Hoden aus dem 3D-Drucker: Wissenschaftler wollen künstliches Sperma produzieren
An der University of British Columbia (UBC) aus der gleichnamigen kanadischen Provinz haben Forschende einen Riesenfortschritt auf dem Gebiet der Unfruchtbarkeitsbehandlung gemacht. Es ist ihnen gelungen, lebensgroße Nachbildungen der Hodenkanälchen herzustellen. Dabei handelt es sich um die spermienproduzierenden Strukturen im Hoden. Die Ergebnisse ihrer Forschung haben sie im Februar in der Fachzeitschrift Fertility and Sterility Science veröffentlicht.
Hodenkanäle aus dem 3D-Drucker halten Spermien am Leben
„Unfruchtbarkeit betrifft 15 Prozent aller Paare, und in mindestens der Hälfte dieser Fälle sind männliche Faktoren mitverantwortlich“, erläutert Dr. Ryan Flannigan, Assistenzprofessor für Urologie an der UBC, die Motivation hinter dem Versuch. Die zunächst ungewöhnlich wirkende Entscheidung für den 3D-Druck von Biomaterial ist für Dr. Flannigan vollkommen logisch. So bestünde durch den 3D-Druck „einer sehr spezifischen Struktur, die die menschliche Anatomie nachahmt“, eine größere Chance, die Produktion von Spermien anzuregen.
Als Vorlage für den 3D-Drucker extrahierte Flannigans Team Stammzellen von einem Patienten mit nicht-obstruktiver Azoospermie (NOA), der schwersten Form männlicher Unfruchtbarkeit. Bei dieser Erkrankung sind im Ejakulat keinerlei Spermien vorhanden, da die Hodenkanälchen solche Zellen schlicht nicht produzieren. Eine chirurgische Spermienentnahme bei Kinderwunsch wäre zwar eine Option, doch liegt die Erfolgsquote bei nur etwa 50 Prozent.
3D-Bioprinter druckt Hodenkanäle in Petrischale
Die Stammzellen des Mannes wurden dann kultiviert und in einer Petrischale in 3D gedruckt, um sich zu künstlichen Röhren zu entwickeln, die den menschlichen Hodenkanälen ähneln. Das gelang mit mehr Erfolg als zunächst erwartet. So schafften es die im Labor gezüchteten Röhren, die Zellen 12 Tage lang am Leben zu erhalten.
In diesem Zeitraum reiften die Zellen sogar zu spezialisierten Zellen zur Spermienproduktion heran und wurden dabei stetig geschickter bei der Erhaltung der Spermatogonien-Stammzellen. Laut Forschenden sind das zwei frühe Anzeichen für die Fähigkeit zur Spermienproduktion. Im Ergebnis schätzen die Wissenschaftler ihre 3D-Druck-Strategie als praktikable Option für Paare ein, die sich besonders intensiv um ein eigenes Kind bemühen wollen.
Nächster Schritt: Spermienproduktion
Dr. Flannigan dämpft Erwartungen an eine schnelle Verfügbarkeit seiner Erfindung. Das Verfahren habe noch einen langen Weg vor sich, gar er zu bedenken, aber „wenn wir erfolgreich sind, könnte dies die Tür zu neuen Fruchtbarkeitsbehandlungen für Paare öffnen, die derzeit keine anderen Möglichkeiten haben“.
Der nächste Schritt der Forschenden besteht nun darin, die 3D-gedruckten Zellen darauf zu trainieren, tatsächlich Spermien zu produzieren. Gelingt dies, könnten die künstlichen Röhren schließlich bei der Befruchtung von Eizellen im Rahmen einer In-vitro-Fertilisation helfen.