Digitalsteuer: Wie sich die USA vor einer Besteuerung der Digitalkonzerne drücken

Die USA sind aus Gesprächen über eine Digitalsteuer zumindest vorläufig ausgestiegen – und drohen weiter mit Vergeltung bei einseitigen Maßnahmen. Man habe keine Fortschritte gemacht und Finanzminister Steven Mnuchin habe „beschlossen, zu sagen, dass wir nicht länger an den Verhandlungen teilnehmen“, sagte der US-Handelsbeauftragte Robert Lighthizer bei einer Anhörung im Repräsentantenhaus. Mnuchin hat vergangene Woche in einem Brief an Frankreich, Italien, Großbritannien und Spanien um eine vorläufige Aussetzung der Verhandlungen gebeten. Warum gerade diese vier Staaten angesprochen wurden, ist unklar.
Doch insbesondere die Begründung ist erstaunlich: Eine Sprecherin des Ministeriums erklärte danach über den Finanzdienst Bloomberg, die USA schlügen „eine Pause in den Gesprächen“ vor, damit sich Regierungen auf die Bewältigung der Coronakrise konzentrieren könnten. Eine andere Begründung, die Mnuchin laut der Financial Times anführte, klingt da eher plausibel: Man sei in eine Sackgasse geraten und wolle keiner Änderungen international geltender Steuerregeln zustimmen, die den Digitalkonzernen schade.
USA wollen Digitalsteuer nicht zulassen
Ähnlich deutlich wird Lighthizer: Er bekräftigte zugleich die US-Kritik an Plänen für eine Digitalsteuer. „Eine Reihe von Ländern haben beschlossen, dass der einfachste Weg, um an Geld zu kommen, ist, fremde Unternehmen zu besteuern – und es trifft sich so, dass es um unsere Unternehmen geht.“ Die USA würden das nicht zulassen, betonte er. Stattdessen müsse die internationale Besteuerung insgesamt neu geordnet werden. Selbstverständlich handelt es sich bei der Entscheidung der USA auch um ein Spiel auf Zeit – denn neben den Herausforderungen, die gerade dort die Coronakrise zweifellos mit sich bringt, ist Wahljahr. Und keine der Parteien dürfte ein gesteigertes Interesse daran haben, ein derartiges Zukunftsthema als Hypothek für den eigenen Wahlkampf mitschleppen zu müssen.
In der Tat wären es vor allem die großen Digitalkonzerne wie Google, Facebook, Amazon und Microsoft, denen eine Digitalsteuer auf die Füße fallen würde. Doch auch deutsche Technologiekonzerne wie SAP wären von ihr betroffen. Unterm Strich bringt die aktuelle Regelung in der Tat gerade für internationale Konzerne, die beim Werbe- und App-Geschäft ebenso wie beim Vertrieb von Software und Cloud Services einigermaßen flexibel agieren können, Vorteile mit sich. Nur in einzelnen Märkten tätige Unternehmen, vor allem aber auch der digitale Mittelstand sind hierbei außen vor und müssen zusehen, wie die oben genannten Konzerne mit minimaler Steuerbelastung durchkommen.
Le Maire: „Kurz vor Einigung gestanden“
Daher wollen gerade die Franzosen und Spanier offenbar an den Verhandlungen festhalten. Laut dem französischen Wirtschaftsminister Bruno Le Maire sei man schon auf der Zielgeraden der Verhandlungen gewesen und war „nur Zentimeter von einer Einigung entfernt“. Bemerkenswert ist das Verhalten der USA aber auch noch in anderer Hinsicht: Denn während Donald Trump in der Vergangenheit mit teilweise deutlichen Worten gegen Konzerne wie Amazon, Facebook und nicht zuletzt Twitter ausgeteilt hat, stellt er sich nun doch auch auf die Seite der Konzerne.
EU-Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni bedauerte den US-Schritt, deutete aber zugleich die Bereitschaft zu einem europäischen Alleingang an. „Ich hoffe, dass es ein vorläufiger Rückschlag und kein endgültiger Stopp sein wird“, sagte er am Donnerstag. Von Seiten der Europäischen Union strebe man eine globale Lösung für die Unternehmensbesteuerung an, könne sich aber offenbar auch einen Alleingang vorstellen: „Für den Fall, dass sich das in diesem Jahr als unmöglich erweist, haben wir deutlich gemacht, dass wir einen neuen Vorschlag auf EU-Ebene machen werden.“ Unterdessen stehe die Kommission hinter den Länder-Plänen für eigene Digitalsteuern.
Einig sind sich auch die europäischen Staaten nicht über die Ausgestaltung der Steuer. Während die Franzosen im Januar noch eine Verschiebung der Digitalsteuer erwogen, bekräftigte Großbritannien (auch nach dem vollzogenen Brexit) noch die Pläne, diese im Laufe des aktuellen Jahres einführen zu wollen. Mit Material der dpa.
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