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Analyse

Von Edeka bis Deutsche Bahn: Warum Unternehmen sich gerade jetzt politisch äußern

Immer mehr Unternehmen beziehen Stellung gegen extremistische Politik. Das hat zwar oft vor allem auch wirtschaftliche Gründe, ist aber dennoch richtig und wichtig – und aus Unternehmenssicht weniger mutig als es auf den ersten Blick aussieht.

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Immer mehr Unternehmen äußern sich öffentlich für Pluralität und Vielfalt. (Foto: Tina Gutierrez / Shutterstock)

Bundesweit sind alleine am vergangenen Wochenende mehr als eine Million Menschen auf die Straße gegangen und haben gegen Rechtsradikalismus und insbesondere die Politik der AFD demonstriert. Doch der Protest bleibt nicht im Privaten, denn auch zahlreiche Unternehmen jeder Größe und Branche positionieren sich inzwischen öffentlich gegen Intoleranz und Rassismus.

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So aktuell das Thema aktuell ist – manchmal muss dazu noch nicht einmal ein neuer Spot gedreht werden. So hat beispielsweise Edeka bereits 2017 einen derzeit mehr denn je passenden Spot unter dem Claim „Dieser Markt ist ärmer ohne Vielfalt“ gedreht. „Stellen Sie sich einen Supermarkt vor, in dem es nur deutsche Produkte gibt“, titelt der Supermarkt und zeigt leere Regale und entsetzte Kund:innen. Die Idee „wir haben alle ausländischen Produkte aus dem Regal geräumt, um ein Zeichen zu setzen – für Vielfalt“ verfängt damals wie heute – und wird durch Edeka einmal mehr in den sozialen Medien promotet.

Interessant auch das Zeichen, das die Deutsche Bahn setzt. „Heute müssen alle stehen. Aufstehen für die Demokratie!“, packte die DB-Personenverkehr als Botschaft im üblichen offiziellen Bahndesign am letzten Wochenende in die sozialen Medien. Man beziehe Stellung und wolle es als Unternehmen mit über 100 Nationalitäten nicht hinnehmen, dass sich die Geschichte wiederholt.

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Dax-Konzerne positionieren sich gegen Rechtsaußen

Doch der Lebensmittelhändler und die Bahn sind bei Weitem nicht die einzigen Unternehmen, das sich jetzt diesbezüglich öffentlich äußern und positionieren: Bereits am Wochenende erschien in der Börsen-Zeitung eine Sammlung von Statements, in denen sich mehr als die Hälfte der Dax-Konzerne klar gegen Rassismus und Extremismus positioniert haben.

„Wir wollen, dass Deutschland ein weltoffenes Land ist“, mag die Aussage der Unternehmen von Adidas bis Zalando, von Bayer bis SAP dabei auch mit einem bangen Blick auf die ansonsten drohenden wirtschaftlichen Auswirkungen sein – es ist aber dennoch ein alles andere als selbstverständlicher Schritt, gerade in großen internationalen Konzernen, die sich mit politischen Positionen oftmals schwertun.

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Auch wenn einige Kommentator:innen in den sozialen Medien diese Statements bei bestimmten Unternehmen angesichts deren schwieriger NS-Vergangenheit kritisieren (und wohl aus diesem Grund auch manche Konzerne auf ein Statement verzichtet haben), fällt auf, dass es doch einmal mehr überhaupt politische Statements von Unternehmen gibt.

Ein Top-Manager, der auch in der Vergangenheit mit seiner Meinung stets in die Öffentlichkeit ging, ist Tim Höttges, CEO der Telekom. Er stellt klar: „Der Wohlstand Deutschlands hängt mit davon ab, wie innovativ wir als Unternehmen und Volkswirtschaft sind. Dazu brauchen wir die klügsten Köpfe aus aller Welt.“ Wer das infrage stelle, schade auch dem Wohlstand und Wohlergehen der Gesellschaft, so Höttges. „Bei der Telekom arbeiten viele Menschen mit Migrationshintergrund. Sie tun viel für unser Unternehmen und sie tun viel für unser Land. Sie gehören zu uns.“

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Soziale Medien schneller als große Kampagnen

Diese finden allerdings oftmals in den sozialen Medien statt – einfach weil die Vorlaufzeiten für Botschaften dort deutlich kürzer sind als dies etwa in der klassischen Kampagnenplanung der Fall ist. Dennoch regen zahlreiche Marketingverantwortliche in Unternehmen an, dass hier eine gemeinsame Kampagne zahlreicher Wirtschaftsvertreter:innen zielführend sei.

Bei Linkedin erklärt etwa Alexander Kühnen, CEO bei Bahlsen, es sei höchste Zeit, die Vielfalt zu feiern. So arbeiteten bei Bahlsen Deutschland Kolleg:innen aus fast 50 Nationen. „Ohne sie könnten wir ‚den Laden dicht machen‘. Hass, Rassismus und Ausgrenzung schaden uns im Zusammenleben, bedrohen unsere Demokratie und fügen unseren Unternehmen Schaden zu.“

Auch Raoul Roßmann, Geschäftsführer der gleichnamigen Drogeriekette, findet viele Statements und das darin geäußerte Entsetzen noch viel zu leise. „Ohne die zahlreichen Menschen, die ihren Weg nach Deutschland finden, die hier arbeiten, hier leben, ihren Beitrag für dieses Land leisten, würde unsere Wirtschaft und auch Rossmann schlicht nicht funktionieren.“

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Auch Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), glaubt, dass die Unternehmen zu den großen Verlierern einer AFD-Regierung zählen würden. „Die Vorstände in den Unternehmen müssen jetzt Farbe bekennen gegen rechts und ihren Beschäftigten vor Augen halten: Eure Jobs sind in Gefahr, wenn die AFD sich durchsetzt“, so Fratzscher. In manchen Konzernen glaube man noch, dass die Politik all das alleine richten müsse. „Das ist falsch, das müssen wir alle gemeinsam“, so Fratzscher gegenüber der Deutschen Presse-Agentur.

Die Politik ihrerseits appelliert ebenfalls an die Wirtschaft. So rief Arbeitsminister Hubertus Heil am vergangenen Wochenende die Wirtschaft auf, sich für eine offene Gesellschaft und gegen Rechtsradikalismus aufzustellen. „Unsere Volkswirtschaft ist international vernetzt. Rassismus und Nationalismus können wir uns auch deshalb nicht leisten“, mahnte der SPD-Politiker.

Selten war ESG-Engagement naheliegender und einfacher

Andererseits kann man von den großen Konzernen, die ansonsten sehr gerne über einen „Purpose“, also die eigene Haltung des Unternehmens, sprechen, auch erwarten, dass sie das ESG-Kürzel im jetzt entscheidenden Moment durchdeklinieren, also nicht nur auch ökonomische Punkte und Nachhaltigkeit verweisen, sondern auch das soziale und gesellschaftliche Engagement mit Leben füllen.

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Denn zum einen dürfte das Bekenntnis zu Demokratie und Rechtsstaatlichkeit aus Marketingsicht alles andere als ein gewagter und abwegiger Move sein, zum anderen kann man wohl gerade jetzt erwarten, dass sich auch jene Wirtschaftsvertreter:innen, die ansonsten möglichst unpolitisch agieren, klar positionieren – und das bitte nicht nur mit dem Hintergedanken der wirtschaftlichen Folgen einer extremistischen Politik.

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