Ausgespielt: Deshalb ist für Mytoys bald Schluss
Erst vergangene Woche verkündete die Otto Group ihre jährlichen Geschäftszahlen und machte deutlich, dass das nächste Geschäftsjahr mindestens so herausfordernd wird wie das vergangene. Dennoch zeigte die Nummer 2 im deutschen E-Commerce auf, dass man mit Innovationen von 3D-Fitting zur Reduzierung der Retourenquote bis hin zu Live-Shopping-Formaten (sogar mit eigenentwickelter Plattform) ganz gut durch den Sturm gekommen ist.
Zumindest für einen Geschäftsbereich trifft das aber offenbar nicht zu – für den Spielwarenhändler Mytoys. Den nämlich will die Otto Group bis spätestens in einem Jahr abgewickelt haben, wie das Unternehmen jetzt bekannt gegeben hat.
Das bereits 1999 gegründete Unternehmen, das einer der ersten großen Onlinehändler im Spielwarensegment war, betreibt bundesweit 19 stationäre Geschäfte und hat ein umfangreiches Onlinegeschäft. Der Umsatz lag mit rund 500 Millionen Euro in einem knapp fünf Milliarden schweren Gesamtmarkt durchaus nicht niedrig – und Mytoys konnte neben Smyths und der Einkaufsgemeinschaft Vedes gut mithalten.
Dennoch hat die Otto Group mit Blick auf das seit Jahren schwierige Geschäft jetzt die Notbremse gezogen. Der Erfolg eines Turnarounds, verbunden mit weiteren hohen Investments und steigendem Kosten- und Marktdruck, sei vor diesem Hintergrund weder seriös planbar noch realistisch, erklärt der E-Commerce-Vorstand der Otto Group Sebastian Klauke. Treffen wird das rund 800 Mitarbeitende, vor allem in den Filialen, aber auch in der Berliner Zentrale.
Wie schlecht waren die Zahlen bei Mytoys wirklich?
Wie schlecht die Zahlen sind, dazu macht die Otto-Gruppe keine näheren Angaben. Die für 2021/2022 berichteten 905 Millionen Euro lagen indes nur 1,2 Prozent über dem Vorjahresniveau, sodass man davon ausgehen kann, dass vor allem Onlineumsätze im jetzt beendeten Geschäftsjahr fehlen.
Hinzu kommt, dass zu dem Geschäftsbereich noch der Shoppingclub Limango gehört, der nicht eingestellt wird und deutlich erfolgreicher gelaufen ist. Legt man das zugrunde, lässt sich erahnen, wie schlecht die Zahlen bei Mytoys zuletzt waren – Expert:innen gehen von rund 500 Millionen Euro Umsatz aus, da auf Limango rund 400 Millionen Euro entfallen dürften – bei zweistelligem Wachstum.
Die Gründe für das jahrelang problematische Geschäft sind vielfältig. In der Corona-Pandemie konnte das Onlinegeschäft und der damit verbundene Boom zwar vieles auffangen, im vergangenen Jahr fielen diese Sonderumsätze dann allerdings weg – das Geschäft brach bekanntermaßen branchenübergreifend etwas ein, für den einen schlimmer, für den anderen weniger gravierend.
Die Handelsverbandszahlen belegen, dass gerade Familien und Haushalte der mittleren Altersgruppen genauer hinschauen und mehr Kaufzurückhaltung zeigen. Und gerade im Segment Spielzeug und Freizeit bedeutet das halt auch, dass viele Kund:innen eher auf Gebrauchtes setzen, was nicht nur im Hinblick auf die kurze Spielzeit vernünftig ist, sondern auch etwas mit dem steigenden Bewusstsein für Nachhaltigkeit zu tun hat.
Marke Mytoys soll erhalten bleiben – mehr oder weniger
Ganz verschwinden soll die über Jahre aufgebaute Marke Mytoys allerdings nicht. Otto will diese für die Otto-Plattform und das dortige Spielwarensegment weiternutzen und erhofft sich hier eine möglichst zufriedenstellende Lösung für das traditionell margenarme Spielwarengeschäft.
Auch wenn der Schritt selbst für viele Handelsexpert:innen überraschend kam, ist allen bewusst, dass gerade der stationäre Spielwarenhandel seit Jahren unter Druck steht und das Geschäft auch für die Ketten von Vedes bis Obletter nicht leichter geworden ist. Und so berichten schon heute verschiedene regionale Zeitungen darüber, dass mit der Mytoys-Filiale das letzte größere stationäre Spielwarengeschäft am Ort schließt.
Es sieht so aus, als würden unsere Kinder dieses magische Erlebnis, ins Spielwarengeschäft zu gehen, nicht mehr überall erleben können. Aber vielleicht schaffen es einige Anbieter, gerade daraus ein umso mehr in Erinnerung bleibendes Kundenerlebnis zu machen.