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Ratgeber

Mit Designpsychologie zur besseren UX

Mit Psychologie lässt sich so ziemlich jede unserer Handlungen erklären – und beeinflussen. Logisch, dass das auch für das Design von Websites und Apps wichtig ist.

5 Min.
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Einen Doktortitel in Psychologie brauchen wir als Designer nicht. (Foto: Shutterstock / Maksim Kabakou)

Joe Leech und seine Designpsychologie

Einer der bekanntesten Evangelisten der „Psychologie für Designer” dürfte wohl Joe Leech, besser bekannt als Mr. Joe, sein. Leech zählt Disney, eBay, das Museum of Modern Arts und die Marriott-Gruppe zu seinen Kunden. Vor einigen Jahren schrieb er das in der Branche vielbeachtete Buch „Psychology for Designers”, das seither regelmäßig überarbeitet wird. Zudem bereist er die Welt und hält Workshops zum Thema. Leech hat eine klare Meinung.

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Für Leech ist ein Designer, der keine Ahnung von der menschlichen Psyche hat, vergleichbar mit einem Architekten, der keine Ahnung von Bauphysik und Statik hat. Die Gebäude des letzteren sind stark einsturzgefährdet, die Websites des ersteren stark misserfolgsgefährdet. Dabei ist Psychologie laut Leech nicht etwa von Design getrennt zu sehen, sondern gehört untrennbar dazu. Ohne Grundkenntnisse in Psychologie wären keine großen Erfolge im Design zu erzielen.

Leech ist allerdings reichlich bodenständig und macht keine Wissenschaft aus dem Thema. Vielmehr versucht er, die erforderlichen Kenntnisse unkompliziert und geradlinig zu ermitteln. Im Grunde müsse man als Designer nur wissen, dass das menschliche Gehirn tendenziell faul ist und am liebsten innerhalb etablierter Abläufe arbeitet. Wenn es darum geht, Informationen zu verarbeiten, versucht es zunächst, diese Informationen auf bekannte Weise aufzunehmen. Das spart Energie und hilft, das Gefühl von Kontrolle zu behalten. Als Designer können wir daraus die Lehre ziehen, dass es nicht sinnvoll ist, innovative neue Abläufe für eigentlich bekannte Aufgaben zu kreiieren.

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Der Mensch fühlt sich nicht wohl, wenn er das Gefühl hat, die Kontrolle zu verlieren. (Foto: Shutterstock

Der psychologische Ansatz geht aber viel weiter. Vor einiger Zeit haben wir hier bei t3n einen Beitrag zum Thema Mikrointeraktionen veröffentlicht. Darin haben wir gezeigt, dass es heutzutage gerade die Mikrointeraktionen sind, die eine Website oder App von anderen, gleichartigen absetzen können. Gerade bei diesen Mikrointeraktionen geht es nahezu ausschließlich um Psychologie.

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Wenn sich eine App oder Website unkompliziert und flüssig bedienen lässt, entspricht dass den Erwartungen der menschlichen Psyche logischerweise weit eher als wenn sie mit einer sperrigen, unerwartet reagierenden „Innovation” konfrontiert wird. In der heutigen Zeit, in der die Basics nahezu überall gewährleistet sind, sind es genau solche Details, die den Unterschied machen.

Auf seiner Website „Psychology for Designers”, die Leech ergänzend zu seinem Buch betreibt, sammelt er Details und Informationsstücke zum Thema, mit denen Designer sich beliebig tief in die Materie einarbeiten können. Dabei behandelt er dann auch Themen, wie die Psychologie des Preises oder die Auswirkungen bestimmter Bildmotive.

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In den Quellen zum Weiterlesen findet ihr genügend Material, um euch etliche Stunden in Designpsychologie zu vertiefen. Da diese Zeit nicht jedem zur Verfügung steht, wollen wir einige etablierte Prinzipien der Designpsychologie als Handlungsrichtlinien aufstellen – quasi als TLDNR:

Keine neuen Herangehensweisen an etablierte Abläufe

Das Gehirn wandelt am liebsten auf bekannten Pfaden. Wenn es auf eine Website losgelassen wird, sucht es nach bekannten Mustern, um sich zu orientieren. Wenn du jetzt ganz innovativ warst und völlig neue Muster erschaffen hast, wird dir das Gehirn das nicht danken. Also: Lass es.

Keine drastischen Redesigns etablierter Seiten

Schau dir Google an: Man kann immer noch Reminiszenzen an das intitiale Design des Dienstes Ende der Neunziger erkennen. Das Redesign war stets subtil und maßvoll. Gerade bei vielbesuchten Seiten ist es wichtig, Psychologie strategisch zu betrachten.

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Generell hasst der Mensch jede Veränderung, die keine deutliche Verbesserung mit sich bringt. Dabei gilt auch die Verbesserung nur dann als solche, wenn zuvor ein Mangel empfunden würde. Designer betrachtet ihre Redesigns gerne als Verbesserungen, dabei gilt der alte Spruch: „If it ain’t broken, don’t fix it“. Wenn es nicht kaputt ist, reparier es nicht.

Nutze Typografie psychologisch

Eine aktuelle Studie des Microsoftlers Kevin Larson und der MIT-Mitarbeiterin Rosalind Picard konnte nachweisen, dass es einen deutlichen Zusammenhang zwischen der Typografie einer Seite und dem Stimmungsbild ihres Lesers gibt. Die Erkenntnis war für die Forscher durchaus überraschend, hatte man ähnliche Effekte doch bislang nur bei spaßigen Videos oder kleinen Belohnungen erlebt. (Studie zum Download als PDF)

Zusätzlich zum verbesserten Stimmungsbild zeigte sich, dass Leser auf Seiten mit hochwertiger Typografie länger lesen und die Informationen besser verarbeiten können.

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Wenn du also Typografie psychologisch nutzen willst, dann verwende eine qualitativ hochwertige Schrift ohne allzu große Besonderheiten und setze die Schriftgröße ruhig etwas nach oben.

Nutze Belohnungen strategisch

Hier wird es kompliziert: Bislang galt als unstrittig, dass kleine Belohnungen das Engagement der potenziellen Nutzer steigern würden. So gehört etwa der kostenlose Probemonat bei diversen Angeboten schon fast zum guten Ton. Es gibt jedoch Fälle, in denen diese Vorgehensweise nach hinten losgehen kann.

Bevor du mit Belohnungen arbeitest, solltest du also identifizieren, worin die primäre Motivation besteht, warum deine Nutzer deine Website oder App nutzen wollen werden. Kommt die Motivation primär aus dem Inneren der Besucher, nutzen diese dein Produkt also zum Spaß, um damit abzunehmen oder um sich damit zu unterhalten, können Belohnungen entweder gar keinen oder sogar einen negativen Effekt auf das Engagement haben.

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Zu diesem Ergebnis kommt diese Studie, die noch nicht einmal brandneu ist, aber einige Misserfolge der letzten Jahre erklären könnte.

Arbeite proaktiv mit menschlichen Schwächen, soweit das geht

Menschen machen Fehler und das menschliche Gedächtnis ist nicht sonderlich verlässlich. Diese beiden Probleme musst du in deinen Designs aktiv angehen. Es ist wichtig, alle möglichen Fehler zu erkennen, die ein potenzieller Benutzer machen könnte, um sie dann jeweils funktional abzufangen. Denn die Forschung zeigt zweierlei.

Fehler frustrieren an sich schon und sorgen für ein schnelles Ende der Nutzung. Beschleunigend wirkt sich aber noch der Effekt aus, dass Menschen dazu tendieren, sich selbst die Schuld am Versagen zu geben. Dann setzt die Fluchtreaktion ein.

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Ein weiterer Faktor, den sicherlich jeder schon mal gehört hat, ergibt sich aus der Aussage: „Von Computern habe ich keine Ahnung“. Vielfach wird der Satz sogar mit einem gewissen Stolz vorgetragen, als könne man sich durch das dokumentierte Unvermögen positiv von anderen abgrenzen. Diese Form erlernter Hilflosigkeit ist schwer zu bekämpfen, aber wichtig zu kennen. Immerhin ist der Designer selbst auch nur ein Mensch.

Quellen zum Weiterlesen:

  • 14 Design Psychology Articles for UX Practitioners | UX Pin
  • Combining UX Design And Psychology To Change User Behavior | Smashing Magazine
  • Discipline or Tool? The Study of Design Psychology in UX | Adobe
  • Reading minds: the psychology behind UX design | Webdesigner Depot
  • The Psychologist’s View of UX Design | UX Magazine
  • 4 Clever Psychology Rules for Making Better UX Decisions | Sitepoint
  • Psychology for Designers | Joe Leech
  • 10 psychology techniques to drive behaviour | Keep It Usable
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