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Nachhaltige Geldanlage: Ist ESG Qualitätssiegel oder Mogelpackung?

Für die einen sind ESG-Kriterien die einzig wahre Geldanlage, andere brandmarken das Konzept als Mogelpackung im Anleger-Marketing. Doch wie nachhaltig ist der ESG-Ansatz wirklich?

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Nachhaltigkeit und Geldanlage: Wie aussagekräftig sind die ESG-Konzepte? (Foto: Sanook.pic / Shutterstock)

Nachhaltigkeit ist aktuell einer der wichtigsten Trends, wenn es um die Auswahl von Geldanlageprodukten, etwa Fonds geht. Wer sich hier etwas umsieht, kommt schnell auf die Abkürzung ESG, die für ethische Investmentprodukte steht. E wie Environment, S wie Social und G wie Governance sind die Kriterien, die bei Anlegern aktuell hoch im Kurs stehen und den Kapitalanlagegesellschaften dabei helfen, das Thema Geldanlage auch bei jenen salonfähig zu machen, für die bislang alles anrüchig schien, was über ein Festgeldkonto hinausgeht. Doch was genau verbirgt sich hinter dem ESG-Konzept und wie nachhaltig ist das wirklich?

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Umweltschutz, Soziales und Unternehmensführung sind drei Kriterien, die dazu beitragen sollen, dass unsere Wirtschaft und die Investmentlandschaft ein Stück besser und lebenswerter werden. Beim Umweltschutz-Element geht es dabei natürlich vor allem um Klimaschutz, die Minimierung von Emissionen und Treibhausgasen sowie die sparsame und vernünftige Verwendung von Ressourcen, nicht zuletzt aber auch um Themen wie vernünftiges Wirtschaften mit regionalen Produkten und kurzen Transportwegen. Die S-Komponente bezieht sich wiederum auf gute Bedingungen für Arbeitsplätze, gute und faire Bedingungen für Zulieferer und Dienstleister, das verantwortliche Einhalten der guten Beziehungen zu Mitarbeitenden und ihren Familien und nicht zuletzt auch auf auskömmliche Löhne über die gesamte Lieferkette hinweg. Bei der Governance (Unternehmensführung) schließlich stehen Transparenz und Offenheit sowie Vielfalt und Chancengleichheit in Betrieben, aber auch Fairness und Steuerehrlichkeit sowie Maßnahmen gegen Korruption im Vordergrund.

Wie lässt sich Nachhaltigkeit messen?

Bei nachhaltiger Geldanlage nach ESG-Kriterien sollen all jene Unternehmen berücksichtigt werden, die in sämtlichen drei Kategorien entweder Mindeststandards einhalten oder auch zu den Besten ihrer Klasse zählen. All das lässt sich ja mithilfe von Punktesystemen und Kriterien bewerten, wobei – man ahnt es bereits – hier die Schwierigkeit im Detail liegt. Denn wie das bei Tests und Rankings so ist, lassen sich Themen unterschiedlich bewerten. Und gerade die Anbieter, die in der Vergangenheit nicht speziell ökologisch angehaucht waren, nehmen es bei den ESG-Kriterien nicht so genau.

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Fondsanbieter gehen in der Regel so vor, dass sie sich an den Urteilen von Ratingagenturen wie MSCI, Sustainalytics und ISS-Oekom orientieren, um zu beurteilen, ob ein Unternehmen nachhaltig ist und den ESG-Kriterien entspricht oder nicht. Dabei gibt es neben der reinen Entsprechung auch um die Möglichkeit, dass Unternehmen als teilweise oder mäßig ESG-orientiert eingestuft werden. Grundsätzlich lassen sich auf diese Weise sowohl Unternehmen und ihre Aktien innerhalb eines Index standardisiert besparen (in Form eines ETF) oder ausgewählt nach wirtschaftlichen und ESG-spezifischen Kriterien (bei aktiven Fonds, deren Entscheidungen ein Manager trifft).

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Einzelne Fonds eher grau-grün zu bewerten

Grundsätzlich gibt’s bei der ESG-Produktauswahl aber eine Reihe von Widersprüchen und Schwierigkeiten. Denn auch wenn viele Anleger aktuell auf das ESG-Attribut gesteigerten Wert legen und Vertriebler gerne betonen, dass der Fokus auf Nachhaltigkeit zu einer niedrigeren Volatilität in den Portfolios führen kann und damit gut für den Anlageerfolg ist, sprechen Kritiker gerne von Greenwashing, also dem bewussten Vorgaukeln von sozialen, ökologischen und ethischen Standards. Kritik diesbezüglich ereilte etwa vor einigen Monaten die DWS, eine der größten Fondsgesellschaften Deutschlands, die zur Deutsche Bank Gruppe gehört.

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Ins Rollen gebracht hat das die ehemalige Nachhaltigkeitschefin der DWS, Desiree Fixler, die bemängelt, dass der Fondsanbieter sich und seine Fondsprodukte hier grüner und nachhaltiger darstelle, als es eigentlich korrekt sei. Sowohl die US-Börsenaufsicht SEC als auch die deutsche Bafin rief das auf den Plan – Ausgang noch ungewiss. Offenbar, so zumindest der Vorwurf, seien die ESG-Kriterien nicht flächendeckend auf sämtliche Werte der Fonds angewendet worden, auch wenn die DWS betont, man liege damit weit über Branchenstandard und es herrsche ohnehin ein gewisser Wildwuchs bei dem Thema.

Wo ESG draufsteht, ist nicht immer Nachhaltigkeit drin

All das zeigt, dass ein Fonds, auf dem ESG draufsteht, nicht vollumfänglich umweltschützend, sozial und ethisch wertvoll sein muss, sondern eben auch Werte enthalten kann, die zumindest fragwürdig sind in einem solchen Fonds. Das hat gleich in mehrfacher Hinsicht negative Auswirkungen: Denn zum einen zahlen Anleger für Fondsprodukte Provisionen bei Kauf und Bestand für etwas Nachhaltiges, das dieses Etikett nicht verspricht. Und zum anderen investieren diese Kunden in Unternehmen in dem guten Glauben, in ein nachhaltiges, den Klimawandel förderndes Produkt zu investieren.

Dennoch ist die ESG-Chiffre durchaus ein guter Ansatz, um einen Überblick in grundlegende Unternehmenswerte zu bekommen – aber eben eher als notwendige, nicht als hinreichende Bedingung. Was nämlich bis heute fehlt, sind nicht wirklich belastbare Ratings – die gäbe es durchaus reichlich –, sondern eine Übereinkunft darüber, worauf es ankommt. Anleger entbindet all das eben somit immer noch nicht von der Pflicht, ein Geldanlageprodukt nicht nur auf seine möglichen Chancen und Risiken im Hinblick auf die Rendite zu prüfen, sondern auch die jeweiligen Unternehmen zu hinterfragen, in die investiert wird. Wahlweise ist es auch hilfreich, in den Prospekten der Kapitalanlagegesellschaft nach Angaben zu suchen, was genau die KAG unter ESG-Kriterien versteht und wie beziehungsweise mit welchem Ranking diese erhoben werden. Es geht sogar noch einen Schritt weiter: Selbst Fintechs wie die Tomorrow-Bank, die sich explizit dem ESG-Thema verschrieben haben, werden von Verbraucherschützern nicht immer als nachhaltig gesehen.

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Zugegebenermaßen ist das eine Aufgabe, die nicht jeder Kleinanleger leisten kann und will, aber es werden hier in den nächsten Jahren sicherlich zunehmend Standards entstehen – zumindest wenn das Thema ESG weiterhin interessant und en vogue bleibt und nicht eines dieser Buzzwords wird, die bei der Geldanlage alle paar Jahre wechseln.

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