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Kritik an geplanten Website-Sperren ohne richterliche Zustimmung
Am Dienstag hat das EU-Parlament – von der Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt – eine neue Verordnung über die Zusammenarbeit im Verbraucherschutz abgesegnet, die einigen Sprengstoff enthält. Mit dem Inkrafttreten dieser Verordnung würden staatliche Verbraucherschutzbehörden die Möglichkeit erhalten, Website-Sperren auch ohne die Zustimmung eines Richters zu veranlassen. Die Piraten im EU-Parlament befürchten den Missbrauch der neuen Regelung für Zensurzwecke.

Die EU-Abgeordnete Julia Reda kritisiert die geplanten Website-Sperren ohne Gerichtsbeschluss. (Bild: juliareda.eu)
Laut der EU-Abgeordneten Julia Reda, die für die European Pirates im Parlament sitzt, müssten Internetanbieter dafür im Vorfeld eine Sperrinfrastruktur für Websites schaffen. Das öffne dem Missbrauch, etwa für Zensur, Tür und Tor, meint Reda, die auf entsprechende Vorkommnisse in Katalonien verweist. Dort seien Websites, die sich für die Unabhängigkeit der Region von Spanien einsetzten, innerhalb kürzester Zeit abgeschaltet worden – dank einer entsprechenden schon vorhandenen Infrastruktur.
In der jetzt vom EU-Parlament beschlossenen Regelung seien die ursprünglich von der EU-Kommission vorgeschlagenen Mittel zum Schutz der Verbraucher vor Urheberrechtsverletzungen und betrügerischen Onlineshops verschärft worden, wie Reda kritisiert. Statt eine Löschung der entsprechenden Inhalte auf der Website zu veranlassen oder die Genehmigung der Löschanträge durch einen Richter, seien in der aktuellen Fassung der geplanten Verordnung eben jene kritisierten Website-Sperren ohne Gerichtsbeschluss vorgesehen.
Website-Sperren: Zahlreiche Möglichkeiten des Missbrauchs
Eigentlich soll die Verordnung Behörden die Möglichkeit geben, im Sinne der Verbraucher zum Beispiel gegen Fake-Shops vorzugehen. Die Verbraucherschützer sollen dazu auch Zugriff auf die Personendaten der Website-Eigentümer erhalten und Domains beschlagnahmen können, wie ZDNet.de berichtet. Sollte die Verordnung in der jetzigen Form verabschiedet werden, könnten aber etwa Rechteinhaber ihnen nicht genehme Websites sperren lassen, obwohl solche Sperren nach dem bisherigen Urheberrecht eher verweigert wurden.
Reda kritisiert außerdem, dass in der Verordnung wichtige Verbesserungen für die Stärkung des Verbraucherschutzes fallengelassen worden seien. Dazu gehöre die Entschädigung für Verbraucher in Schadensfällen, die statt verpflichtend jetzt freiwillig durch Hersteller oder Händler erfolgen soll. Außerdem sei die im Ursprungsvorschlag enthaltene Klausel, dass Verbraucherschützer Geldstrafen für die Verletzung der Rechte von Verbrauchern erheben hätten können, gestrichen worden.
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