Diese Food-Experience-Designerin macht mit Essen die Arbeitsweisen von Unternehmen erlebbar

Inés Lauber arbeitet mit einem besonderen Material: Essen. Die Designerin entwirft allerdings keine neuen Lebensmittelprodukte, sondern gestaltet neue Essenserfahrungen. Frau Lauber, Sie bezeichnen sich als Food-Experience-Designerin. Was bedeutet das? Im Gegensatz zu Food-Design, das sich um die industrielle Gestaltung von Lebensmitteln dreht, geht es mir in meiner Arbeit um die persönliche Erfahrung des Menschen mit Essen, das Sinnliche und Emotionale. Alle Menschen haben einen Bezug zu Lebensmitteln und damit sind Lebensmittel prädestiniert als Medium für Kommunikation und Austausch. Ich nutze sie als Werkzeug und kuratiere mit ihrer Hilfe Erlebnisse. Menschen sollen dabei nicht in erster Linie satt werden, sondern in eine neue Situation versetzt werden, etwas Neues lernen. Sie veranstalten sogenannte Imaginary Dinners. Wie kann man sich das konkret vorstellen? Das ist ein Projekt für einen Kunden, ein Designunternehmen. In dieser Dinner-Reihe geht es darum, wie wir Zukünfte gestalten können. Und mit dem passenden Storytelling soll die Arbeitsweise dieses Unternehmens dann erlebbar gemacht werden. Eine Arbeitsweise durch Essen erlebbar machen, wie geht das? Wenn die Arbeitskultur sehr leistungsorientiert ist, dann essen alle etwas, das möglichst schnell konsumierbar ist und viel Energie liefert? Die Inszenierung ist hier wichtig: Wie wird das Essen gereicht, in welcher Situation gegessen? In diesem Fall wurden die Teilnehmenden in ein Zukunftsszenario versetzt, ein Dinner im Jahr 2050. Es wurden verschiedene Charaktere zugewiesen, junge und alte und nicht nur Personen, sondern auch ein Katzen-Avatar oder ein uralter Baum. Es war eine Zukunft, in der nicht unbedingt nur Menschen als Lebewesen wahrgenommen werden, sondern auch künstliche Intelligenzen. Verbunden damit auch die Frage: Wie real können Avatare als Gäste sein? Dieses Interview ist zuerst in der t3n 75 erschienen, in der wir über Ernährung in Zeiten von KI, Tech und Remote Work schreiben. Und welche Rolle spielt dabei das Essen selbst? Es gab zwei Gruppen: „Wisdom“ und „Intelligence“. Die einen waren mehr der Natur, die anderen mehr der Technik und Unterstützung durch Maschinen zugewandt. Beide Gruppen haben dieselben Vorspeisen zubereitet; zum Beispiel ein Pesto-Brot. Die einen mit dem Mörser, Schneidebrett, Holz und Feuer und die anderen mit dem Thermomix und Backofen. Im Laufe des Dinners haben sie sich dabei immer weiter angenähert, bis sie schließlich gemeinsam am Tisch saßen. Die Teilnehmenden haben über das Essen immer wieder Input zu ihrem Charakter bekommen. [caption id="attachment_1619557" align="alignnone" width="266"] Inés Lauber. (Foto: Annie Martin)[/caption] Wie funktioniert das? Über die kuratierten Gänge wurden dabei Nachrichten vermittelt, etwa über unterschiedliche Produktionsprozesse und die Zukunftsfähigkeit von Lebensmitteln. Das Essen war vegan und auch dem Zero-Waste-Gedanken entsprechend zubereitet: von der Wurzel bis zum Blatt alles zu verwenden. Trigger-Wörter wie Sustainability und Creativity wurden mit Soße auf die Teller geschrieben. In einem anderen Projekt haben sie auch Daten essbar gemacht … Ja, Edible Data haben wir das genannt. Das war ein Konzept für eine internationale Konferenz zum Thema Informationsdesign und Datenvisualisierung mit 200 bis 300 Gästen, also ein extrem großes Szenario. Zur Eröffnung haben wir Fingerfood zum Beispiel in Form von Balken- oder Tortendiagrammen serviert. Für den zweiten Abend hatten wir uns Foodstalls ausgedacht, sodass die Menschen wie auf einem Parcours an verschiedenen Ständen zu verschiedenen Themen über ein bestimmtes Essen in den Dialog kamen. Das Essen war auch im Sinne der Datenanalyse gestaltet, also mit Angaben zu allen Inhaltsstoffen et cetera. Und es gab auch eine gewisse Art von Gamification. [crosslinks ids="1617102,1617566,1613731"] Gamification? Ja, an einem Stand gab es zum Beispiel Ziegenkäsebällchen an einem Stäbchen – wie ein Lollipop. Und je nachdem, ob man mit dem Auto, Zug oder mit dem Flugzeug angereist ist, hat man sein Bällchen in einem bestimmten Topping gewälzt und dann sein Stäbchen auch an eine Pinnwand gepikst, um anzuzeigen wie viele Kilometer man auf dem Weg zur Konferenz zurückgelegt hat. Je nach Verkehrsmittel hatten die Teilnehmenden so unterschiedliche Geschmackserlebnisse. Haben Sie selbst denn ein Lieblingsessen? Tatsächlich bin ich nicht so der Lieblingstyp. Ich mag das, was die Saison und die Jahreszeit mir gibt. Oder ein Nahrungsmittel, von dem Sie sagen, das gibt mir Kraft für den Arbeitstag? Ein nahrhaftes Getränk, das wirklich lecker ist und einem auch über den Tag hilft, ist ein echter Kakao. Er macht ein bisschen wach und regt an. Oder auch eine heiße, trinkbare Brühe. Die hält schön im Flow.