in Sachen Rechtschreibung und Grammatik serviert.
Merkt ihr was? Alle diese Beispiele führen direkt zu einem Ergebnis, nämlich, dass die Diskussion von Anfang an vom Kernthema abgelenkt wird. Das ist gelebte Negativ-Netzkultur. Im Englischen hat man dafür sogar einen Begriff geprägt: Die Rede ist vom „Derailing“ – was so viel wie „Entgleisung“ bedeutet. Und jetzt kommt’s: Manche Personen setzen das gezielt ein. Man könnte auch sagen: Für sie hat die Methode sogar System.
Derailing soll vom Kernthema ablenken: Die Entgleisung als Mittel zum Zweck
Das „Derailing“-Prinzip ist derzeit wieder groß im Kommen. Vor allem Beiträge mit einem gesellschaftlichen Fokus laufen ständig Gefahr von Menschen mit anderer Position in den Kommentarspalten entgleist zu werden. Ein ganz aktuelles Beispiel hatten wir erst kürzlich, als wir darüber berichteten, dass zwei Unternehmerinnen aus Dresden in Eigenleistung eine kostenlos erhältliche Flüchtlings-App kreierten. Darin wurden Informationen zum Asylverfahren sowie einige Alltagsregeln und Notfallkontakte für die Neuankömmlinge gebündelt. Die App war bislang nur für die Region rundum Dresden gebaut. Im Artikel wurde thematisiert, dass der bundesweite Roll-out jedoch kaum ohne finanzielle Unterstützung geleistet werden kann.
Der erste Kommentar zum Artikel auf Facebook war dann wenig überraschend: „Wie wäre es, wenn die Gutmenschen eine gute Tat verbringen würden und jede der beiden Damen fünf Vertriebenen in ihrem privaten Heim ein Zuhause gewähren würde?“ Anschließend passierte das, was ich oben beschrieben habe: Einige Leser fühlten sich angesprochen und unterhielten sich auf einmal über die Forderung im Kommentar, die systemischen Probleme in den Herkunftsländern der Flüchtlinge und über Fehlentscheidungen in der Außenpolitik.
Stimmt ja auch, wird der ein oder andere jetzt sagen. Aber ich frage euch, liebe Leser, was hat das damit zu tun, dass sich engagierte Menschen in Deutschland lokal zusammentun, um hier und jetzt Direkthilfe vor Ort zu leisten – und zwar so, wie sie es im Rahmen ihrer Mittel und ihrer Fähigkeiten können? Und vor allem, wieso redet man nicht über Möglichkeiten der Finanzierung? Oder gibt Feedback zur App?
Der Facebook-Nutzer wollte das gar nicht. Der Kommentar hatte genau genommen keinen anderen Zweck, als zum einen die Arbeit der Damen lächerlich zu machen. Und zum anderen unterschwellig darauf hinzuarbeiten, dass jegliche Hilfe sowieso kompletter Blödsinn ist. An der Behauptung, sie wären „Gutmenschen“ – die im Grunde einzig und alleine auf eine ironische Verkehrung des ausgedrückten Wortsinns „guter Mensch“ in sein Gegenteil abzielt – kann man deutlich erkennen, welchen Standpunkt der Facebook-Nutzer generell gegenüber Menschen vertritt, die sich in der Angelegenheit couragiert verhalten.
Wie kann man mit Derailing umgehen? Johnny Häusler versucht es mit einer technischen Lösung
Mit genau diesen Kommentaren kennt sich auch Johnny Häusler aus. Der Musiker, Journalist und Blogger hat inzwischen sogar Schritte eingeleitet, um die wenig sinnstiftenden Entgleisungen aus dem Sichtfeld der Leser zu verbannen. „Verbannen“ heißt jedoch nicht etwa, dass er sie löscht. Das führe laut eigener Aussage zur „Verfremdung der Dokumentation“ dieser aktuellen Diskussionskultur. Vielmehr blendet er sie aus, in dem er die schwarze Schrift per Klick weiß macht.
Durch eine Abwandlung des „Highlight-Comment“-Plugins färbt er die Kommentare ein, die eine Diskussion zu vergiften versuchen. Er schreibt dazu: „Ich hebe damit nicht die guten Kommentare hervor, sondern blende die Blender aus, indem ich ihnen gebe, worauf sie oft so stolz sind: weiße Farbe.“ Weiter schreibt er: „Kommentare, die mich nerven, haben ab jetzt weiße Schrift auf weißem Grund. Wer diese Kommentare dennoch lesen will, kann den Text markieren und dann wieder erkennen.“
Häuslers Methode stößt auf seinem Blog überwiegend auf Wohlwollen. Nur wenige Leser weisen darauf hin, dass im Weißen der Kommentare ebenfalls eine Einschränkung der Meinungsfreiheit stattfindet. Von Zensur kann jedoch keine Rede sein, denn die Kommentare sind da und sie sind öffentlich für alle einsehbar. Vielmehr versucht der Blogger für sich eine neue Form der Moderation zu testen. In den Kommentaren zweifelt er jedoch selber noch etwas: „Ob das die perfekte Lösung ist, weiß ich auch noch nicht!“ Versuch macht klug, heißt es ja. Schöner wäre natürlich, die Leute blieben bei der Sache und würden Themen nicht gegeneinander ausspielen.
Wir müssen lernen Derailing zu erkennen – und nicht weiter darauf einzugehen
Unabhängig von solchen Lösungen, die Blog-Betreiber derzeit meiner Meinung nach zu Recht testen, heißt es aber auch für Netz-Nutzer genau aufzupassen und zu lernen, diese Strategien zu entlarven. Dazu gehört auch, die Kommentatoren damit zu konfrontieren, dass sie absichtlich „Derailing“ betreiben.
Zwar werden die Menschen selber immer noch glauben, dass sie mit ihren unangefochtenen Intellekt es ja viel besser wüssten – und schlichtweg über den Dingen stehen. Andere Kommentatoren dürften jedoch von dem Hinweis auf den Entgleisungsversuch profitieren, indem sie ihn dadurch erst bemerken und nicht mehr darauf eingehen. Netz-Debatten könnten alleine dadurch wesentlich fokussierter und schlichtweg konstruktiver stattfinden. „Derailing“-Hinweise könnten zum Warnschild werden. Vielen ist gar nicht bekannt, dass „Derailing“ überhaupt systematisch angewendet wird.„Vergiftungen bekommen mehr und mehr die rote Karte im Social Web vorgehalten!“
Spannend ist aus netzkultureller Perspektive, ob sich die Diskussionskultur wieder positiver entwickeln wird. Und ob auch „Derailing“ in Kommentarspalten, irgendwann, als Trolling-Form, genauso leicht von der Netzgemeinde™ entlarvt wird, wie es derzeit bei dreisten Lügen oder bloßem Hass passiert. Letztere Vergiftungen bekommen mehr und mehr die rote Karte im Social Web vorgehalten. Als würde das Feingefühl dafür allmählich fest ins Medienkompetenz-Repertoire der Internetnutzer übergehen.
In einer perfekten Welt, merken Nutzer selber, wann ein Thread entgleist und wann sie von sich aus nicht mehr auf ablenkende Kommentare eingehen sollten. In einer perfekten Welt, ziehen sich Trolle – wenn man sie denn so nennen mag – wieder zurück in ihre Löcher, weil sie nur noch mit sich selber reden. Vielleicht hilft der Beitrag ja, aufmerksamer dumpfen Entgleisungen gegenüber zu sein. Und vielleicht leben wir ja sogar bald in der perfekten Welt.
Weitere Kolumnen-Artikel aus „Aufgeweckt“ findet ihr hier. Hier könnt ihr dem Autor zudem auf Facebook und Twitter folgen.
Interessant. Ich sehe nur die Gefahr, dass man Meinungen, die einem nicht passen, schnell in die Kategorie „Derailing“ sortiert. Nicht jeder kann in einer, hitzigen und vor allem meist subjektiven, Diskussion eine pluralistische und sachliche Haltung bewahren. Echte Trolle sollte man einfach sperren.
Das stimmt natürlich. Die Gefahr besteht. Im Zweifel sollte man dann sicher für den Angeklagten stimmen, aber zu oft, ist es zu offensichtlich.
Gruß, Andreas
Vorvorgestern „whataboutism“, vorgestern „Nazi“, gestern „Aluhut“, heute „dreailing“. Was wird sich für morgen für abweichende Meinung ausgedacht?
Es geht nicht um abweichende Meinungen, sondern um das Abweichen vom Thema. Es gibt im Internet genug Möglichkeiten, seine Meinung zu äußeren, dass bedeutet aber nicht, dass deine Meinung überall passt. Der Witz an der Sache ist ja, dass es jenen, die ständig trollen und/oder sich über vermeintliche Zensur aufregen im Grunde nur darum geht zwanghaft ihre eigene Meinung durchzudrücken.
Schöner und informativer Artikel. Denke das hier trifft es:
„Netz-Debatten könnten alleine dadurch wesentlich fokussierter und schlichtweg konstruktiver stattfinden. „Derailing“-Hinweise könnten zum Warnschild werden. Vielen ist gar nicht bekannt, dass „Derailing“ überhaupt systematisch angewendet wird“.
Bedankt!
Verwandt ist Derailing wohl mit dem Whataboutism. Eventuell ist es auch nur ein anderer Begriff für die selbe Taktik https://en.wikipedia.org/wiki/Whataboutism
Glaube das ist noch was anderes… Beim Whataboutism geht’s mehr darum Schwächen im Beitrag zu finden und die groß zu machen. Beim Derailing geht’s darum, gar nicht inhaltlich zu kommentieren – sondern den Blick auf etwas ganz anderes zu richten.
… oder?
Diskussionen bzgl TV landen oft bei GEZ vs. WerbeTV und deren Fanbois-Gruppen.
Hier diskutiert wohl kaum wer über Justin Bieber Themen aber auch dort ist manchem manches vielleicht wichtig was hier als „derailing“ eingestuft wird.
Wohl jedoch werden hier die Apple-Meldungen gelesen und viele WIn10-Fanbois erkennen die Vor- und Nachteile nicht und regen sich drüber auf.
Denen ist das durchaus wichtig und daher haben sie ein Recht auf den Kommentar. Was halt nicht gemacht ist, ist die Separierung wie im Supermarkt: Fehler-Korrekturen, Ergänzungen (die sollten gleich hinter dem Artikel stehen), Fakten-Diskussion, persönliche Anfeindungen,…
Das Nützliches nach oben sortiert und Trollismus separat ganz weit unten druntersteht oder aufgeklappt werden muss wie eine Müllcontainer-Clappe oder das Katzenklo, wurde von mir schon vor Jahren gefordert. Jetzt in der anderen Kolumne sind auch andere der Meinung.
Hier ist ja nicht Spiegel oder Stern mit vielen Lesern und Bezahl-Kommentaren.
Wo diskutiert wird, kann man oft die Gründe gut erkennen. Z.b. Schlampereien und fehlendes Mitdenken beim CopyPasten von Agentur-Meldungen oder PR-Meldungen oder Tippfehler oder Satz-Fehler. Sowas ist berechtigt, zählt aber zum Feedback und nicht zur Diskussion über die Meldung oder den geschriebenen Text. Wie im anderen Kolumne angemerkt wird, ergänzen Leute auch gerne Wahrheit oder andere Quellen welche mangels Recherche in der Agentur-Meldung nicht mit drinstehen. Hier ist es oft auch Eigenwerbung für eigene Projekte aber damit kann man hier leben.
Kommentar ist Kommentar. Dazu zählen auch Fehler im Text.
Das die Leute die Diskussionen abdrängen wollen ist bei Bezahlpostern normal. Gewisse Mobilfunknetze wurden wohl systematisch (Zu Unrecht! denn ich bin sehr zufriedener Kunde auch wo es keinen Ausbau gibt) als schlechter dargestellt als sie wirklich waren.
Auf der anderen Seite gibts natürlich unzufriedene Ex-Kunden die die Chance nutzen, ihrem Ärger Luft zu machen.
Zusätzlich gibts aber Themen wie den fehlenden Ausbau welche von den Mainstream-Medien immer der herrschenden Meinung folgen während die Betroffenen selber am besten wissen das der Ausbau bis heute fehlt aber niemand ihre Probleme erkennt und man immer nur die Jubel-Meldungen sieht und folglich darauf reagiert.
Bestimmte Themen oder Kommentare triggern bestimmte Folgen.
– TV-Meldung : „TV ist von Früher. Netflix ruled“ „WerbeTV mag ich nicht“ „GEZ-TV ist mir zu teuer“…
– Auf Amazon-Kritik wird fast immer mit Kommentaren zufriedener Kunden reagiert. Paypal, Skype,…-Kritik hingegen wird überwiegend akzeptiert.
– Ähnliches passiert bei Themen wo Bezahl-Poster drauf reagieren und per Google-Alerts informiert werden um z.b. bei Kiffer-Thematiken oder bestimmten Großkonzernen die üblichen Einheits-Antworten zu posten. Vergleiche die vielen Analysen von Amazon bzgl. Socket-Puppets also Bezahlpostern. Das wäre ein Thema für Team Wallraff denn Leute mit Diplom leben vielleicht von solchen Tätigkeiten…
Absichtliches Derailing ist also ziemlich sicher nur ein Teil der Antworten welche Halb-Off-Topic sind und nicht den Autor für den Pulitzer-Preis vorschlagen weil er eine öffentliche Meldung oder Produkt-Vorstellung z.b. auf der IFA oder Cebit so schön copy-pasted hat.
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********** !!! Mehr IFA-Meldungen – weniger Kolumnen… !!! ***********
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Früher gabs NNTP und gibts immer noch. Whatsapp könnte man vielleicht mit Jabber realisieren und die Mobilfunk-Nummer anstelle der Email-Adresse als ID benutzen. Demnächst könnte also ein Startup sich NNTP-Ideen patentieren lassen und die Diskussion eröffnen…
Der Denkfehler ist nämlich, das man Spiegel/Stern/Focus/…-Artikel auch woanders diskutieren kann (vergleiche Disqus) weil/und vieles eh Agenturmeldungen sind. In guten Ländern kann man sowas realisieren und den Interessierten die Diskussion EFFIZIENT und Lernkurven-Optimiert für das jeweilige Thema ermöglichen. Vieles findet ja ständig statt und wiederholt sich und z.b. Gegenmeinungen und inzwischen auch öffentliche Statistiken über den Fachkräftemangel und die nicht so stark korrelierende IT-Fachkräfte-Bezahlung finden sich immer häufiger.
Bei NNTP gibts Threads . Die kann man ignorieren und nicht mehr anzeigen oder nur den Thread-Heads aber nicht mehr die Artikel-Texte selber.
Auch viele andere Dinge gabs damals schon und im angeblich überlegenen Emacs-NNTP-Reader. Seitdem (also seit 30 Jahren) ist vielleicht nur Bayes als Konzept dazugekommen. So alt ist das alles.
NNTP=Usenet um den anderen übliche Namen zu nennen. Manche Foren sind zur Vereinfachung der Autoren insgeheim NNTP-Basiert oder haben NNTP-Zugang zum schnelleren drüberchecken durch die Redaktion aber leider nicht zum bequemeren Themen-Verfolgen durch Leser und Abonnenten.
Ergänzung:
Von NNTP und natürlich Emailing-Listen stammt natürlich ROT13 das an die Weiß-Umfärbung erinnert.
Eine ähnliche Alternative wäre das man auf ein Icon klicken muss und dann erst der Text auf-faltet wenn es irrelevant eingestuft wurde oder der Text etwas zu lang wurde. Evtl geht das mit Javascript und CSS recht einfach. Counter wären interessant um zu sehen wer den Langtext weitergelesen oder sich für die persönlichen Streitereien im jeweiligen Teilthread interessiert oder wer den Win10@RasPI2.0-Thread aufgeklickt hat und wer die Linux-Threads aufgeklappt hat. Bei Automobil-Ausstellungen wird wohl auch Opto-Verfolgung gemacht um zu sehen wo die Leute hinschauen und welche Autoteile oder Features das meiste Interesse erwecken. AB-Test aber zeitgleich statt mit unterschiedlichen Test-Gruppen.
ROT13 ist eben keine Verschlüsselung sondern nur eine Verhüllung/Abdeckung wie beim Geschenk womit man die Originalverpackung abdeckt um die Überraschung zu erhalten.
Wer ROT-13 dekodiert ist selber schuld und soll nicht jammern weil er ja aktiv und absichtlich den Text aufgedeckt hat auch wenn z.b. „Spoiler. Das Ende von StarWars-7“ im Klartext drüber steht.
Interessante Zusammenfassung – auch wenn die Gefahr der Zensur, trotz der im Artikel geäußerten Auffassung zum „Ausweißen“ der Deraillings, sehr groß ist:
Zitat oben: „Von Zensur kann jedoch keine Rede sein, denn die Kommentare sind da und sie sind öffentlich für alle einsehbar. “
Das ist eine einseitige Sichtweise. Wenn ich den Verlauf einer Diskussion als Nutzer folge und ein Bereich ausgeweißt ist, dann fange ich nicht an zu markieren – nur weil das sich der Moderator so vorgestellt hat. Ich empfinde die Meinung im wahrsten Sinne als ausgeblendet.
Betrachtet von der anderen Seite der Diskussion wäre, je nach eigener Tendenz des Bloggers/Moderators, eine gezielte Überfrachtung bestimmter Argumentationslinien nicht zu vermeiden. Und das sind schon einige Schritte hin zu einer Einschränkung der freien Meinungsäußerung, da die freie Meinungsbildung hier mit erfasst ist.
Doch wie soll das gehen, wenn in einer Diskussion nur bestimmte Argument einfach zugänglich sind, andere nur mit Zusatzaufwand (Markieren) etc.?
Vielmehr wäre doch die eindeutige Kenntlichmachung besser als die Ausblendung. Wenn der Moderator ein Derailling für sich erkannt hat (haben will), markiert er es und die zu diesem Artikel/Kommentator bilden eine eigene verlinkte Diskussionsdebatte… die nur per Link vom eigentlichen Bereich abgeleitet wird.
Dann können sich die an dieser „Weichenstellung“, um bei den Eisenbahnmetaphern zu bleiben, die Nutzer entscheiden – bleibe ich bei dem im eigentlichen Artikel angesprochenen Knackpunkten oder folge ich dem „Entgleiser“. Und das sich der Autor des Artikels/Moderator etc. persönlich zur Markierung als Derailling äußert, versteht sich für mich als Selbsverständlichkeit, wie sollte der Nutzer sonst die Einordnung aufnehmen?!
Und zu guter Letzt, auch wenn mich persönlich die Deraillings sehr nerven – sie gehören, auch als systematisches Mittel, dazu. Grund dafür ist, dass eine Diskussion zu einem bestimmten Thema nunmal weder vorhersehbar noch kontrollierbar ist. Genau letzteres soll, aus teilweise nachvollziehbaren Gründen, jedoch passieren…
Daher finde ich die Quintessenz des Beitrages sehr schön: „Vielleicht hilft der Beitrag ja, aufmerksamer dumpfen Entgleisungen gegenüber zu sein. Und vielleicht leben wir ja sogar bald in der perfekten Welt.“ – Klärt auf und setzt auf die Mündigkeit der Leser. t3n liest man ja auch aus freien Willen (hoffentlich jedenfalls)
Weiter so…
Danke für deine Einschätzung! Eine Kenntlichmachung könnte natürlich auch sinnvoll sein. Dann rote Schrift für „be aware“ quasi. Wenn dann vor dem Kommentarstrang eine kleine Erklärung zu sehen wäre a la „Rote Kommentare gehen ziemlich am Thema vorbei – es liegt an euch, ob ihr sie lesen wollt.“
Leider wird der Derailing-Vorwurf aber auch oft genug benutzt, um unliebsame Diskussionen, die die eigene filter bubble beschaedigen koennten, zu vermeiden.
Das war grade bei der Amnesty-Sex-WorkerInne-Diskussion letztens haeufiger zu sehen, dass bereitt der Widerspruch gegen „Prostitution ist immer Zwangsprostitution und es sind immer Zuhaelter und Menschenhaendler mit im Spiel“ als Derailing abgestempelt wurde.
Wenn aber bereits die Diskussion ueber „stimmt denn die Ausgangsthese“ verdammt wird, dann endet das dort, wo nur noch ein Kreis von Leuten, die sich gegenseitig darin bestaetigen, die gleiche Meinung zu haben, miteinander kommuniziert.
Ich denke, wenn man die Ausgangsthese diskutiert – also wirklich beim Thema bleibt – dann ist das m.E. kein Derailing. Ich hab die Diskussion nicht verfolgt, leider. Aber wenn halt AI einen Bericht über Zwangsprostitution bringt – also die Personen in dem Bericht schon vorab klar „klassifiziert“ worden -, dann sind ja die Freiwilligen gar nicht die Grundlage der Studie. Warum dann darüber – in dem Kontext – sprechen? Ich weiß, man fühlt sich sofort herausgefordert das zu tun. Aber es lenkt ja vom Fokus ab. Und das Gespräch wird vermutlich in Allgemeinaussagen versanden.
Verstehst du was ich meine?
ich verstehe, was Du meinst.
In diesem Fall ging es aber um etwas anderes – dass AI sich fuer die Dekriminalisierung von SW eingesetzt hat – was mit einer Dekriminialisierung von Zuhaeltern/Pimps so gar nichts zu tun hat.
Die Diskussion darueber wurde aber von interessierten Seiten sehr, sehr eingeengt betrieben.
Wenn aber der 97 Artikel über Prostitution mal wieder nur und ausschließlich über Zwangsprostitution geht, finde ich es durchaus ok auf die freiwillige hinzuweisen. Wenn mal wider Rechte als Schläger dargestellt werden (was Sue auch meistens sind) sollte man auch auf die Eskalation der Linken hinweisen. Sonst entsteht ein völlig schiefes Bild.
@Dirk: Ok, wie gesagt. Ich hab die Diskussion nicht genau verfolgt. Vielleicht haben die Beteiligten da wirklich zu reaktionär oder sensibel reagiert. Kann man natürlich nicht ausschließen.
@Klaas, auch da versehe ich was du meinst. Aber tut das dem Fokus auf das eine Thema gut, wenn quasi „alles in einen Topf“ geschmissen wird? Stattdessen sollte dann ein Themenvorschlag an die Redaktion geschickt werden, dass man sich mal mit dem Thema Linksradikalität beschäftigen sollte. Oder prinzipiell mit Extremismus – da kann man sich dann gegen alles und jeden aussprechen, der da reingehört.
@Andreas; Eigentlich eine gute Idee, aber die meisten reagieren ja nicht drauf. Ich glaube, die meisten Redakteure / Blogger wissen ganz genau, dass sie einseitig sind. Die haben auch die Polizeiberichte gelesen, wissen wer wann welche Steine geworfen hat. Passt aber nicht in das Weltbild hinein.
Jetzt verteidige ich noch Rechte :(
Aber heute wird ja jeden, der eine abweichende Meinung hat rechtes Gedankengut unterstellt.
Aha, sehr instruktiv. Wer nach bestimmten Themen sucht und dabei Informationen findet, die nicht ins eigene Weltbild passen, dann ist das „Derailing“, und „dumpf“. Besser mal gleich als böse markieren, nicht daß sonst noch die eigene (natürlich nicht dumpfe) Meinungsblase platzt.
Wobei ich nicht in Abrede stelle, daß Derailing als Strategie durchaus bewußt genutzt wird, um bestimmte Themen oder Meinungen zu plazieren. Ich finde es aber bedenklich, jede abweichende Meinung (wer entscheidet eigentlich, was von wo abweicht?), jeden anderen Blickwinkel auf ein Thema direkt unter Generalverdacht zu stellen, zu stigmatisieren oder sogar vollständig ausblenden zu wollen. Wer seinem eigenen Urteilsvermögen so wenig zu traut, der hat wohl auch keinen Standpunkt. Und wer so wenig neugierig ist auf andere Argumente und Sichtweisen, der tut mir vor allem leid.
„Ich finde es aber bedenklich, jede abweichende Meinung (wer entscheidet eigentlich, was von wo abweicht?), jeden anderen Blickwinkel auf ein Thema direkt unter Generalverdacht zu stellen, zu stigmatisieren oder sogar vollständig ausblenden zu wollen.“
streng genommen ist das schon derailing. denn es wird ja gerade nicht die meinung eines diskutanten besprochen, sondern dass er etwas postet, was bestenfalls nur am rande mit dem eigentlichen thema zu tun hat.
Grundsätzlich ist es natürlich richtig und wichtig darauf zu achten, daß sauber argumentiert wird. Unter https://yourlogicalfallacyis.com gibt es hierzu auch ein schönes Poster zum An-die-Wand-tackern.
Und daß das Thema „Derailing“ kritisch angesprochen wird, ist deshalb auch richtig – insofern bin ich sehr dafür, anderen auch vorzuhalten, wenn sie vom Thema ablenken.
Einordnungen wie „blende die Blender aus, indem ich ihnen gebe, worauf sie oft so stolz sind: weiße Farbe“ oder „ziehen sich Trolle … wieder zurück in ihre Löcher“ und schließlich „dumpfe Entgleisungen“ legen aber leider nahe, daß es eben nicht nur um das (grundlose) Wechseln des Themas geht, sondern daß die dahinter stehende (andere) Meinung der eigentliche Anlaß der Kritik ist.
Derailing also als Vorwand, um Diskutanten aus der eigenen Meinungsblase zu verbannen, die Ansichten aussprechen, mit denen man sich nicht auseinandersetzen mag? Hier sollte man aufpassen, daß aus Kennzeichnung nicht doch Zensur oder zumindest Stigmatisierung wird.
Deshalb glaube ich auch nicht, daß mein Beitrag vom Thema ablenken sollte, sondern eher daß ich vielleicht doch einen wunden Punkt getroffen habe? :-)
Ich verstehe die positive Intention hinter diesem Beitrag durchaus, und anerkenne auch den Versuch z.B. von Johnny Häusler, mit dem Thema umzugehen. Mit den Untertönen, die aber leider doch sehr in Richtung ad hominem zielen, ist diese positive Intention aber meiner Meinung nach sehr unglücklich konterkariert worden.
@W.Damit: Dass jemand, der kein Interesse an Derailing hat, gleich ein anderes Weltbild hat, setzt du jetzt aber voraus, oder? Es geht ja gar nicht um Meinungen bei dem Thema. Man kann ja eine gegenteilige Meinung haben. Was aber in dem Rahmen sinnlos ist, ist ein Thema gegen ein anderes auszuspielen.
Ein Beispiel: Wenn man darüber berichtet, dass Flüchtlingshilfe geleistet wird, bringt es rein gar nichts darauf zu verweisen, dass es auch Rentnern nicht gut geht. Das sind zwei ganz verschiedene Paar Schuhe. Man kann aber durchaus die Meinung vertreten, dass man die Flüchtlingshilfe gut oder schlecht findet.
@Mordred: gut erkannt.
Den meisten Rentnern in Deutschland geht es gut, weil sie jahrelang gearbeitet haben und Beiträge zur Rentenversicherung geleistet haben. Ein Drittel der Rentenleistungen stammt aber von den Steuerzahlern.
Insofern konkurrieren Steuerausgaben für Flüchtlinge mit allen anderen Steuerausgaben. Jeder Euro kann nur einmal ausgegeben werden.
derailing wird imho auch offline sehr viel genutzt.
grundsätzlich besteht auch das große problem, in eine langwierige metadiskussion „ist es wirklich derailing?“ abzudriften.
Exakt. Ein ganz normales Handwerkszeug eines Politikers bspw. in einer Polit-Talkshow. Ein guter Moderator geht dann dazwischen und lenkt das Gespräch wieder auf den Punkt, der besprochen werden soll.
Nein, diese Engländer wieder! Ein eigener Begriff, und wie so oft bei den Engländern, ein englischer!
Während wir eingestaubten Preußenbubbler uns mit „vom Thema ablenken“ begnügen müssen. Das ist ja öde, damit lockt man keinen Twitterer hinter dem Ofen hervor. Für „hinter dem Ofen hervorlocken“ haben die Engländer übrigens auch einen eigenen Begriff entwickelt, man glaubt es kaum!
In jeder Diskussion die nicht aus endlosen Wiederholungen des immer gleichen, schon gesagten, bestehen sind neue Aspekte Versuche des Sprechers das Thema in die eigene Richtung zu lenken. Diese können fruchtbarer und weniger fruchtbar sein, kann sein, dass das viele anspricht und es ist bei unangenehmen Themen oft einfach der nächstbeste Fluchtversuch um sich gar nicht mit einem Thema zu befassen.
„Heiner Du lenkst vom Thema ab!“
Sicher ist es nützlich das Muster zu erkennen, so wie es auch ein Muster ist missliebige Beiträge mit englischen Floskeln zu stigmatisieren („Stigma“ ist, glaube ich Latein, wenn nicht Griechisch (Alt~) – auch zwei Völkchen, die große Begriffepräger waren). Selten wird dann noch geprüft wie legitim die Aussage inhaltlich war.
Aus der Luft gegriffen ist die Behauptung
Ich behaupte das ist erstunken und erlogen. Egal wer über was redet – es sind immer Leute da, die ihr eigenes Thema in die Diskussion einbringen wollen und denen die dünnste Assoziation reicht.
„Gehn wir in die Oper?“/“Ich habe gar keine passenden Schuhe!“ oder
„Kommt wer mit Oma vom Bahnhof abholen?“/“Da gibt es doch dieses köstliche Blaubeereis!“.
„Wie war’s in der Schule?“/“Mjm jm – geht so – gibt es noch Spaghetti?“
In jedem Rhetorikbuch seit anno Tobak beschrieben.
Es gibt übrigens auch keine Korrelation zwischen Täter- und Opferseite von Ablenkungsversuchen und politischer Einstellung links/rechts. Diese rhetorischen Kniffe oder psychichen Impulse findet man auf allen Seiten.
Interessant wäre aber herauszufinden, wann ein Sprecher/Schreiber einfach unreflektiert inneren Impulsen folgt ein unangenehmes Thema möglichst rasch zu verlassen und wann es ein bewusster Versuch ist den Gesprächsverlauf zu beeinflussen. Außerdem gibt es noch eingeschliffene Argumentationsmuster wie oben angedeutet: Rechte Gewalt/Linke Gewalt,, Linke Gewalt/Polizeigewalt, Kosten für Flüchtlinge/Kosten für Waffen, Flüchtlinge/US-Aussenpolitik.
Mit der Zeit lernt man, welches Thema dem pol. Gegner unangenehm ist und man kontert die Argumente der Gegenseite damit, schnell darauf zu sprechen zu kommen.
Hier wäre auch interessant vorzustellen, wie man eine solche Diskussion wieder elegant ins eigentlich gewählte Thema zurückführt: „Ein interessanter Punkt, Jacqueline, den Du da in die Diskussion einbringst, und sicherlich wert, dass wir uns in einer eigenen Veranstaltung/e. eigenen Artikel/… damit befassen, aber will doch beim eigentlichen Thema, der roten Waldsumpfunke bleiben, die mit der HARP-Verschwörung unter den Windkraftmüllern nur am Rande zu tun hat. Gibt es dazu weitere Wortmeldungen?“
„Wie war’s in der Schule? Hast Du die Mathearbeit wieder bekommen? – Ähhhh – gibt es noch Spaghetti?“
Ist das nicht Derailing nach Lehrbuch?
Hallo! Vielen Dank für den hilfreichen Artikel. Ich wusste gar nicht, dass es dafür ein Wort gibt… Mir geht es auch sehr auf den Nerv, dass man so einfach von wichtigen Inhalten und klaren Aussagen von Artikeln und Posts ablenken kann und alles ist zunichte gemacht, worum es eigentlich ging.
Da ich gerade mit einigen Kolleginnen eine Blogparade zum Thema Mobbing angefangen habe in unserem Blog cafe-eloquent.de werd ich auch dieses Thema aufgreifen, denn das ist genau die Masche, die Mobber im Web aufgreifen.. wenn sie einem schaden wollen. Den Worte verdrehen, von der Kernaussage ablenken etc. und schon entsteht ein einziger Schlagabtausch, bei dem die aggressiven Angreifer meist gewinnen. By the way.. ich würde mich sehr freuen, wenn irgendjemand, der das hier liest, bei unserer Blogparade gegen Mobbing (offline und online.. ) mitmachen würde. Einen LInk will ich hier nicht einbauen.. Wer Interesse hat, kann es leicht ergoogeln.. ALso nochmal vielen Dank für den wichtigen Artikel, der jetzt vielleicht so einiges in der Diskussions-Kultur ändern kann!
Da ich mich in meinem Blog mit Rassismus auseinandersetze, habe ich es im Prinzip andauernd mit Derailing zu tun und kann das entsprechend gut identifizieren. Ich bin da mittlerweile auch rigoros: Wenn nicht zum Thema diskutiert wird, lösche ich und mache mich ggf. drüber lustig.
Das Recht auf Meinungsäußerung heißt ja nun nicht, dass man überall seinen Stuhl hinterlassen darf. Gerade weil mein Blog von vielen Nichtweißen gelesen wird, muss ich aufpassen, dass nicht irgendwelche Trolle den Safespace für sich vereinnahmen. Es ist so schon übel genug, dass wir praktisch alle Kommentarspalten unter Webangeboten und manchmal die Artikel selbst meiden müssen, weil dort ein rassistischer Scheiß nach dem anderen reproduziert werden muss.
Daneben ist das Beißen auf Granit eine schöne Lektion gerade für männliche weiße Trolle, die es i.d.R. gewöhnt sind, dass sie ihre Senftube überall unwidersprochen ausdrücken dürfen.
Wenn man so einen Blog verwaltet wie Netzpolitik hat, dann mag das Ausblenden der Kommentare die bessere Lösung sein, für Angebote wie zeit.de denke ich aber auch, dass das rigorose Löschen besser funktionieren würde.
Ich würde sagen, das ist sogar fast dasselbe. Zu sehen ist diese Strategie zB. bei Putin-Trollen, die bei russland-kritischen Artikeln dagegen argumentieren, die Amis seien genauso schlimm.
(Diese Antwort galt Andreas Weck am 04.09.2015 (11:24 Uhr))
don’t feed the trolls – die Warnung kennt man, seit es Internetforen gibt. Plötzlich finden die Diskussionen nicht mehr in Internetforen mit comment votes und umfangreichen Moderationstools sondern nur noch in Kommentarspalten statt, und sofort wird dafür ein neuer Begriff erfunden. Hab ich die Diskussion jetzt gederailt oder degerailt?
Hier wird leider nicht zwischen OffTopic, Half-OffTopic (die klassischen Begriffe aus dem Usenet) und halt absichtlichen Nebelschwaden unterschieden.
Derailing klingt nach absichtlich. Siehe Bezahlposter die ihre Konkurrenten mit ollen Kamellen bloßstellen wollen wenn die mal wieder ein besseres Angebot gemacht haben.
Bei Amazon übrigens kann man wohl nur die Rezension lesen oder nur die ersten 10 Zeilen und den Rest und Reaktionen darauf muss man aufklappen und stehen da nur also „noch 100 Zeilen/234 Worte. (12) Reaktionen darauf“.
Ein Rail ist eine ganze Eisenbahn-Linie die abweicht und nicht eine kleine Bushaltestelle neben der Straße. Wenn die Rail nur ein paar Zeilen sind, ist es keine Rail mehr und stört auch keinen. Aufklappen ist nicht schön aber na gut.
Wenn man z.b. Distros für RasPi vorstellt gibt diskutiert die eine Hälfte über Linux, die andere über Win10@RasPi2. Wenn die neuen Samsung/Iphone-Modelle verglichen werden diskutieren die einen über Android und andere über iOS und halt ein paar erhöhen das Rauschen durch inhaltsleere hating-fanboi-Postings.
Wenn man über WiFi für Flüchtlinge berichtet und Leute und mangelnden Ausbau hinweisen und das man an Bahnhöfen, Autobahn-Kreuzen und natürlich Stadt-Plätzen (z.b. München vor dem Rathaus) Free WiFI haben sollte, ist das sicher kein Derailing.
Nicht jeden interessiert es. Aber irrelevant ist es auch nicht. Weil nämlich das Thema seit Rot-Grün erledigt sein könnte.
Hier gabs ja auch das Beispiel mit den armen Rentnern. Wer jetzt fordert, diese Postings zu deleten sorgt dafür, das es nirgendwo aufgedeckt wird und zu 110% über das Haupt-Thema zu berichten statt genereller über Soziale Mißstände zu berichten. Wo hört On-Topic auf ? Andere Bundesländer ? Andere Länder ? Andere Jahrzehnte ? Andere Firmen ? Das Weltbild zu ergänzen (ähnlich AmbiLight) ist nichts schlechtes.
Da vieles eh nur copy-pasted wird und die sogenannten „Redaktionspraktikanten“ das Thema wenig mit-denkend einfach copy-pasten, ist alles was nicht 100% auf Themen-Linie ist, für Leute mit wenig Lebenserfahrung evtl überfordernd…
Moderierung sollte dafür sorgen das die Mehrheit schnell über die Kommentare durchcheckern kann. Dazu könnte man Ergänzungen direkt unter den Artikel packen. Halb-OT halt tiefer. Man könnte auch das „Auch Rentnern gehts schlecht“ schwarz auf weiss stehen lassen und nur den Rest ausblenden.
Je nachdem wie viele die entsprechenden Threads auf-klicken, könnte man (ähnlich A/B-Tests wo der Winner das neue Gui oder das meistgeschaltete Werbebanner wird) diese Threads dann gleich offen anzeigen und per [-]-Icon zusammenfalten.
Die Serialisierung führt dazu, das man weniger gut Seitenstränge aufbauen kann. Die interessieren vielleicht nur eine Minderheit. Also minimiert anzeigen. Aber so lange es kein Rauschen ist oder total off-topic (wozu auch Werbe-Spam gehört), ist es unhöflich, es abzuschneiden. Auf einer Party wird auch nicht zentral geredet sondern jeder in kleinen Grüppchen auch wenn Hive(Borg)-mäßige Awareness besser wäre was bisher leider niemand z.b. für Talkshows oder PR-Konferenzen oder Produktvorstellungen die wohl am 9.9 von Apple realisiert um die informationsmäßige Zufriedenheit zu maximieren. Ipod-Fragen würden dann vielleicht tiefer stehen und später oder gar nicht beantwortet werden während iWatch von der Mehrheit neugieriger ist, worauf die Produkt-Vorsteller praktisch nie reagieren was heutzutage aber unhöflich ist.
Wenn man über Rechtschreibfehler diskutiert, ist das Thema abgefrühstückt weil es keine inhaltlichen Argumente mehr gibt.
Gleiches gilt für persönliche Anfeindungen. Man muss je nach Agressivitäts-Potential (Dopamin-Forschung) wohl schwer zusammenreissen und sich angewöhnen dann z.b. „Ich habe also Recht behalten und das Thema ist abgefrühstückt, wenn Du über meinen Job/meine Tippfehler diskutierst/meine politische Einstellung beschreibst.“. Danach kann man Dont feed the Trolls beachten.
Das müsste man halt lernen, findet aber leider nicht statt.
„dass das rigorose Löschen besser funktionieren würde.“
Dann kommt es aber wieder. Man muss die Ursache bekämpfen. Klar geht das nicht so einfach aber es gibt bei Presse keine Kultur des Updates und auch nicht des Ausblendens/Deletens. Auto-Rückrufe oder Produkt-Rückrufe im Supermarkt funktionieren oft besser.
Statt es zu löschen als ob es nie da gewesen wäre, muss man es zwar entfernen sollte aber irgendwas dranschreiben. „Persönliche Anfeindung gelöscht“ und zur Strafe den Rest des Postings etwas grauer und eine Font-Stufe kleiner machen. Quengel-Antworten wegen der Löschung werden dann z.B. weiss auf weiss angezeigt und antworten muss man darauf auch nicht. Da muss man genau drüber nachdenken und optimieren. Im Gegensatz zur Mainstream-Presse die immer noch auf platzbeschränktem Print statt vollständigen Online-Artikeln basiert, kann man als Blogger schneller dazulernen als das Establishment.
Wenn man mit einem LKW absichtlich derailed, wird man durch ein Kieselstein-Bad gestoppt. Absichtlich Auslaufzonen neben steilen Abfahrten sind gemeint. Das sollte einen zum Nachdenken über das Handling von Halb-OT-Themen bringen.
Davon ab, dass ich noch ein bisschen was anderes zu tun habe, als die von dir vorgeschlagenen Spielchen umzusetzen, funktioniert meine Strategie sehr gut. Mein Blog ist nahezu trollfrei. ;)
Das sog. „Derailing“ oder besser der Vorwurf dessen ist nicht weiter als eine Strategie der Zensur und der Meinungsmache.
Grundvoraussetzung für ein Derailing ist die Rail, also eine Schiene, die verfolgt werden soll. Der Kommentator, Blogger, Jounalist verfolgt also mit seinem Artikel eine Meinung. Diese Meinung sollen alle vertreten, also auf Schiene bleiben. Im Kern also dem Autor nicht widersprechen.
Jemand, der „Derailing“ vorwirft, ist also mehr oder weniger ein Meinungsfaschist, da er seine Meinung als Schiene und alle abweichende Meinungen als Anti-Schiene hinstellt.
Hierdurch wird ein konstruktiver Meinungsbildungsprozess verhindert.
Es ist sehr schade, dass Diskussionen mittlerweile durch hohle Phrasen und Selbstgerechtigkeit verstummt sind.