Elektroautos schon vor 100 Jahren: Im zweiten Anlauf mit Erfolg?
Trotz staatlicher Förderung und aller Umweltappelle tun sich Elektroautos am Markt weiter schwer. Mit 34.000 zugelassenen Strom-Pkw zum Jahresbeginn liegt der Marktanteil weit unter einem Prozent. Dabei ist die Technik uralt: Komfortable, einfach zu bedienende Elektro-Pkw mit mehr als 100 Kilometern Reichweite gab es schon zur Zeit des Ersten Weltkrieges in großer Zahl – und früher.
1940 gab es einen höheren Marktanteil als 2017
In den USA fuhren um 1900 fast 40 Prozent der Autos elektrisch, wie eine Sonderausstellung bei der weltgrößten Oldtimermesse Techno Classica zeigt, die am Mittwoch in Essen eröffnet wurde. In Deutschland waren 1913 nach Schätzungen des Auto-Historikers Heiner Rössler bereits Hunderte E-Autos zum Beispiel als Postfahrzeuge im Einsatz. Der Marktanteil war damit höher als heute, sagt Ausstellungsorganisator und Auto-Journalist Hermann Ries.
Später verloren die E-Fahrzeuge das Wettrennen gegen die Benziner – vor allem, weil elektrische Anlasser kamen und damit das mühselige Ankurbeln der Verbrenner-Motoren wegfiel. Jetzt haben Elektroautos ihre zweite Chance, zum Massenprodukt oder sogar zum dominierenden Antriebskonzept zu werden. Wird sich die Technik diesmal durchsetzen? „Ganz sicher“, sagt der Duisburger Professor und Automobilfachmann Ferdinand Dudenhöffer, „so wie heute niemand mehr sein Smartphone gegen ein noch so billiges Tastentelefon eintauscht oder sein Haus mit Petroleumlampen ausleuchtet.“
Stromtankstellen fehlten
Bei der Techno Classica ist eine Rekonstruktion eines der ersten funktionsfähigen Elektroautos der Welt mit 0,5 PS aus dem Jahr 1882 zu sehen. Direkt daneben steht mit einem Detroit Electric von 1915 bereits ein Elektro-Serienfahrzeug mit 25 PS und bis zu 135 Kilometern Reichweite. Die Wagen seien damals mit einer Lenkstange einfach zu fahren und sehr beliebt gewesen, sagt Ries. Allein 1930 baute der Hersteller 3.000 der Stromautos. Hauptnachteil – damals wie heute: Es fehlte an Stromtankstellen, vor allem auf dem Land, und das Auto war wegen der aufwendigen Batterien sehr teuer.
„Optimismus ist angesagt.“
Beide Kritikpunkte begleiten die Technik bis heute, aber Dudenhöffer ist sicher, dass beide Probleme jetzt angepackt werden: „Die Autobauer sind dabei, ein Schnellladenetz aufzubauen, und mit dem durchgängigen Netz kommt der durchgängige Tarif“, sagt der Autofachmann. „Optimismus ist angesagt.“
Elektroautos: Reichweite mehr als 350 Kilometer
Auch die Energiekonzerne engagieren sich stärker, seitdem die Bundesregierung den Ladesäulenausbau mit einem 300 Millionen Euro schweren Programm fördert. E-Autos sollen außerdem deutlich günstiger werden: Der neue Opel Ampera-e, der bei der Ausstellung neben den historischen Fahrzeugen als Ausblick in die Zukunft zu sehen ist, soll nach Brancheninformationen zu Preisen unter 40.000 Euro auf den Markt kommen – Reichweite: mehr als 350 Kilometer.
Zudem helfen natürlich der VW-Dieselskandal und die Debatte über Diesel-Fahrverbote in Innenstädten den Befürwortern der E-Autos. Proteste gegen den Dreck von Verbrennungsmotoren sind dabei aber ebenfalls kein neues Phänomen, sagt Ries: Die ersten qualmenden Benzinautos seien von verärgerten Passanten um die Jahrhundertwende bereits mit Steinen beworfen worden. dpa
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