Das Hamburger Fintech-Startup, das sich seit drei Jahren als moderne Bank für Nachhaltigkeit positioniert, hat jetzt Ärger mit dem Verbraucherschutz. So verspricht das Unternehmen, das sich über ökologische Konten und Karten aus Holz von den herkömmlichen Banken abzugrenzen versucht, dass Kunden, wenn sie sich für ein Premium-Konto aus Holz entscheiden, ihren digitalen Fußabdruck kompensieren können.
Wofür genau, das lässt das Unternehmen unbesprochen – und daran nahmen die Verbraucherschützer der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg jetzt Anstoß. Sie schickten dem Fintech eine Abmahnung mit der Begründung, die Aussage, Kunden könnten so den CO2-Fußabdruck kompensieren, sei in dieser Form und Pauschalität nicht zutreffend, da die Werbeaussage in die Irre führe. „Für interessierte Verbraucher:innen wäre es natürlich ein Gewinn, wenn sie ‚ihren CO2-Fußabdruck‘ reduzieren könnten. Aber woher soll ein Unternehmen diesen kennen und dann exakt kompensieren können? Jeder Mensch hat einen individuellen CO2-Fußabdruck, weil die Produktauswahl nie deckungsgleich ist“, erklärte Niels Nauhauser von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg.
Wie nachhaltig Tomorrow ist, bleibt unklar
Es wurde sich, so erklärt die Bank, die genau genommen ein Fintech unter Verwendung der Solarisbank-Lizenz darstellt, inzwischen auf den jährlichen deutschen Durchschnitt bezogen, was nun auch konkreter beschrieben werde, indem dort nun steht: „Über die Kontogebühr finanzieren wir CO₂-Zertifikate, die den CO2-Fußabdruck des jährlichen deutschen Durchschnitts von 11,17 Tonnen Pro-Kopf-CO2-Emissionen kompensieren.“
Wirklich zufrieden sind die Verbraucherschützer, wie so oft, aber auch mit dieser Regelung nicht. Dieser Durchschnittswert sei einfach substanzlos, heißt es in einer Mitteilung, und überhaupt sei die Bank durch die Koop mit der Solaris auch keine richtige Bank, sodass es eigentlich eher um deren Fußabdruck je Kunde gehen müsse. „Das Geld der Kontoinhaber liegt bei der Solarisbank. Diese veröffentlicht jedoch auf ihrer Internetseite weder einen Geschäftsbericht noch aussagekräftige Informationen zur Nachhaltigkeit der Mittelverwendung“, kritisiert Nauhauser die fehlende Transparenz. Doch da es um den Fußabdruck, den Kundinnen und Kunden produzieren, geht und nicht explizit um die damit verbundene Banking-Dienstleistung, müsste eigentlich im Hinblick auf den Umweltschutz irrelevant sein, über wen die Bankdienstleistung abgewickelt wird.
Die Kooperation mit der Solarisbank hatte Tomorrow im vergangenen Jahr schon einmal Ärger gebracht. Allerdings ging es damals um die fehlende ausreichende Darstellung der Kontogebühren. Ähnlich wie zahlreiche weitere Banken verwies Tomorrow zwar auf Geschäftsbedingungen der Partnerbank, was aber möglicherweise vor Gericht nicht ausreichend sein könnte, wie die Verbraucherschützer anprangerten.
Überhaupt ist die Beurteilung von Nachhaltigkeit nach den ESG-Kriterien schwierig, weil viele diesbezüglich angegebene Informationen auf den Selbstauskünften der Beteiligten beruhen. Hierfür müsse eine „klare gesetzliche Regelung für Aussagen zur Klimaschutzwirkung von Produkten und Dienstleitungen“ geschaffen werden, um das Marketinginstrument ESG nachprüfbar zu gestalten. Ein Einwand, mit dem die Verbraucherschützer richtig liegen, der aber ein deutlich größeres Problem aufzeigt: Aktuell haben Verbraucherinnen und Verbraucher noch keine verlässlichen Informationen zur Klimawirkung einer Geldanlage oder eines Zahlungsdienstes aus dritter Quelle zur Verfügung – was angesichts der immensen Tragweite erstaunt, die das Thema inzwischen im Finanzmarketing einnimmt.